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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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Jetzt erlebte sie es andersherum.
    Heather tauchte neben ihr auf – eine winzige Meerjungfrau. »Noch mal, Mami, noch mal«, sagte sie und strampelte, bis das kristallklare Wasser schäumte. Murmelnd meinte Faith: »Wir sollten rausgehen, Schätzchen.
    Mit wogenden Haaren, die an die blättrigen Auswüchse des Großen Fetzenfisches erinnerten, glitt sie ans Ufer. Dort saß Ginny in einem lavendelfarbenen langen Kleid auf einem flachen Stein und hatte die Arme um ihre aufgestellten Knie geschlungen. In Elysium gab es keinen Schnee, nur Nebel, der das üppige Grün des versteckten Tals weich verklärte. Mühelos kehrte Faith in ihre menschliche Gestalt zurück. Das Wasser perlte ab und ließ sie trocken zurück. »Am liebsten käme ich gar nicht mehr heraus«, sagte sie leise. »Wenn wir schwimmen, vergesse ich alles andere.«
    »Genau darin liegt die Gefahr.« Ginny schüttelte ihr Haar zurück. »Ich habe mich von Elysium so lange verführen lassen, bis ich fast vergaß, wer ich war. Das ist schön, wenn man vergessen will und durch und durch Aelyr werden möchte, aber nicht, wenn einen noch etwas an die Erde bindet.«
    »Schaut mal«, sagte Heather. Gleich darauf tauchte sie erneut ins Wasser ein und wurde wieder zu einem kleinen Wassergeist. Lächelnd setzte Faith sich neben Ginny und ließ sie planschen. »Ich würde die Vergangenheit gern abschütteln. Und neu anfangen.«
    »Die Initiation bedeutet nicht Erleuchtung – sie offenbart nur neue Schichten der Mysterien. Du erlebst deine Wassergeistnatur jetzt als etwas Freudiges, es ist kein schuldbeladenes Geheimnis mehr. Das ist überwältigend und soll es auch sein. Doch ich würde das Erden-Selbst darüber nicht vergessen, Faith. Wenn die Zeit gekommen ist, wirst du froh sein.«
    Anfangs hatte Virginia Wilder ihr mit ihrer stolzen und rauen Schönheit Ehrfurcht eingeflößt. Sie war ein Panther und Faith eine Maus – aber mit jedem Tag legte Faith ein wenig mehr von ihrer Schüchternheit ab. »Erinnerst du dich an meine Mutter? Sie hat bei dir geputzt?«
    »Ja«, antwortete Ginny bedauernd. »Sie hat hart gearbeitet, aber leider hat sie sich so großzügig an unserer Bar bedient, dass ich ihr kündigen musste. Es tut mir leid.«
    »Braucht es nicht.« Faith ließ den Kopf hängen. »Im Dorf wussten alle Bescheid. Die Frage ist nur, warum hat keiner erkannt, dass sie Elfenblut hatte?«
    »Selbst reine Elfenwesen können als Menschen durchgehen«, sagte Ginny. »Und viele Menschen habe etwas Vaethyr-Blut, aber zu wenig, als dass es sich manifestieren könnte. Du und deine Eltern, ihr seid ziemlich ungewöhnlich.«
    »Ich wünschte, es wäre ihnen bewusst gewesen«, sagte Faith. »Stattdessen lebten sie wie die schlimmsten und unglücklichsten Menschen. Und genauso sollen wir nach Matthews Vorstellung leben? Niemals. Ich habe versucht, mich zu arrangieren, aber ich kann es nicht. Es ist falsch.«
    »Hast du noch immer Angst vor ihm?«, wollte Ginny wissen.
    Faith blickte hoch zum Wasserfall. Der Himmel dräute mit Wolken, die bernsteinfarben und violett durchwachsen waren, als hielte die Spirale in Erwartung eines Unwetters den Atem an. »Da bin ich mir nicht sicher. Wenn ich an den Schrecken denke, zerreißt es mich … aber ich bin nicht mehr die alte Faith.«
    Der Schnee musste sich milderer Luft geschlagen geben und zerfiel vor seinem endgültigen Garaus in einem letzten, glorreichen Schauspiel zu fantastischen Gebilden. Am vierten Morgen waren die Straßen endlich wieder passierbar und Sam hatte das nostalgische Gefühl, aus dem Gefängnis entlassen zu werden. Er fuhr auf seinem Motorrad nach Leicester, um Jon zu besuchen.
    Matthew war nach Oakholme zurückgekehrt, nachdem er sich in den letzten paar Tagen auf Stonegate auf dem Wohnzimmersofa erholt und vor dem Fernseher ihren Vorrat an Essen und Getränken verputzt hatte. Anfangs hatte er rund um die Uhr geschlafen, dann hatten er und Sam miteinander geredet, und als sie schließlich so weit waren, einander wieder Bosheiten an den Kopf zu werfen, wusste Sam, dass er sich genug erholt hatte und wieder nach Hause geschickt werden konnte.
    Auf dem matschigen Kiesweg vom Parkplatz zum Krankenhauseingang rief er Rosie an und fragte: »Habt ihr meine Spezialsendung erhalten?«
    »Ja, Matthew ist hier«, sagte sie mit einem Lächeln in der Stimme. »Danke, dass du dich um ihn gekümmert hast. Er redet noch nicht, aber wenigstens ist er wieder da. Wo bist du?«
    »Auf dem Weg zu den Patienten. Ich dachte, du wärst

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