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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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die Last von Vaeth und diese Verräter überleben, die es vorgezogen haben, auf deren Oberfläche zu leben.«
    Sams Ausdruck verhärtete sich. »Nun, das ist mein Vater, über den du da herziehst. Er hat uns beschützt, und wenn die Aelyr ihm geholfen hätten, dann wäre es ihm womöglich erspart geblieben, derartige Maßnahmen zu ergreifen.«
    Der Sibeylianer lächelte, es war ein schmales, wissendes Lächeln, das Rosie wütend machte und ihr große Angst einjagte. »Lawrence hat nur aus Schwäche gehandelt. Wovor soll er euch beschützt haben?«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht vor einem Angriff von Vogelimitatoren?«
    »Sehr witzig, Samuel. Ihr Vaethyr seid so stolz auf eure Masken und versucht auf so erbärmliche Weise das wiederzuerlangen, was ihr einst hattet. Ihr müsst euch klar darüber werden, dass es beim Betreten der Spirale darum geht, euch der Masken zu entledigen. Bis auf die Knochen.«
    Rosie spürte, wie der Druck von Sams Arm sich verstärkte. Trotz all seiner Kraft war sie sich nur allzu entsetzt bewusst, wie angreifbar sie waren, ganz allein in dieser Höhe, einem Räuber gegenüber, der, da er fliegen konnte, furchtlos war. »Woher weißt du meinen Namen?«, fragte er mit ruhiger Stimme.
    »Das musst du schon selbst herausfinden«, sagte der Sibeylianer, »es sei denn, du bist so ein Tor wie dein Vater. Ja, ein Schatten kam diesen Weg entlang. Doch es bringt nichts, seinen Namen zu rufen, er wird ihn nicht hören. Unser Seelenwesen reist wie ein Pfeil dem Herz entgegen, aber ihr, ihr tapferen Dummköpfe, werdet jeden Schritt zu Fuß gehen müssen.«
    »Und wir verlieren hier Zeit«, sagte Rosie. »Bitte lass uns vorbei.«
    Erschrocken verfolgten sie, wie aus seinen Schultern mit einem lauten Rascheln Flügel sprangen, sein Gesicht wurde zu dem eines Habichts und ähnelte auf unheimliche Weise der Maske, die sie an Lawrence gesehen hatte. Sie glaubte, ihr letztes Stündlein habe geschlagen. Der bleiche Habicht ließ sich seitlich in den Abgrund hinabgleiten und sich dann fallen, bis der Wind ihn wieder auffing und nach oben trug. Als er wieder auf gleicher Höhe mit ihnen war, hörten sie ihn mit gedämpfter Stimme sagen: »Gewaltsam eure Körper von euren Seelen zu trennen, wäre nicht halb so amüsant, wie euch dabei zuzusehen, wie ihr euch bei eurer sinnlosen Suche abmüht.«
    Er ging in Schräglage, kreiste davon und schloss sich den anderen Habichten an, die beim Schlagen ihrer in den Nebel getauchten Flügelspitzen Eiskristalle aufwirbelten. Sie hörte Sam murmeln: »O Mist!«
    »Was?«
    »Ich glaube, das war Lawrence’ Vater Albin. Mein Großvater.«
    »Er war nicht real!«, sagte Rosie verzweifelt.
    »Kam mir aber schon so vor. Egal, lass uns weitergehen.«
    Erst jetzt, nachdem die Gefahr vorbei war, merkte Rosie, wie sehr sie zitterte. Die Kälte brannte in ihren Lungen und ließ ihre Finger starr werden. An Handschuhe hatte sie nicht gedacht. Angesichts dieser Eiseskälte, der sie ausgesetzt waren, und des sich vor ihnen windenden heimtückischen Pfads, der kein Ende nehmen wollte, kam ihr zum ersten Mal der Gedanke, dass sie es womöglich nicht schaffen würden.
    »Möchtest du meine Jacke haben?«, sagte Sam hinter ihr.
    »Nein. Ich bin es gewohnt, zehn Stunden am Stück im Freien zu arbeiten und das bei schlechterem Wetter als diesem.«
    »Rau und zäh und wetterfest.« Seine Zähne klapperten ein wenig. »Das gefällt mir an einer Frau.«
    Das milchige Meer begann sich aufzulösen. Zu ihrer Linken sah sie silberblaue Türme aufblitzen. Eine Stadt in der noch weit entfernten Felsspalte zwischen zwei Bergen. »Sieh doch, Sam!«
    »Ich schaue nicht nach unten, nicht mal für dich.«
    »Nicht nach unten. Rüber. Da drüben.«
    Sie hörte ihn langsam einatmen. »Die alten Türme von irgendwo«, sagte er. »Hier weiß man nie, was real und was Täuschung ist.«
    Momentan berührte der Damm eine andere Bergflanke und wand sich durch einen gewaltigen natürlichen Felsbogen. Als sie darunter hindurchgingen, richtete Rosie ihren Blick nach oben auf seine eindrucksvolle Höhe und den rötlichen Schein. Als sie wieder nach vorn blickte, hatte der Himmel sich rußschwarz bezogen.
    Das Gefühl der Orientierungslosigkeit war inzwischen vertraut. Sie griff nach hinten und tastete nach Sams Hand. Ihre Haut wurde von Hitze überzogen. Binnen Sekunden brannten ihre eisigen Finger. »Naamon«, sagte sie. »Das Reich des Feuers.«
    Doch sie hatte nicht damit gerechnet, dass Naamon so dunkel war. Eine

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