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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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sagte die Rickendame. »Der Tempel ist die Spirale in Miniatur, der Teich ein Tribut an den Spiegelteich, der im allerheiligsten Hain in den Tiefen der Wälder von Asru liegt.« Sie lächelte. »Nein, dies ist der Spiral Court. Willkommen.«
    »Es ist gar keiner hier«, bemerkte Sam und sah sich um. »Wo sind die Richter, die Alten, die auf unser kleines Leben auf der Erde herabsehen?«
    Rosie erstarrte. Es war nur schwer zu erkennen, in welche Höhen der Court hinaufreichte, aber es machte ganz den Eindruck, als gäbe es dort oben gestaffelte Galerien mit regem Treiben. Sie sah Gestalten aufblitzen, deren Spiegelung in dem dunklen Glas kaum zu sehen war, ahnte juwelengeschmückte Roben, glänzendes Haar und feurige, schlangengleiche Augen, die schon alles gesehen hatten … Gleich darauf war das Trugbild verschwunden. Der Tempel seufzte vor Leere.
    »Keiner da«, flüsterte Sam. »Er ist verlassen.«
    Das Mädchen schenkte seiner Bemerkung keine Beachtung. »Alte oder tote oder sterbende Elfenwesen passieren den Court auf ihrem Weg zum Spiegelteich, den sie aufsuchen, um sich zu besinnen und in das reine Wasser einzutauchen und sich Gedanken über ihre Wiedergeburt zu machen …«
    »Ist Lucas dort?«, fragte Rosie mit brechender Stimme. »Kommen wir zu spät?«
    Die schwarzen Augen sahen sie freundlich und ernst an. »Sie gehen nur selten zum Abyssus selbst. Am Ende der Zeiten werden wir alle in die Dunkelheit fallen, aber bis dahin können wir nicht sagen, was dahinterliegt. Aus dem Abyssus gibt es keine Wiederkehr. Doch ich vermag keine Seele daran zu hindern, sich dort hineinzustürzen.«
    »Er ging zum Abyssus? Und das ist … endgültig?«
    »Ich habe schon versucht, ihn vom Rand wegzulocken«, sagte die Rickendame traurig. »Doch er will nicht auf mich hören. Vielleicht hört er auf dich. Er sollte mit euch zurückkehren, denn er ist jetzt der Torhüter.«
    Ein Strudel aus Angst und Erschöpfung verdunkelte ihr Gesichtsfeld. Und doch sah sie eine bleiche Gestalt durch den Tempel schweben, den Habichtmann aus Sibeyla. Sein Haar hob sich weiß von den weichen Federn seines Umhangs ab. Sie hatte das verstörende Empfinden, dass ein Dreieck aus blauen Feuern auf sie zuschwebte.
    »Seit wann?«, rief Sam.
    Der weißhaarige Mann sagte: »Seit dein Vater sich dieser Verantwortung entledigt hat.«
    »Nein – warte – er hat nichts dergleichen getan. Genau das Gegenteil. Er hat seine Macht ausgeübt, um uns zu beschützen.«
    »Sofern die Tore nicht geöffnet sind«, sagte das Mädchen, »ist es elfischen Wesen verwehrt, von Vaeth ins Zentrum zu reisen. Sie irren stattdessen durch die Schattenreiche, bis nichts mehr von ihnen übrig ist. Lebende Elfenwesen verlieren ihre Erinnerungen und ihre Macht. Selbst Menschen leiden. Vaeth selbst leidet. Deshalb hat der Spiral Court Lawrence die Macht genommen und an Lucas weitergereicht. Das ist ihr Urteil.«
    »Und vielleicht sollte der junge Mann selbst entscheiden dürfen«, sagte der Weißhaarige.
    »Albin.« Sam sprach ihn grimmig an, als wäre es ein Zauberspruch, um ihn zu bannen. »Wie kommt es, dass du jünger aussiehst als ich? Du sollst mein Großvater sein. Da stimmt doch was nicht.«
    »Ah, endlich erkennst du mich. Zweifellos hat Lawrence die Erinnerung an mich vergiftet.«
    »Ganz im Gegenteil, er spricht nur selten von dir. Es geht meist nur um Liliana.«
    Damit hatte er ins Schwarze getroffen. Albins Lippen und Augen wurden schmal. »Und ich sage, zum Teufel mit allen Torhütern!« Er blickte nach oben, die Arme ausgestreckt, um sich an die oberen Ränge zu wenden. »Das Versagen von Lawrence und seinem Nachfolger zeigt uns, dass die Großen Tore verriegelt bleiben sollten! Lasst die Vaethyr-Verräter ihr Glück mit dem menschlichen Geschmeiß auf Erden suchen. Lasst die Spirale den Aelyr, die reinen Herzens sind.«
    »Was zum Teufel machst du da?«, fuht Sam ihn an.
    »Ich trage meine Argumente dem Spiral Court vor. Sie werden entscheiden, ob sie euch zum Abyssus gehen lassen.«
    »Was?« Er wandte sich an das Rickenmädchen. »Sag meinem Großvater, er soll sich da raushalten, hörst du? Wessen Seite vertrittst du eigentlich?«
    »Ich bin unparteiisch«, sagte das Mädchen. »Ich beobachte nur.«
    »Gut«, sagte Sam und baute sich vor Albin auf. »Darf ich dir mit allem Respekt den Vorschlag machen, dass du beiseitegehst und uns Lucas sehen lässt, es sei denn, du möchtest, dass dein drittes Auge in Zukunft hinten rausschaut.« Dabei blickte er hinauf zu

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