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V wie Viktor

V wie Viktor

Titel: V wie Viktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Schwarz
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als ich befürchtete ihn verlieren zu müssen, hatte mir deutlich gezeigt, wie tief meine Gefühle schon waren. Es gab kein Zurück mehr.

    Eine Hand rüttelte sanft an meiner Schulter. Ich schrak hoch und blickte in das besorgte Gesicht von Darius. Vor Erschöpfung musste ich kurz eingenickt sein, leicht verwirrt sah ich mich um. Andrew hatte sich aufgesetzt, lehnte neben mir am Sofa, die Augen geschlossen und immer noch sehr blass. Ich versuchte mich aufzurichten, aber der immer noch regungslose Viktor war viel zu schwer für mich. Darius zog ihn an den Armen nach vorne, bückt sich und hievte ihn sich dann mit einem Ruck über die Schulter.
    »Wecken Sie Andrew, wir haben keine Zeit mehr! Schnell!«
    Meine Beine waren taub, beim Aufstehen knickte ich wieder ein. Aber ich biss die Zähne zusammen und quälte mich wieder hoch.
    »Andrew … Steh auf. Bitte.«
    Ich schüttelte ihn leicht. Er schlug die Augen auf.
    »Die Sonne geht bald auf.«
    Sein Blick wanderte kurz durch den Raum und wurde schlagartig klar.
    »Wo ist Vik?«
    Ich erklärte ihm die Lage, er nickte zufrieden.
    »Das war gut Anna. Und jetzt verschwinden wir von hier.«
    Langsam und ächzend richtete er sich auf, schwankte einen kurzen Moment. Nahm dann meine Hand und zog mich zum Fahrstuhl, vor dem Darius schon wartete. Wir fuhren direkt nach unten in die Tiefgarage, wo das Auto unmittelbar vor der Tür stand. Die beiden Männer legten Viktor auf den Rücksitz, schoben mich zu ihm in den Wagen, stiegen dann beide vorne ein und wir rasten los. In die weichen Polster gelehnt, Viktors Kopf auf meinem Schoß, sah ich besorgt aus dem Fenster. Ein ganz schmaler roter Streifen tauchte am Horizont auf.
    Darius erhöhte die Geschwindigkeit, flog mit halsbrecherischem Tempo über die Landstraße. Wie hypnotisiert behielt ich den Himmel im Auge, sah den Streifen Millimeter für Millimeter größer werden. Mein Mund wurde immer trockener, meine Hände waren eiskalt und mein Kopf auf einmal völlig leer.
    Overload.

5.
    Ich weiß nicht, wie lange wir fuhren, aber sehr lange konnte es nicht gewesen sein. Mit einer stuntreifen Vollbremsung brachte Darius die Limousine vor einem kleinen Bauernhaus zum Stehen, stürzte gleichzeitig mit Andrew aus dem Wagen und nahm mir Viktor aus den Armen. Sie schlossen genau in dem Moment die Haustür hinter sich, in dem der Rand der glutroten Scheibe den Horizont überstieg. Wie betäubt blieb ich im Auto sitzen, betrachtet geistesabwesend das Haus. Es war richtig hübsch mit seinen grünen Fensterläden, dem tiefgezogenen Dach und dem wunderbar restaurierten Fachwerk. Die ersten Sonnenstrahlen malten orangefarbene Flammenmuster auf den strahlenweißen Putz und glitzerten wie kleine Feuer in den Fensterscheiben. Es sah alles so normal und friedlich aus, dass es mir unwirklich vorkam. Wie ein Bild auf einer Postkarte, bei dem man automatisch denkt: Zu schön, um wahr zu sein.
    Darius kam wieder aus dem Haus, stellte sich vor die offene Wagentür und sah mich fragend an. Dann griff er in die Hosentasche, zog ein blütenweißes Taschentuch heraus und reichte es mir wortlos. Ich hatte nicht mal bemerkt, dass mir die Tränen über die Wangen liefen. Er streckte mir die Hand entgegen.
    »Ich habe Kaffee aufgesetzt. Oder möchten Sie vielleicht gerne duschen? Die Herren haben sich schlafen gelegt.«
    »Erst den Kaffee«, seufzte ich.
    Ich ergriff seine Hand und stieg aus dem Wagen, folgte ihm ins Haus. Und wieder einmal trog der äußere Schein. Die hübschen grünen Fensterläden waren nur dekorative Attrappen, von innen wurden dicke, massive Rollos sichtbar, die jegliche Sonne draußen ließen. Darius schaltet noch schnell die Alarmanlage ein und lotste mich dann in eine geräumige und gemütliche Wohnküche. Auf dem Tisch standen schon zwei Tassen, Milch, Zucker und eine große Schüssel voll Kekse. Er drückte mich auf einen Stuhl, goss eine Tasse voll mit dem tröstlich vertraut duftenden Gebräu und schob sie mir vor die Nase.
    Dann schenkte er auch sich ein und setzte sich zu mir an den Tisch. Eine Weile schwiegen wir. Ich, immer noch leicht benebelt, er abwartend.
    Nach einigen Schlucken spürte ich, wie ein wenig Wärme in meine Glieder zurückkehrte und lächelte ihn zaghaft an. Er räusperte sich, als wolle er zu einer großen Rede ansetzen.
    »Andrew hat mir aufgetragen, mit Ihnen zu sprechen und Ihnen ein paar Erklärungen zu geben.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Das ist sehr lieb von Ihnen Darius, aber in mein Hirn geht

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