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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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Spirale herum angeordnet, aber die Grenzen verschieben und verändern sich. Der Weg jedoch ist ganz leicht zu finden. Kehrt zurück auf den Pfad und wendet euch dann nach links. Er wird euch über den Damm der Seelen führen, der direkt über die Reiche hinweg zum Zentrum führt. Alles, was euch unterwegs begegnet, könnte eine Täuschung sein – aber es wird eine Bedeutung haben und womöglich auch eine Gefahr mit sich bringen. Ob ihr Lucas finden werdet – ich will euch keine falschen Hoffnungen machen.«
    Rosie tauschte einen traurigen Blick mit Sam. »Versuchen müssen wir es.«
    »Ich weiß. Aber ich kann euch auch nicht versprechen, dass ihr sicher seid.«
    »Unsicherheit mag ich«, sagte Sam und verzog dabei den Mund. »Darin bin ich am besten.«
    Ginny erhob sich. »Dann macht euch bereit. Ich habe etwas zu essen für euch eingepackt.«
    »Danke schön«, sagte Rosie. »Drück Faith für mich.«
    »Mum«, sagte Sam, der mit ihr vom Tisch aufgestanden war, »da das Lych-Tor nun wieder offen steht – vorausgesetzt es bleibt so –, wirst du wieder nach Hause kommen?«
    Ihr Zögern beantwortete seine Frage, bevor sie sprach. »Nein, Sam. Ich bin schon zu lange hier. Das ist jetzt mein Zuhause.« Sie wandte sich ab. Sam lenkte sich ab, indem er den Tisch abräumte. Sein Gesicht war ausdruckslos, aber seine Wimpern waren feucht. Taktvoll vermied Rosie jeden Blickkontakt.
    »Noch eine Sache«, sagte Ginny. »Falls ihr Lucas findet – wenn ihr ihn findet –, kommt nicht hierher zurück. Ihr müsst ihn direkt zu den Toren führen. Verlasst den Pfad nicht und schaut nicht zu ihm zurück, bis ihr auf der anderen Seite in Sicherheit seid. Das ist kein Aberglaube: Es heißt, das Seelenwesen sei fragil und der bloße Druck der Aufmerksamkeit könne es so sehr verunsichern, dass es die Flucht ergreift.«
    »Moment mal«, sagte Sam. »Ich habe dich gerade erst wiedergefunden und jetzt sagst du mir, komm nicht wieder zurück? Wann werde ich dich wiedersehen?«
    »Du wirst mich wiedersehen, keine Sorge.« Ginny hielt ihn an den Schultern fest und schaute ihm ernst in die Augen. »Konzentriere dich jetzt auf Lucas. Und denkt dran, nicht zurückblicken. Genau wie in den alten Mythen. Und vergesst nicht: Was ihr auf dem Damm seht, könnte eine Täuschung sein, deren Bedeutung aber dennoch wichtig und deren Gefahr womöglich real ist.«
    Sam und Rosie traten aus dem Haus und wurden vom Morgenlicht empfangen, das weich und klar funkelte, goldene Finger, die das wässrige Blau durchdrangen. Rosie warf einen Blick zurück, als sie den Hang erklommen, aber das Häuschen war bereits hinter Bäumen verschwunden. Das eindeutigste Zeichen jedoch, dass sie sich in der Anderswelt befanden, war das: Es war kein Winter.
    Auf dem Hügelkamm entdeckten sie den silbrigen Wildpfad wieder. Die Angst lag schwer auf Rosies Brust. Und als sie einen Fuß auf den Pfad setzte, spürte sie unter ihren Füßen ein elektrisches Zischen, einen magnetischen Sog. Ihr Kopf richtete sich auf. Kalter, durchdringender Wind erfüllte ihre Lungen.
    Der Weg führte sie eine Weile durch grünes Waldgebiet. Er war so schmal, dass sie nur im Gänsemarsch gehen konnten, und sie ging voraus. Sam hinter ihr erkundigte sich: »Wie geht es dir?«
    »Nicht schlecht«, antwortete sie. »Und dir?«
    »Gut«, sagte er leise. »Ich kann es noch immer nicht glauben, dass ich Ginny wiedergefunden habe.«
    »Hat sie sich verändert?«
    »Nein, eigentlich nicht. Ein wenig heiterer ist sie vielleicht geworden. Was hältst du von ihr?«
    »Ich finde sie wunderbar«, sagte Rosie. »Direkt und aufrichtig. Ohne Theater zu machen. Ich mag das. Sie gab mir das Gefühl, mutiger zu sein, als ich wirklich bin.«
    Er lächelte. »Du bist mutig, Schatz.«
    »Eigentlich sollte ich schreckliche Angst haben, aber ich habe keine, weil ich keine Ahnung habe, was mich erwartet.«
    »Ja, es ist sicherlich besser, nichts zu wissen.«
    »Ich bin froh, dass du bei mir bist«, sagte sie. »Und ich möchte auch keinen anderen dabeihaben.«
    »Und glaub mir, es gäbe keinen Ort, wo ich lieber wäre.«
    Elysium schüttelte seinen traulichen Mantel der Wälder und Obstwiesen ab und öffnete sich einer Landschaft, die aus abgerundeten kahlen Bergen bestand. Der Pfad führte sie hinauf auf die höchste Erhebung, die in ihrer geschwungenen Form an einen Schildkrötenpanzer erinnerte. Weiche Winde pflügten durchs Gras. Hinter ihnen und auf allen Seiten stand dichter Wald. Der Himmel über ihnen war von

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