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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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weggehen, behauptet, es würde mein Leben zu sehr belasten, wenn er bliebe …«
    Jess drückte ihr die Hand. »Ich möchte dich das fragen, ohne neugierig zu klingen – war es eine verrückte Affäre oder was Ernstes?«
    Rosie zögerte. »Es war so aufregend, Mum – aber das reicht als Basis womöglich nicht aus.«
    »So was passiert«, erwiderte Jess trocken.
    »Er ist flapsig, bissig, hitzköpfig und er macht mich wahnsinnig. Und ich muss ständig an ihn denken. Jedes Mal, wenn ich ihn im Gefängnis besucht habe, haben wir geredet und geredet. Er hat mich immer aufgezogen, aber ich war schon fast süchtig danach, verstehst du? Auf der Suche nach Luc war er so mutig. Ist mir nicht von der Seite gewichen, hat nicht gewankt. Ich vermisse ihn.«
    »Dann sag es ihm. Die entscheidende Frage ist doch, ob du ihm trauen kannst?«
    »Mein Problem ist, dass ich mir nicht traue«, stöhnte Rosie. Meine Urteilskraft ist dahin. Ich habe mich in allem derb getäuscht. Ich dachte, Jon sei mein Engel und Seelengefährte, aber in Wahrheit war er das genaue Gegenteil. Ich dachte, Alastair sei ein anständiger und zuverlässiger Mensch – wie konnte ich mich diesbezüglich nur so wahnsinnig irren? Er war direkt vor mir, aber ich habe nicht achtgegeben! Ich hatte Faith in eine kleine Schublade gesteckt – wie konnte ich nur so blind sein? Ich hielt Sam für einen gemeinen Sadisten, der nur darauf aus war, mich zu quälen. Wieder falsch. Wie sich herausstellt, geht er für mich bis ans Ende der Anderswelt. Alles, was ich einmal geglaubt habe, erwies sich als falsch. Ich kann meinem eigenen Urteil nicht mehr trauen, Mum. Jetzt weiß ich, was sie gemeint hat.«
    »Wer?« Verwundert beugte Jessica sich vor.
    »Estel, die Rickendame. Sie sagte, mein eigener Geist forme die Klauenwesen, die Dornengeschöpfe. Doch es war nicht meine Angst – es war mein schlechtes Einschätzungsvermögen. Mein mangelnder Glaube an mich selbst. Mir wurde klar, dass sich beim Betreten der Spirale die Vorstellungen verfestigen und dich in Stücke reißen.«
    Ihre Mutter sah sie besorgt an. »Ich hatte keine Ahnung, dass du das so empfunden hast.«
    »Ich gebe niemandem die Schuld dafür, Mum, und ich bitte dich auch nicht darum, das wieder geradezubiegen. Mir war dieses Problem gar nicht bewusst, bis es über mich hereinbrach. Jetzt begreife ich, dass die Grüne Frau versucht hat, mir die Augen zu öffnen, aber ich war eine Schlafwandlerin und bin erst aufgewacht, als es zu spät war.«
    Jessicas Augen wurden schmal. »Ich kenne dich, Rosie. Sowohl mit deinem Herzen als auch mit deinen Instinkten ist alles in Ordnung. Als du mich singen hörtest, war es deine eigene Stimme, die du hörtest. Die Stimme deiner Fulgia , des reinen Instinkts, der dich an die Anderswelt bindet und dir immer den rechten Weg weist.
    Winterliches Dunkel füllte die Fenster, aber die Station lag im grellen Schein der Neonröhren und es herrschte eine tropische Hitze. Lucas saß an Jons Bett und sie sahen einander an. Jons braune Augen umgaben zarte Sorgenfältchen. »Hey, eigentlich solltest du mich besuchen«, sagte Lucas. »Ich bin derjenige, der fast gestorben wäre.«
    »Du bist auf den Beinen. Meine sind eingegipst.«
    »Du simulierst. Nach Meinung der Ärzte müsste ich mich auf eine monatelange Rekonvaleszenz einstellen. Keiner glaubt mir, dass es mir gut geht, aber mir geht es gut. Elfische Konstitution, Jon. Ich wette jede Summe, dass deine gebrochenen Knochen längst verheilt sind.«
    Jon betrachtete seine Hände. Dabei fielen ihm die Haare ins Gesicht. »Wenn du gestorben wärst, hätte ich nicht weiterleben wollen.«
    »Mein Gott, was bist du nur für eine Dramaqueen. Ich lebe. Sam und Rosie haben Erstaunliches geleistet.«
    »Wie war sie denn?« Jons Stimme war heiser. »Die Spirale?«
    Lucas suchte nach Worten, doch das Einzige, was ihm in den Sinn kam, waren schreckliche, quälende Bilder. »Verrückter als jeder Trip. So gewaltig, dass du es gar nicht fassen kannst. Der Abyssus …«
    Jon zog sein verletztes Bein an sich heran und legte seine Arme und seinen Kopf auf sein Knie. »Als Sam und Rosie sagten, sie wollten auf die andere Seite, war ich wie gelähmt vor Angst. Ich traute mich nicht, mitzukommen. Noch nie im Leben war ich dankbarer für einen gebrochenen Knöchel. Ich bin so ein nutzloser Feigling.«
    »Wir hatten doch alle Angst, Jon.«
    »Ich hätte derjenige sein sollen, der dich rettet.«
    »Warum das denn? Du bist doch nicht gerade ein heldenhafter

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