Vaethyr: Die andere Welt
sie doch nicht als menschliche Sklavin heiraten!« Je breiter Matthews Grinsen wurde, umso wütender wurde sie. »Es ist Faith, Matt. Tu ihr das nicht an.«
Mit schräg gehaltenem Kopf näherte er sich ihr. »Und was wirst du ihr sagen? ›O Faith, heirate bloß nicht den Mann, den du liebst.‹ Was soll sie darauf antworten? Sie wird sich fragen, warum du versuchst, ihr Glück zu untergraben. Sie wird dich womöglich für eifersüchtig halten.«
Rosie stieß scharf die Luft aus. »Ich warne dich, wenn du sie nicht anständig behandelst –«
»Habe ich da etwa den richtigen Nerv getroffen?«, sagte Matthew mit hochgezogener Augenbraue. »Wie ich dir früher schon sagte, solange du benebelten Elfenidioten wie Jon hinterherjagst, kannst du nur unglücklich werden.«
»Was hast du gegen Elfenwesen? Wir sind Elfenwesen!«
Sein Blick wurde ernst. »Einigen wir uns darauf, dass einige von uns – nicht alle – in die Feenwelt abgetaucht sind. Aber möchte ich eine Partnerin, die sich ständig mit der Anderswelt beschäftigt, ihre Gestalt verändert und Affären mit Leuten wie Lawrence Wilder hat oder vielleicht sogar ganz verschwindet? Willst du das? Nein. Ich möchte eine umgängliche Frau, die durch und durch Mensch ist und nur an mich und unsere Kinder denkt.«
»Wenn du so argumentierst, hört es sich fast vernünftig an«, sagte sie widerwillig. »Vielleicht bringst du sie ja auch noch dazu, dass sie diese kleinen Kopftücher im Amish-Stil trägt.«
»Halt den Mund«, sagte er. »Ich möchte auch dich glücklich sehen, Rosie. Mit jemandem, der aufrichtig, unkompliziert und zuverlässig ist.«
Sie folgte seinem zielgerichteten Blick und sah Alastair mit einem Kaffeetablett zurückkehren, ein Lächeln in seinem fröhlichen Gesicht, das immer breiter wurde. Er sah so mustergültig, verlässlich und behaglich aus wie ein Kissen. All das, was ihr laut Matthews Vorschlag guttäte. Alles, was er vielleicht in Faith gefunden hatte.
»Rosie«, sagte Alastair, »da hat ein neues Currylokal aufgemacht. Du hättest nicht zufällig Lust, das mal auszuprobieren?«
Rosie schreckte mitten in der Nacht aus dem Schlaf. Sie lag in Alastairs Bett, wie sie ein wenig bestürzt feststellte. Die Laken lagen wächsern-kalt auf ihrem Leib. Der schlafende Hügel, den Alastair abgab, holte die Erinnerungen zurück …
Es war … wirklich schön gewesen. Ein wenig unbeholfen und peinlich, wie das eben war, wenn man mit dem besten Freund seines Bruders schlief … kein Feuerwerk, aber stürmischer Leidenschaft wäre sie auch nicht gewachsen gewesen … nichts Weltbewegendes, aber keinesfalls fürchterlich. Nach ein paar Gläsern Wein schien es eine gute Idee gewesen zu sein. Kräftig und sympathisch konnte nur besser sein als unterernährt und neurotisch. Wenigstens begehrte er sie.
Ihr fiel das von Wein umnebelte Gespräch wieder ein, das sie im Restaurant geführt hatten. Er war ein angenehmer Begleiter, gut gelaunt, mit einem Anflug von Schwermut. Ein wenig bieder zwar, aber das war in Ordnung so, sie brauchte sich jedenfalls nicht anzustrengen, um ihn zu beeindrucken. Sie mochte diesen weichen schottischen Akzent und seinen selbstironischen Humor. Als sie ihn darauf ansprach, kam er auf den wunden Punkt zu sprechen, den seine Exfreundin hinterlassen hatte, indem sie sein Selbstwertgefühl zu Brei gestampft hatte. Seine Verletzlichkeit, die sich dunkel in seinen Augen spiegelte, hatte ihr Mitgefühl geweckt, was schließlich auch den Ausschlag dafür gab, dass der Abend im Bett endete.
Beim Liebesspiel hatte sie sich dabei ertappt, wie sie Fantasien nachhing. Ihre Gedanken waren zu Jon abgeschweift, konnten dort aber nicht verweilen, weil die Wunde noch zu frisch war. Sie hatte sich immer zu dünnen Männern hingezogen gefühlt, aber jetzt war es an der Zeit, das hinter sich zu lassen, sagte sie sich, und stattdessen zu lernen, die Anziehungskraft eines großen, festen Rugbyspielerkörpers zu schätzen.
Jetzt fragte sie sich: O Gott, war das wirklich so eine gute Idee? Sie sah sich Mel beim Essen gegenübersitzen und sie fragen: Lebkuchenmännchen oder gekochte Nudel? Sie konnte nicht anders und schüttelte sich vor Lachen. Alastair wurde wach und drehte sich zu ihr um. Als er sah, dass sie wach war und lächelte, lächelte er zurück. »Du und ich, he?«, sagte er lässig. »Irgendwie hat es uns zusammengetrieben. Darauf hatte ich immer gehofft.«
Er war nicht schlecht. Er war nett. Er stellte keine Gefahr dar. Es konnte nur
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