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Vaeter und Soehne

Vaeter und Soehne

Titel: Vaeter und Soehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivan Sergejevich Turgenev
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sein?«
    »Ich stehe zu Dienst … aber wovon sprachen wir doch gestern abend?«
    Frau Odinzoff sah Bazaroff ein wenig von unten herauf an.
    »Ich glaube,« sagte sie, »wir sprachen vom Glück. Ich unterhielt Sie von mir. Aber weil ich eben das Wort Glück gebraucht habe, muß ich Ihnen eine Frage vorlegen. Warum, selbst wenn wir z.B. den Genuß einer Musik, eines schönen Abends, einer Unterhaltung mit irgend jemand, der uns sympathisch ist, gehabt haben, warum scheint uns dieser Genuß vielmehr eine Andeutung irgendeines unbekannten Glücks, das sich irgendwo findet, als ein wirkliches Glück, ein Glück, das wir selber genießen? Antworten Sie mir … aber möglicherweise haben Sie ein ähnliches Gefühl noch gar nicht gehabt.«
    »Sie kennen das Sprichwort: ›Uns ist es nur da wohl, wo wir nicht sind‹,« antwortete Bazaroff; »übrigens haben Sie mir gestern selbst gesagt, daß Sie sich unbefriedigt fühlen. Auch ist es sehr wahr, daß mir dergleichen Gedanken nie in den Sinn kommen.«
    »Sie erscheinen Ihnen vielleicht lächerlich?«
    »Das nicht, aber sie sind mir nie in den Kopf gekommen.«
    »Wirklich? ich möchte wohl wissen, an was Sie denken?«
    »Wieso? ich verstehe Sie nicht.«
    »Hören Sie; längst schon wünschte ich, mich mit Ihnen auszusprechen. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, daß Sie kein gewöhnlicher Mensch sind, Sie wissen es sehr gut. In Ihrem Alter hat man noch einen langen Weg vor sich. Auf was bereiten Sie sich vor? welche Zukunft erwartet Sie? auf welches Ziel steuern Sie los? wohin gehen Sie? was haben Sie auf dem Herzen? mit einem Wort, wer sind Sie, und was sind Sie?«
    »Sie setzen mich in Erstaunen, Madame, Sie wissen ja, daß ich mich mit den Naturwissenschaften beschäftige; und was meine Person betrifft …«
    »Ja, wer sind Sie?«
    »Ich habe bereits die Ehre gehabt, Ihnen zu sagen, daß ich ein künftiger Distriktsarzt bin.«
    Frau Odinzoff machte ein Zeichen von Ungeduld.
    »Warum sprechen Sie so mit mir?« sagte sie; »Sie glauben selber nicht an das, was Sie sagen. Arkad hätte mir so antworten können, aber Sie?«
    »Aber worin ist Arkad …«
    »Gehen Sie doch; ist es möglich, daß ein so bescheidener Wirkungskreis Sie befriedigen kann? Gestehen Sie nicht selber, daß Sie nicht an die Medizin glauben? Ein Distriktsarzt? Sie! mit Ihrem Selbstgefühl! Sie antworten mir nur so, um meiner Frage auszuweichen. Ich flöße Ihnen kein Vertrauen ein, doch, Eugen Wassilitsch, darf ich Sie versichern, daß ich Sie zu verstehen vermocht hätte; ich war selber arm und voll Selbstgefühl wie Sie; ich habe vielleicht dieselben Prüfungen durchgemacht wie Sie.«
    »Das alles ist sehr schön, Anna Sergejewna, aber Sie müssen entschuldigen … ich bin nicht gewöhnt, andern mein Herz zu erschließen, und zudem ist zwischen uns beiden eine solche Kluft …«
    »Gehen Sie! wollen Sie mir noch einmal sagen, daß ich eine Aristokratin bin! Ich glaube Ihnen bewiesen zu haben …«
    »Außerdem«, erwiderte Bazaroff, »begreife ich das Vergnügen nicht, welches man darin finden kann, von der Zukunft zu sprechen, die im allgemeinen nicht von uns abhängt. Zeigt sich eine Gelegenheit, etwas zu leisten, um so besser, im andern Falle wird man sich wenigstens sehr glücklich schätzen, sich keinem unnützen Geschwätz hingegeben zu haben.«
    »Sie nennen freundschaftliches Geplauder Geschwätz … Nach allem halten Sie mich vielleicht als Weib Ihres Vertrauens nicht würdig? Sie haben eine geringe Meinung von unserem Geschlecht!«
    »Ich habe keine geringe Meinung von Ihnen, Anna Sergejewna, und Sie wissen das sehr gut.«
    »Nein, ich weiß nichts …; aber gesetzt, es wäre so. Ich begreife, daß Sie nicht von Ihrer Zukunft sprechen wollen; aber das, was heute in Ihnen vorgeht …«
    »Vorgeht?« wiederholte Bazaroff, »bin ich zufällig ein Staat oder eine Gesellschaft! Jedenfalls scheint mir das nicht sehr interessant; und zudem, soll denn jeder von uns laut verkünden, was in ihm ›vorgeht‹?«
    »Ich wüßte in der Tat nicht, warum man nicht alles, was man auf dem Herzen hat, gestehen sollte?«
    »Könnten Sie das?«
    »Ja,« antwortete Frau Odinzoff nach kurzem Besinnen.
    Bazaroff verneigte sich.
    »Sie sind glücklicher als ich,« sagte er.
    Anna Sergejewna sah ihn an, als ob sie eine Erklärung von ihm fordern wollte.
    »Sie haben gut reden,« erwiderte sie, »aber ich fühle mich darum nicht weniger geneigt, zu glauben, daß wir uns nicht umsonst begegnet sind, daß wir gute Freunde

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