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v204525

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Titel: v204525 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Fellber
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und glitt von seinem Hocker. Ohne sich um die verdutzten Mienen der anderen Angestellten zu kümmern, kam er zu Lucille hinter den Tresen, legte seine Hand unter ihr Kinn und hob ihr Gesicht an, damit sie ihm in die Augen sah. »Es tut mir leid, wenn ich Sie verletzt habe. Das war nicht meine Absicht.«
    »Schon gut.« Wer konnte schon einem Mann wie ihm böse sein? Bestimmt führte er – so wie es schien, gemeinsam mit Jack Caruso – ein großes Unternehmen mit zig Mitarbeitern und jonglierte mit Zahlen, bei denen Lucille schwindelig werden würde. Verständlicherweise musste es ihm lächerlich vorkommen, dass sie sich freiwillig die Hände schmutzig machte. Er hatte das nicht nötig, für die Drecksarbeit hatte ein Geschäftsmann wie er Personal.
    »Haben Sie schon viel von Acapulco de Juárez gesehen?« Richard ließ ihr Kinn los, nicht ohne dabei beiläufig mit dem Handrücken ihre Halsbeuge zu streifen.
    Trotz der Hitze erschauerte Lucille wohlig. Während sie die Nähe zu Richard genoss, dachte sie an all die Pläne, die sie vor dem Abflug geschmiedet hatte. Den Hafen, wo Zuckerrohr, Baumwolle, Tabak und Kaffee verschifft wurden und riesige Kreuzfahrtschiffe anlegten, wollte sie sich ebenso anschauen wie La Quebrada, wo Klippenspringer bis zu 35 Meter in die Tiefe in den Pazifik sprangen. Sie hatte vor, ein Auto zu mieten und eine Tour in die Berge und zu den Buchten im Norden und Osten zu machen, oder sogar einen Kurztrip nach der 300 km entfernten Mexiko-Stadt. Doch genauso wie in Boston hielt sie die Arbeit von all den schönen Dingen ab, und es fehlte auch hier am schnöden Mammon. Sie mochte das Gehabe des Jetsets nicht, aber um seinen Wohlstand beneidete sie ihn doch.
    Lucille lächelte müde und zuckte mit den Schultern. »Ich bin ja erst dreieinhalb Wochen in Mexiko.«
    »Sie hat ein Skorpionstattoo auf dem Bauch«, warf Caruso ein, inzwischen ein wenig mürrisch, da Lucille auf Richard ansprang, ihn jedoch hatte abblitzen lassen.
    »Ist es wie unseres?«
    Caruso schnaubte und sagte: »Ich weiß es nicht, sie will es mir nicht zeigen«, bevor er sich drei Cracker auf einmal in den Mund stopfte und lautstark darauf herumkaute.
    »Darf ich es sehen?« Ohne ihre Antwort abzuwarten, schob Richard mit einer Hand ihre Bluse langsam immer höher, bis ihr Bauch freilag.
    Jeden anderen Mann hätte sie abgewehrt, aber es lag eine solche Sinnlichkeit in dieser Geste, dass sie Richard gewähren ließ.
    Seine Fingerspitze glitt über den Skorpion, der unter ihrem Bauchnabel eintätowiert war; dieser hatte die Fangarme mit den Scheren abwehrend gehoben und den Schwanz mit dem Stachel ebenfalls, sodass sein Körper ihren Nabel halb umschlang.
    »Nicht wie unserer – er ist nicht mit roter Farbe gefüllt, sondern besteht nur aus schwarzen Umrissen –, aber ein Verwandter. Das verbindet uns irgendwie.« Er ließ ihre Bluse los und strich mit dem Zeigefinger immer tiefer über ihren flachen Bauch.
    Ein Kellner, der es mit einem missbilligenden Kopfschütteln quittierte, wie dicht Lucille vor einem Gast stand, blieb demonstrativ neben ihnen stehen. Prompt hakte Richard seinen Zeigefinger in das Bündchen von Lucilles Rock und zog sie daran hinter der Theke hervor – auf die Spaßseite –, damit der Angestellte passieren konnte. Ihr Slip blitzte hervor, was Richard mit einem lasziven Lächeln quittierte. Sichtlich zufrieden, dass ihr Brustkorb auf und ab wogte, ließ er von ihr ab.
    »Sie gehören hier nicht hin, Lucille«, sprach er leise, als wären seine Worte nur für ihre Ohren bestimmt.
    Was meinte er damit? Die Strandbar, den Jetset oder Acapulco allgemein?
    »Sie sind nicht wie die anderen Frauen in diamante. Sie erinnern mich an mich – kommen von ganz unten, sind aber bereit dazu, hart zu arbeiten, um Ihren Kopf eigenhändig aus dem Sumpf zu ziehen.« Gefühlvoll strich er ihr eine Strähne hinter das Ohr. »Aber jetzt haben Sie mich. Lassen Sie uns herausfinden, welche Richtung Ihr Leben nimmt, wenn Sie plötzlich alles haben können.«
    Lucille verstand kein Wort, war aber beeindruckt und neugierig, da in diesem Fremden weitaus mehr Tiefe zu stecken schien als im Gros der Luxusgäste der Bar. Außerdem fand er sie toll. Dieser attraktive Mann fand sie toll!
    Es geschehen noch Wunder, dachte sie innerlich jauchzend und beging ihren ersten Fehler: Nach Feierabend ließ sie sich von Richard verführen.
    2
    Richard war anders als die jungen Männer, mit denen Lucille in Boston ausging. Nach Feierabend – es

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