Vaeter und Soehne
sonderbare Unterhaltung wir führen, nicht wahr? Ich hätte nie geglaubt, daß ich Ihnen so was sagen könnte! Sie wissen, daß … obgleich ich Sie fürchte, ich großes Vertrauen zu Ihnen habe, weil ich weiß, daß Sie im Grund sehr gut sind.«
»Erstens bin ich ganz und gar nicht gut, und zweitens bin ich Ihnen sehr gleichgültig geworden, und doch sagen Sie mir, daß ich gut sei! … Das ist, als ob Sie einen Blumenkranz aufs Haupt eines Toten setzten.«
»Eugen Wassilitsch, wir sind keine Meister …« erwiderte Frau Odinzoff.
In diesem Augenblick aber bewegte ein Windstoß die Blätter und verwehte ihre Worte.
»Aber Sie sind frei? …« sagte einige Augenblicke darauf Bazaroff.
Das war alles, was man von ihrer Unterhaltung verstehen konnte. Das Geräusch ihrer Tritte verlor sich mehr und mehr, und es war wieder still.
Arkad wandte sich nach Katia um; sie war noch in derselben Stellung, nur den Kopf hatte sie etwas tiefer gesenkt.
»Katharina Sergejewna,« sagte er mit zitternder Stimme und gefalteten Händen, »ich liebe Sie mit Leidenschaft und wie das Leben, und liebe nur Sie allein auf der Welt. Ich wollte es Ihnen gestehen, und im Fall einer günstigen Antwort wollte ich um Ihre Hand bitten … weil ich nicht reich bin und mich zu jedem Opfer fähig fühle … Sie antworten nicht? Sie glauben mir nicht? Sie denken, daß ich das unbesonnen so hinsage? Aber rufen Sie sich diese letzten Tage zurück. Können Sie zweifeln, daß alles, verstehen Sie mich wohl, alles, auch der letzte Rest, spurlos verschwunden ist? Blicken Sie mich an, sagen Sie mir ein einziges Wort … Ich liebe … ich liebe Sie … glauben Sie mir doch!«
Katia warf einen ernsten, klaren Blick auf Arkad und sagte nach langem Besinnen mit unmerklichem Lächeln zu ihm: »Ja.«
Arkad sprang von der Bank.
»Ja! Sie haben ja gesagt, Katharina Sergejewna! was bedeutet dies Wort? heißt es, daß Sie an die Aufrichtigkeit meiner Worte glauben … oder gar … oder gar … ich wag es nicht auszusprechen …«
»Ja!« antwortete Katia, und diesmal verstand er sie.
Er ergriff ihre großen schönen Hände und drückte sie an sein Herz; die Freude drohte ihn zu ersticken. Er taumelte und wiederholte beständig: »Katia! Katia!« Auch sie fing an zu weinen und lachte wieder unter ihren Tränen. Wer diese Tränen in den Augen eines geliebten Weibes nicht gesehen hat, der begreift es nicht, wie selig das von Dank und Leidenschaft trunkene Männerherz sein kann.
Am andern Morgen früh ließ Frau Odinzoff Bazaroff zu sich in ihr Kabinett bitten und überreichte ihm mit gezwungenem Lächeln ein gefaltetes Briefpapier. Es war ein Brief von Arkad, in welchem er um die Hand Katias anhielt.
Bazaroff durchflog denselben und mußte sich bezwingen, ein Gefühl boshafter Schadenfreude zu unterdrücken.
»Herrlich!« sagte er; »gleichwohl behaupteten Sie gestern noch, daß er für Katharina Sergejewna nur die Liebe eines Bruders empfinde? Was denken Sie ihm zu antworten?«
»Was raten Sie mir?« erwiderte Frau Odinzoff, fortwährend lächelnd.
»Ich meine,« erwiderte Bazaroff ebenfalls mit Lachen, obgleich er sich nicht so sehr dazu zwingen mußte wie sie, »ich meine, Sie müssen den beiden Ihren Segen geben. Die Partie ist in jeder Beziehung gut; das Vermögen der Kirsanoffs ist ziemlich bedeutend; Arkad ist der einzige Sohn, und sein Vater ist ein braver Mann, der ihm in keiner Beziehung Schwierigkeiten machen wird.«
Frau Odinzoff ging einigemal im Zimmer auf und ab; sie wurde abwechslungsweise rot und bleich.
»Sie glauben?« nahm sie das Wort, »auch ich sehe keine Hindernisse. Es freut mich für Katia … und für Arkad Nikolajewitsch. Ich werde, wohlverstanden, die Einwilligung seines Vaters abwarten, er selber mag gehen und sie holen. All das beweist aber nur, daß ich gestern abend recht hatte, als ich Ihnen sagte, daß wir alt sind, Sie und ich … Wie ich davon nur nichts merken konnte. Das beschämt mich wahrlich!«
Frau Odinzoff fing aufs neue an zu lachen und kehrte sich gleich darauf ab.
»Die heutige Jugend ist verteufelt schlau,« sagte Bazaroff seinerseits lachend. »Leben Sie wohl!« setzte er nach kurzem Schweigen hinzu. »Ich wünsche, daß Sie die ganze Angelegenheit möglichst erfreulich zu Ende führen, ich werde mich aus der Ferne darüber freuen.«
Frau Odinzoff wandte sich rasch nach ihm um.
»Wollen Sie denn abreisen? Warum wollen Sie jetzt nicht bleiben … Bleiben Sie doch … Ihre Unterhaltung ist so angenehm …
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