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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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Handflächen aufraute. »Schien ein Mensch zu sein. Ein Geisterleichnam wie deiner?«
    »Schon möglich«, sagte Sam und wischte sich mit einer Hand rasch übers Gesicht. »Aber für den bin ich absolut nicht verantwortlich, das schwöre ich.«
    »Das glaub ich dir. Alles okay mit dir?«
    »Angeschlagen, voller Blutergüsse und halb erwürgt – es ist wie damals auf der Schule«, sagte er. »Lass uns weitergehen. Das war übrigens unser letztes Wasser.« Sie setzten ihre Reise fort, wobei ihre überanstrengten Gliedmaßen bei jedem Schritt schmerzten. Rosie sagte sich: Die Anderswelt stellt uns auf die Probe .
    Die blendende aprikosenfarbene Sonne warf Luftspiegelungen in die wie ein Spiegel aus flüssigem Gold glänzende Wüste. Rosie bildete sich ein, Malikalas feurige Armee zu sehen, die von den Fluten des unerwartet anschwellenden Flusses Jeleels überspült wurde, wonach die Himmelsboote des Königs von Sibeyla heranschwebten, um die ertrinkenden Soldaten zu retten. Es dauerte nicht lang, da war ihr Mund ausgetrocknet und ihr Kopf schmerzte.
    »Irgendwas habe ich nicht mitbekommen«, sagte sie. »Die Qualität der einzelnen Reiche hat symbolischen Charakter, sie sollen uns stärken und nicht bestrafen.« Sie glaubte die Worte laut ausgesprochen zu haben, merkte dann aber, dass sie nur in ihrem Kopf waren. Wie in Trance wanderten sie in der Hitze weiter. Nach ein paar Stunden war sie jedoch vor Erschöpfung dem Zusammenbruch nah, aber ihre Füße bewegten sich noch immer …
    Eine gewaltsame Veränderung riss beide aus ihrem Trancezustand. Aus dem Nichts setzte plötzlich heftiger Regen ein.
    Ohne es zu merken, hatten sie das Reich des Wassers, Melusiel, betreten. Synchron legten sie ihre Köpfe in den Nacken und tranken den Regen. Durch weiche silbrige Vorhänge sahen sie weit unten im wolkenverhangenen Schimmer Seen und Flüsse, die wie verzweigte Blitze tintenschwarze Sümpfe durchzogen. Der Damm wurde zu grauem Schiefer.
    Der Regen wusch Staub und Blut ab, klatschte ihnen die Haare an die Köpfe und rann über ihre Hälse. Als Rosies Füße auf dem nassen Stein ausrutschten, merkte sie, wie müde sie war. Ihre Beine gehorchten ihr nicht mehr. Wie viele Stunden waren sie gelaufen? Der Wind wurde so heftig, dass ihnen das Atmen schwerfiel.
    »Wir sollten ein paar Minuten rasten«, schlug Sam vor.
    »Ein Stück weiter vorn«, antwortete sie und zeigte nach vorne, wo der Pfad anstieg. »Dort oben sind ein paar Felsen.« Noch während sie sprach, schwoll der Sturm zum Hurrikan an, der ganze Regenwände vor sich hertrieb. Rosie ließ sich auf Hände und Knie fallen. Der Wind trieb sie auf die Kante zu. Hilflos verfolgte sie, wie ihre Beine sich drüberschoben, spürte den Schiefer wie nasses Glas, das keinen Halt bot unter ihren Handflächen … Pures Entsetzen raubte ihr den Atem und sie brachte keinen Laut mehr hervor.
    Sie spürte den festen Griff von Sams Händen um ihre Handgelenke. Mit seiner Hilfe kletterte sie zurück und gemeinsam krochen sie auf dem ausgesetzten Grat in den Schutz einer schrägen Platte, die am Rand des Damms aufragte. Blind vom Regen kauerten sie sich dort aneinander. Rosie konnte nicht mehr denken, sondern empfand nur noch Verzweiflung darüber, dass sie so weit gekommen waren und versagt hatten.
    Mit geschlossenen Augen harrte sie aus. Lange Zeit später spürte sie den festen Druck von Sams Arm um ihre Schultern. Das Unwetter hatte sich beruhigt. Sie blickte hoch und sah einen klaren schwarzen Himmel mit einem perfekten riesigen, weißen Vollmond. Melusiel war in Silber und Schwarz getaucht.
    Als sie sich vor Müdigkeit mühsam erhoben, sahen sie in der Mitte des Damms vor sich eine Ricke stehen.
    Das vom Mond in schneeweißes Licht getauchte Tier beobachtete sie. Rosie schleppte sich die letzten paar Meter weiter und blieb dann stehen, um dem Geschöpf in seine runden, dunklen Augen zu schauen. Dahinter wurde der Damm zu einer richtigen Brücke, deren schlanker Spann in die Dunkelheit führte. Die Ricke bewachte die Schwelle.
    »Bis jetzt hat uns noch in jedem Reich etwas aufzuhalten versucht«, meinte Sam mit rauer Stimme.
    Rosie hatte keine Ahnung, was sie sagen oder tun sollte. Man konnte einen Wächter schließlich nicht einfach beiseitedrängen, und dieses schmale, bleiche Reh sah so zerbrechlich aus … aber wenn sie sich nicht bewegte, würden sie nirgendwohin kommen. Da öffnete die Ricke ihren Mund und sprach mit menschlicher Stimme. »Was sucht ihr?«
    Zögerlich

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