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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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– neidisch auf mich ? Worauf? Du ziehst doch die Männer magnetisch an!«
    »Es geht nicht um Männer.« Mel schaute zu Boden. »Es hatte viel mehr mit dieser sagenumwobenen Tradition zu tun, der ihr anhängt. Ich wollte es nie glauben, aber ich habe gesehen, dass es für dich Wirklichkeit war. Und ich fühlte mich ausgeschlossen. Und dieser selbstsüchtige Teil von mir glaubte, ich könnte mir ein Stück davon stehlen, indem ich mir Jon nehme.«
    »Und hat es funktioniert?«
    Mel sah ihr in die Augen. »Nein. Es war nur schlechter Sex.«
    »Jon ist kein Experiment, keine Tür, durch die du nur durchgehen musst, um eine Bewusstseinserweiterung zu erfahren.« Rosie seufzte. »Er ist eine Person. Vielleicht war das der Fehler, den ich gemacht habe, ich habe einen Halbgott in ihm gesehen.«
    »Mir ist klar, dass das, was ich getan habe, grausam und gedankenlos war«, sagte Mel. »Wenn du mir nicht verzeihen kannst, werfe ich dir das nicht vor, aber ich wünschte, ich könnte es ungeschehen machen. Bitte, lass das nicht das Ende unserer Freundschaft sein.«
    Rosie spürte, wie die rauen Kanten ihres Schmerzes weich wurden. Sie konnte ihr nicht hier und jetzt verzeihen, aber irgendwann konnte sie es, das wusste sie. »Ich bin nicht wütend auf dich, Mel. Eher … enttäuscht . Alles, was du über Jon sagtest, stimmt, aber ich wollte es nicht glauben. Und wenn ich meinem eigenen Urteil schon nicht trauen kann, was soll ich dann glauben? Ich brauchte jemanden, der mir die Wahrheit um die Ohren schlägt, und das hast du getan. Danke.« Sie lächelte Mel schief an, die erleichtert grinste. »Männer kommen und gehen, aber Freundinnen bleiben für immer.«
    »Das lass ich mir um meinen Nabel tätowieren«, meinte Mel.
    Danach war Rosies Wut auf Mel und Jon verraucht. Ohne jemandem dafür die Schuld zu geben, fühlte sie sich allerdings, als hätte ihr jemand mit der Abbruchbirne das Herz herausgeschlagen.
    Am nächsten Tag machte sie Einkäufe im Zentrum von Ashvale und hing dabei ihren Gedanken nach, als eine Gestalt im dunklen Überzieher auf sie zukam. Erschrocken schaute sie in das blasse, scharf geschnittene Gesicht von Lawrence Wilder. »Könnte ich Sie mal kurz sprechen, Rosie?«
    Sie konnte sich nicht erinnern, dass er sie jemals direkt angesprochen hatte. Sein Ton war freundlich, duldete aber keine Verweigerung. »Natürlich«, sagte sie argwöhnisch.
    »Wie ich höre, haben Sie Sam besucht.«
    Wie ein Kind vor dem obersten Gericht brachte sie dummerweise kein Wort heraus. Hatte sie mit diesem Besuch womöglich einen schlimmen Fehler begangen? Hatte sie sich unrechtmäßig in die private Familienschande eingemischt? »Ja, das habe ich.«
    »Sie wissen hoffentlich, dass der einzige Grund, weshalb ich nicht selbst dorthin ging, der ist, dass Sam sich weigert mich zu sehen. Und es beschämt mich, dass Jon Sie um diesen Gefallen gebeten hat. Er kann sich einer Ermahnung sicher sein.«
    »Nein, tun Sie das nicht«, sagte sie entsetzt. »Er ist wirklich schon durcheinander genug. Was passiert ist, tut mir sehr leid, Mr Wilder, aber bitte machen Sie niemandem einen Vorwurf. Es hat mir nichts ausgemacht, hinzufahren. Sie machen eine schwere Zeit durch. Wenn ich in irgendeiner Weise helfen kann …«
    Ihre Worte lösten sich auf wie Gischt an einem hohen kalten Felsen. »Wie geht es Sam?«, fragte er.
    Sie erzählte es ihm. Während sie sprach, wurde ihr klar, dass Lawrence hinter seinem reservierten Auftreten seine große Verzweiflung verbarg. Vermutlich lag es nicht in seiner Natur, den Bittsteller zu spielen, und es kostete ihn viel Überwindung, die folgenden Worte auszusprechen. »Ich muss Sie um einen sehr großen Gefallen bitten, Rosie. Sollte Sam sich weiterhin weigern mich zu sehen, wären Sie so freundlich, ihn an meiner statt zu besuchen? Er sagt, außer Ihnen möchte er niemanden sehen.«
    Ein düsterer Schauder erfasste sie. »Wenn er allerdings erfährt, dass Sie mich geschickt haben, wird er auch meine Besuche ablehnen.«
    »Dann sagen Sie es ihm nicht.«
    »Aber dann würde ich ihm etwas vormachen.«
    »Ich werde Sie um nichts bitten, was Sie nicht mit Ihrem Gewissen vereinbaren können.« Dabei wandte er sich leicht von ihr ab, während gleichzeitig seine kalten grauen Augen unter den dunklen Brauen auf ihr ruhten. Der Schauder wurde von eiskaltem, durchdringendem Grauen abgelöst. Aber sie traf ihre Entscheidung nicht aus Angst vor Lawrence, sondern wegen seines deutlich spürbaren Schmerzes.
    »In Ordnung,

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