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V wie Viktor

V wie Viktor

Titel: V wie Viktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Schwarz
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allerdings weit weg von sich und starrte es voller Abscheu an. In dem Bogen an der Spitze hing ein kleiner, blutiger Klumpen, der im Licht silbrig glänzte.
    »Das ist es«, sagte er.
    »So. Das war der erste Teil.«
    Der erste Teil? Von was?
    »Was meinst du?«
    »Das Silber ist er los, aber er ist viel zu geschwächt, um sich selbst zu heilen. Also muss ich ihm auch dabei helfen. Keine Angst, das wird jetzt nicht mehr so schlimm.«
    Er lächelte mich aufmunternd an, trotzdem konnte ich die Sorge in seinem Blick sehen. Nachdem er den Silberklumpen in die Küche gebracht hatte, kam er wieder zu uns und kniete sich neben Viktor. Er zog die Lederjacke aus, schob den Ärmel seines Pullovers ein Stück hoch und führte das Handgelenk an den Mund. Vollkommen fasziniert beobachtete ich, wie seine Augen schmerzhaft türkis aufleuchteten, seine Zähne sich um das Doppelte verlängerten und jetzt scharf und spitz aus seinem Mund blitzten. Ein kurzer Biss, ohne einen Hauch von Zögern, und das Lebenselixier fing an zu sprudeln. Er hielt dem immer noch Reglosen die Hand über den Mund, ließ sein Blut darüber laufen. Nach ein paar bangen Sekunden öffnete Viktor ihn endlich und leckte sich über die Lippen. Andrew drückte ihm das Handgelenk genau auf den Mund und er begann zu trinken. Es war in dieser Nacht viel zu viel passiert, als dass mich das hätte noch schocken können. Staunend sah ich, wie wieder etwas Farbe in sein Gesicht stieg und vor allem, wie die Wunde im Bauch sich langsam zu schließen begann. Ein leises Stöhnen holte mich aus meiner Versunkenheit. Ich schaute auf, jetzt war es an Andrew, die Farbe zu verlieren.
    »Oh nein, was ist los?«
    Er schüttelte nur stumm den Kopf, bewegte sich nicht. Viktors Schlucke wurden hörbar größer und der blonde Riese immer blasser.
    »Viktor, hör auf. Das reicht.«
    Ich versuchte sie voneinander zu trennen, doch er ließ nicht los.
    »Viktor!«
    Mein Gott, was soll ich nur tun?
    »Viktor! Hör auf! Du bringst ihn ja um!«
    Schlagartig öffneten sich seine Augen, blaue Halogenschweinwerfer mit einer wilden Gier darin. Er starrte mich an und für einen Moment zuckten schreckliche Bilder durch meinen Kopf. Doch das Glühen erlosch und er ließ von Andrew ab, der völlig entkräftet nach hinten fiel und so liegen blieb.
    »Andrew?«, flüsterte ich zaghaft.
    »Andrew???… Ist alles ok?«
    Keine Antwort.
    Viktor lag schwer in meinen Armen, atmete jetzt zwar ruhig und gleichmäßig, bewegte sich aber nicht. Seine Haut fühlte sich wärmer an. Die Wunde war zwar nur noch halb so groß, schloss sich nicht mehr so schnell, wahrscheinlich hätte er noch mehr Blut gebraucht. Jetzt saß ich hier in einem komplett zerstörten Penthouse mit einem immer noch Verwundeten und dessen kraftlosen und schwachen Lebensretter. Langsam kamen all die unglaublichen, schrecklichen Geschehnisse der letzten Stunde in meinem Kopf an. Ich fühlte, wie ich anfing zu zittern und ein unkontrollierbares Schluchzen aus meinem Innern hochstieg. Wer hatte ihm das angetan? Andrew schien es zu wissen. Und wer immer es war, ein Mensch konnte es nicht sein, diese Verwüstung hätte ein normaler Sterblicher niemals anrichten können. Eine Windböe kam durch das kaputte Fenster, ließ mich frösteln. Was, wenn derjenige wiederkam? Wie spät war es überhaupt? Ich konnte draußen noch kein Zeichen eines Sonnenaufgangs sehen, aber er war sicher nicht mehr weit weg.
    Sonne!
    Es schoss mir eiskalt durch alle Glieder! Wir mussten hier weg! Allerdings hatte ich keine Ahnung, wie ich das anstellen sollte. Wie ich diese beiden großen schweren Männer ohne Hilfe wegbringen sollte? Das war es! Ich brauchte Hilfe. Ich tastete um mich herum nach dem Telefon und hatte Glück, es war nicht weit gefallen. Diesmal war ich nicht so hektisch, sah gleich in der Wahlwiederholung nach. Ja, da war die Nummer. Es klingelte und klingelte.
    Komm schon! Bitte! Geh ran!
    Als ich schon aufgeben wollte, wurde endlich abgehoben.
    »Ja Chef?«
    Seine Stimme klang etwas verschlafen.
    »Darius?«
    »Ja. Wer ist da?«
    »Hier ist Anna. Ich brauche Hilfe!«
    Er hörte kurz zu, war sofort hellwach.
    »Ich komme.«
    Ich lehnte mich zurück und schloss die Augen. Was für ein Irrsinn. Auf was hatte ich mich da nur eingelassen? Innerhalb von zwei Tagen hatte dieser Mann meine ganze Welt auf den Kopf gestellt und mich in eine Situation gebracht, die in eine Carpenter-Verfilmung gepasst hätte. Trotzdem würde ich es nicht ändern wollen. Die Panik,

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