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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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in Elysium niederlegen
Und deinen süßen Tau trinken …
    Jessica sprach die Worte lautlos mit, weil sie ihrer Stimme nicht traute. Sie war von Traurigkeit überwältigt. Gemeinsam mit Phyll hatte sie die Berge in Wales und Schottland durchstreift, Landschaften, die so hoch und luftig waren wie Sibeyla; sie hatten Waldlichtungen und Meereshöhlen erforscht, Quellen und alte Pfade, jeden Ort, von dem sie wussten, dass er über ein kleineres Portal verfügte. Doch sie waren alle tot, zusammen mit den Großen Toren verschlossen und verriegelt. Es gab kein Leck. Was einerseits gut war und bewies, dass das System sie schützte. Aber zu ertragen war es nur schwer.
    Kleinere Grüppchen von Elfenwesen versammelten sich noch immer um Bäume oder Quellen, in denen einst kleinere Portale verborgen waren. Dies geschah so im ganzen Land, auf der ganzen Welt, soweit Jessica wusste, ein Tribut an ihre Abstammung. Sie brachten Blumen, Früchte und Wein als Geschenke für ihre Aelyr-Vettern mit, aber die Aelyr schienen sich ganz zurückgezogen zu haben und unerreichbar zu sein, als wären sie Geister der Unterwelt. Oder wir sind die Geister , überlegte Jessica, unfähig, das Land der Lebenden erreichen zu können.
    Sie hatte Faith mitgebracht, und Faith saß nun schweigsam und mit großen Augen aufgeregt am Rande des Kreises. Das Mädchen war nun seit fast zwei Jahren auf Oakholme. Vielleicht war es verkehrt, ein Menschenwesen zu diesem geheimen Vaethyr-Ritual mitzunehmen. Vielleicht behandele ich sie zu sehr als einen Ersatz für Rosie, seit Rosie weg ist . Doch Faith schien sich ganz natürlich einzufügen und keiner hatte Einwände erhoben.
    Als das Lied zu Ende war, legten sie alle ihre Geschenke in den hohlen Baumstamm und murmelten ein paar Worte für ihre Aelyr-Clans oder verlorenen Verwandten in der Hoffnung, dass diese sie irgendwie durch den Äther hörten.
    »Für meinen Sohn, der während seiner Initiation verschwand«, flüsterte Maeve Tulliver. »Für all jene, die vor uns gingen in der Hoffnung, dass wir ihnen wiederbegegnen werden.«
    »Weißt du«, flüsterte Phyll Jessica ins Ohr, »ich kann gut verstehen, warum ihr euch aus Comyns Anti-Lawrence-Kampagne heraushaltet. Solange die Tore geschlossen sind, sind deine Kinder sicher und du brauchst dir keine Sorgen zu machen, dass sie jemals verschwinden.«
    »Sie können genauso gut in der Oberflächenwelt verschwinden«, erwiderte Jessica scharfzüngig. »Auch auf dieser Seite gibt es vieles, wofür sich zu leben lohnt.« Dabei lächelte sie Faith an, die scheu zurücklächelte.
    Sie meditierten eine Weile. Im Alltagsleben waren sie so gut getarnt, dass man leicht vergessen konnte, dass auch noch etwas anderes in ihnen steckte. Doch bei Elfentreffen wie diesem sah Jess den Schein ihrer vereinten Aura und nahm in Andeutungen ihre ausgeprägten anmutigen Anderswelt-Gestalten wahr, die sich in animalischen Elementarwesen, Geisterschwingen oder flüchtigen Farben manifestierten. Der Glanz färbte sogar auf Faith ab, die ein Teil davon zu werden schien.
    Von weit her drang ein Echo in ihre Gedanken. Es war eine Vibration, wie von einem Rammbock, der tief im Erdinneren gegen Stein schlug. Winterkalte Luft senkte sich auf sie nieder. Der Albinit in Jessicas Hand wurde pechschwarz und ihre Nackenhaare stellten sich auf.
    Der Augenblick verging so schnell, wie er gekommen war. »Was war das?«, fragte Jessica. »Habt ihr das gespürt?«
    Ihre entsetzten Gesichter bestätigten es ihr. »Wenn Lawrence recht hat, dann ist da etwas auf der anderen Seite«, sagte Phyll, »aber verdammt soll ich sein, wenn wir uns davon abschrecken lassen.«
    »Ganz deiner Meinung, aber lasst uns Schluss machen«, sagte Peta Lyon, die Maskenmacherin. »Was haltet ihr davon, wenn wir alle in den Green Man gehen und uns betrinken?«
    »Faith«, sprach Matthew sie aus dem Dunkel heraus an, als sie auf dem Weg in ihr Zimmer war. »Du weißt ja, Mum meint es gut, aber sie sollte dich nicht zu diesen kleinen Hexenzirkeltreffen einladen.«
    »Warum nicht?« Faith blieb stehen. Seine Missbilligung erstaunte sie. Matthew hatte sich in der Zeit, die sie nun auf Oakholme weilte, von anfänglich kompletter Ignoranz inzwischen dahingehend entwickelt, dass er ihr aufmerksam begegnete, sich gesprächig zeigte und ganz allgemein höflich mit ihr umging. Fast hätte sie ihn als Freund bezeichnet, wäre da nicht sein einschüchterndes Auftreten gewesen. »Außerdem ist es kein Hexenzirkel. Nur äh …«
    Er trat

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