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Vaethyr - Die andere Welt

Vaethyr - Die andere Welt

Titel: Vaethyr - Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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ein blutrotes Kristallherz an einem schwarzen Lederband. Sie entdeckten für sich das unerwartet sinnliche Vergnügen, einander Kleider zu kaufen – geschmeidige Seide und Kaschmir und Baumwolle auf der Haut des anderen und dazu das Spiel mit dem Feuer, in den Umkleidekabinen entdeckt zu werden – und später, nach einem ausgedehnten Mahl mit Champagner, wanderten sie Hand in Hand am Kanal entlang, der neu angelegt worden war und jetzt von schicken Bars gesäumt wurde. Spätes Sonnenlicht lag funkelnd auf dem Wasser. Hier kannte sie keiner. Und Rosie, die ihren Arm um Sams schlanke Taille geschlungen hatte, hatte nie so sehr das Gefühl gehabt, dazuzugehören.
    »Das war der schönste Tag meines Lebens«, sagte Sam verzaubert.
    »Und meiner auch«, ergänzte Rosie. Eng umschlungen standen sie da, nicht willens, den Bann zu brechen. »Ob es in Elfland wohl Designerläden gibt? Und wo kriegt man einen Cappuccino? Gibt es da überhaupt so etwas wie ein Wirtschaftssystem?«
    »Nö«, sagte Sam belustigt. »Eigentlich sollst du dein wahres Ich doch auf einem Berg oder in einem heiligen Hain finden. Und stattdessen entdeckst du, dass es hier liegt, in einer schmutzigen alten Stadt in den Midlands, am Ufer eines Kanals. Das perfekte Glück. Absoluter Friede. Wer hätte das gedacht? Ich liebe diese Welt.«
    Spaß und Hotdogs und Wimpelgeflatter – es war alles eine große Maskerade zur Freude der Menschen. Sapphire hatte nicht das Gefühl, dazuzugehören, sie war den ganzen Tag angespannt, als hätte sieLampenfieber. Sobald der Abend anbrach, würde es losgehen: ein Karnevalsumzug, eine traditionelle folkloristische Festlichkeit, die natürliche Fortsetzung der Tagesaktivitäten. Ohne das ganze Drumherum hätte der Tanz der Tiere völlig verrückt gewirkt. Doch eingebettet in diesen Kontext hatte keiner Grund, etwas zu argwöhnen.
    Sie verkleideten sich im Hinterzimmer des Green Man. Es war, als würde man sich für ein Dorftheaterstück kostümieren, nur dass alle sich totenstill verhielten. Comyn und Jon befanden sich in einem anderen Raum. Keiner sprach mit Sapphire. Erst als sie die Hundemaske über ihr Gesicht streifte, wurde ihr bewusst, an welch fremdartigem Ritual sie da teilnahm und wie unwirklich das alles war. Es war eine stilisierte Maske mit starren Augenhöhlen – ein Fetischobjekt.
    Ich bin nicht mehr ich selbst , überlegte sie angesichts ihres animalischen Spiegelbildes. Nicht die kleine Maria Clara Ramos, nicht Marie Claire Barada, nicht Sapphire da Silva oder Mrs Lawrence Wilder. Ich weiß nicht, wer ich bin . Doch sie war ganz ruhig, konzentriert und entschlossen.
    Die Kostüme waren in Grüntönen gehalten und teils mittelalterlich, teils fantastisch. Mit ihren Masken wurden die versammelten Elfenwesen Jäger und Jagdhund in einem. Sie hätte nicht mehr sagen können, wer wer war. Sie waren … eine Meute.
    Nur Comyn war in Rot gekleidet, mit einer scharlachroten Jagdjacke im viktorianischen Stil. Dazu trug er eine schlichte schwarze Straßenräubermaske. Als er Jon hereinführte, erschrak Sapphire. Er kam wie ein Wesen aus einer anderen Welt angetrampelt.
    Jon überragte alle, und die Tierhaut, die ihn bedeckte, stank. Als sie sich ihm näherte und versuchte sein Gesicht zu sehen, sah sie nur die Fratze eines leeren Lächelns. Offenbar hatte er etwas genommen, aber wer sollte ihm das verübeln? Das gehörte sich so für einen Schamanen. An diesem Abend schien es das Richtige zu sein.
    Feuchte Luft umfing sie, als sie in den Abend hinaustraten und sich auf den Weg zum Dorfanger machten. Sapphire spürte das in ihr brennende Feuer der Rache. Ihr ganzes Leben hatte sie auf diesen Moment gewartet: Lawrence’ Ende.Blauviolett senkte sich die Dämmerung herab, als Sam und Rosie nach Cloudcroft zurückfuhren. Das Festival war noch nicht zu Ende. Es war ein schöner Abend und vor dem Green Man standen Menschentrauben bis hinaus auf die Straße. Für sie war der Tag noch nicht zu Ende und sie erklärten die Landstraße zu einer verkehrsfreien Partyzone. Sam musste im Schneckentempo fahren, um niemanden zu gefährden. Am anderen Ende der Dorfwiese herrschte geschäftiges Treiben. Die Leute drängten in diese Richtung und blockierten nun vollends ihren Weg.
    »Toll«, sagte Sam und trommelte auf das Lenkrad. »Ich bin davon ausgegangen, dass sie inzwischen fertig sind. Haben die denn alle kein Zuhause?«
    »Das ist bestimmt der Tanz der Tiere. Doch auch der müsste eigentlich längst vorbei sein.« Rosie

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