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schwarzes Hemd, das in der Meeresbrise flatterte, konnte Lucille ein kleines, festes Bäuchlein und seine Brustwarzen sehen – und wandte sich ab. Sie hatte mehr gesehen, als ihr lieb war.
»Einen Sex on the beach , bitte.« Nachdem er die Cocktailkarte weggelegt hatte, haftete sein Blick auf ihr. »Mein Name ist Jack Caruso.«
»Lucille.« Sie zeigte auf ihr Namensschild und maß Wodka, Pfirsichlikör, Cranberry- und Orangensaft ab und gab die Flüssigkeit samt einiger Eiswürfel in einen Shaker. Dieser Kerl machte sie nervös. Noch flirtete er auf eine zurückhaltende Art und Weise mit ihr, aber sie kannte diese Sorte Männer – sie waren begütert und überheblich und verspeisten Kellnerinnen zum Frühstück. Aber nicht mit ihr!
Lucille hielt den Shaker mit beiden Händen und schüttelte die Zutaten. Jack Caruso, dieser Name passte so gar nicht zu seinem Erscheinungsbild, er klang nach einem Disney-Film, nach Robinson Crusoe oder Die Schatzinsel, nach einem Künstlernamen für jemanden, der sich mit der Aura von Abenteuer und Gefahr schmücken wollte.
Sie goss die Flüssigkeit aus dem Shaker hinzu. Dann steckte sie einen dieser neuen Trinkhalme in das Glas, einen sogenannten Sensory Straw, der am oberen Ende anstatt einer großen Trinköffnung vier kleinere Löcher hatte, damit sich die Flüssigkeit gleichmäßig im Mund verteilte.
Nur das Beste für die Gäste, dachte Lucille spöttisch und stellte den Sex on the beach vor Jack Caruso auf einen Untersetzer.
»Danke. Ich mag übrigens Ihr Tattoo«, bemerkte er beiläufig, während er versonnen lächelnd mit dem Strohhalm in seinem Cocktail rührte, ohne sie aus den Augen zu lassen.
Instinktiv legte Lucille eine Hand auf ihren Bauch. Wie hatte er es sehen können?
Als hätte er ihre Gedanken erraten, erklärte er: »Es schaut manchmal heraus, je nachdem, wie Sie sich bewegen. Dann klafft diese hübsche himmelblaue Bluse vorn ein bisschen auf – nicht viel, machen Sie sich keine Sorgen –, sondern gerade so weit, dass die Scheren des Skorpions herauslugen. Es ist doch einer, habe ich recht?«
Zögerlich nickte sie, denn sie gab nicht gern Dinge von sich preis. Eine Ahnung beschlich sie. Caruso hatte absichtlich die harten Barhocker den weichen Liegen vorgezogen – er hatte ein Opfer auserkoren und war nun auf der Pirsch.
»Würden Sie es mir zeigen? Ich habe nämlich auch un escorpión. »
Lucille wollte seine Tätowierung auf keinen Fall sehen. »Lieber nicht, meine Chefin fände das gar nicht gut.«
Um seinem Blick zu entgehen, schaute sie so angestrengt zum Strand hinüber, als würde Gerard Butler, leicht bekleidet wie ein Spartaner, am Ufer entlangspazieren – halb nackt, durchtrainiert und zu allem bereit.
Ihr fiel eine Gruppe von fünf Kindern auf, die miteinander eine Sandburg bauten. Lucille schätzte sie auf fünf bis acht Jahre. Aber sie hörte kein Lachen oder Schreien. Die Hautevolee wurde niemals laut, nicht einmal die Kinder. Lucille fand es traurig, dass bereits die Kleinen das Korsett der High Society trugen. Sah so eine glückliche Kindheit aus?
Was wusste sie schon davon! Man soll nicht mit Steinen werfen, wenn man im Glashaus sitzt, unkte sie in Gedanken und biss sich auf die Unterlippe, bis es wehtat.
»Darf ich Sie denn wenigstens auf einen Drink einladen?« Caruso trank einen Schluck und leckte sich über die Unterlippe.
Plötzlich legte ein Mann den Arm um die Schulter des Weißhaarigen. »Aber Jack«, mit zusammengekniffenen Augen sah er auf ihr Namensschild, »Lucille ist doch keine Animierdame, sondern im wahren Leben, abseits des Acapulco diamante … lassen Sie mich raten.«
»Danke, Richard.« Freundschaftlich knuffte Caruso den Neuankömmling in die Seite. »Durch dich sind meine Chancen gerade auf null geschmolzen. Konnte dein Termin mit unseren Geschäftspartnern nicht etwas länger dauern?«
Obwohl es schon vier Uhr nachmittags war, ging für Lucille erst jetzt die Sonne auf. Was für eine Sahneschnitte!
Das erste Mal war Lucille ernsthaft betrübt darüber, keine von den Schmocks zu sein, wie ihre jüdische Kollegin Judith – die nicht etwa aus der Judenhochburg New York County stammte, sondern, zu Lucilles Überraschung, aus dem »Mekka der Country Music« Nashville – die versnobten Gäste nannte.
Trotz der Hitze trug Richard ein elfenbeinweißes Hemd mit langen Ärmeln. Nur der oberste Knopf stand offen. Im Gegensatz zu Jack Caruso besaß sein Teint eine natürliche Sonnenbräune, die seine
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