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Valadas versinkende Gaerten

Valadas versinkende Gaerten

Titel: Valadas versinkende Gaerten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Waldtraut Lewin
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mich erkundeten, sagte sie: »Mir liegt nichts daran, Blut zu sehen. Tölpelhafte Männer legen es darauf an, die Ersten zu sein. Ich will nur beweisen, dass ich es . . . besser kann.«
    Bald dann, zum ersten Mal, konnte ich an den Wettstreiten in der Dichtkunst teilnehmen, die sie in ihrem Haus veranstaltete. Manchmal gab sie ein Thema vor. Oder sie dichtete eine erste Zeile, und ihre Schülerinnen und Schüler mussten sie mit einem anderen Reim ergänzen. Nie vergesse ich meinen ersten Triumph.
    Ein Windhauch strich über das Wasser eines Teichs in ihrem Park hinter dem Haus, wo wir damals versammelt waren, und kräuselte es, und Valada begann:
    »In einen Schuppenpanzer verwandelt der Wind das Nass . . .«
    Alle zögerten, aber ich, dreist und frisch, improvisierte:
    »Zu Eis erstarrt, was für ein Schutzschild wäre das!«
    Und Valada lachte und küsste mich.   –
    Ich schrecke auf aus meinen Träumen.
    Da sind sie, die Schritte der Bärtigen, der Berber, ihreStimmen, der Lärm ihrer Knüppel und Äxte. Kaum drei Straßen entfernt. Die in unserer Stadt so gefürchteten Okkupanten, die unsere Herrscher einst selbst ins Land gerufen haben als Söldner von Afrika, jene »Gotteskrieger«, die uns nun knechten . . .
    Sie nähern sich der gleichen Kreuzung, auf die ich zustrebe. Ich bleibe stehen, und die Angst schießt mir wie ein Blitz durch den Körper.
    Vor Jahren belagerten sie die Stadt, eroberten, zerstörten ganze Straßenzüge, entehrten die Frauen, folterten die Männer zu Tode. Seitdem müssen sich die Herrscher hier, gleich, wer an der Macht ist, ihre Regentschaft mit den Eindringlingen von jenseits des Meeres teilen.
    Ich öffne mit zitternden Fingern die Tür meiner Blendlaterne, lösche das Licht und drücke mich in eine Wandnische. Möchte am liebsten ins Mauseloch kriechen. Fühle das raue Mauerwerk an meinem Rücken. Wenn sie mich finden . . .
    Mir ist, als wären sie schon da. Die Augenlider fest zusammengepresst, stelle ich mir vor, was geschieht.
    Nein, sie fackeln nicht lange, wenn sie eine einsame Frau in der Nacht entdecken. Sie kreisen sie ein. Sie zerren ihr den Schleier herunter. Dann beginnen sie, ihr zur Strafe für ihr gottloses Umherstreunen das Gesicht zu zerschlagen und das Haar auszureißen. (Ich habe solche Opfer gesehen, grün und blau, aufgequollen, blutig, kein Auge mehr zu sehen. Der Schädel nur noch von ein paar Haarsträhnen bedeckt zwischen den Wunden.) Wenn sie fertig sind mit ihrer Arbeit, tun sie mit den Frauen das, was diese ihrer Meinung nach verdienen. Und wenn sich alle an ihr vergangen haben, lassen sie die Geschändete im Straßendreck liegen wie ein Bündel Lumpen.
    Allah, der du hoffentlich nicht der Gott dieser Verbrecher bist, verleih mir Stärke.
    Sie kommen näher. Verharren an der Kreuzung und   – nehmen die andere Richtung.
    Ich drücke die Knie durch, damit sie nicht nachgeben und ich an dieser Mauer herunterrutsche. Meine nutzlose Laterne fällt mir aus den Fingern, scheppert auf dem Pflaster. Gebe der Himmel, dass die Männer der Streife nichts gehört haben. Doch so laut, wie sie sind   – da geht ihnen zum Glück das Hinhören auf irgendein anderes Geräusch ab.
    Und nun laufe ich. Laufe wie ein gehetztes Wild durch das Gewirr von Cordobas Gassen, stolpernd, nur der Mond scheint mir. Renne vorbei an Ruinen, an zerstörten Gebäuden, die in all den Jahren niemand hat wieder aufbauen wollen oder können, durchquere brachliegende Gärten, einst die Zierde ihrer Paläste, um meinen Weg abzukürzen, klettere über eine bröcklige Mauer, bleibe an irgendetwas hängen, zerreiße mir den Mantel.
    Dann: der Platz. Und aus dem Haus   – Mittelpunkt von Liebe, Leben, Poesie   – quellen verheißungsvolle Lichtbüschel hervor. Da ist die Musik, da ist das Lachen und Händeklatschen.
    Gelobt sei Allah, der Allbarmherzige, der niemals schläft.
    Ich trommele das vereinbarte Signal ans Holz der Tür.
    Man tut mir auf.
    KASMUNA.
    Schon wieder! Sie kommen.
    Und ich stehe vor dem Spiegel und schmücke mich ganz umsonst und denke an das Haus, in dem ich nicht sein darf, jetzt, in dieser Nacht. Das Haus, das überströmt ist von Funkeln und Gleißen wie eine Brunnenschale von Wasser. Das Haus, das wie mit Ketten am Himmelsgewölbe befestigt scheint. Unzerstörbar, unterm Schutz des Allmächtigen. Das Haus der Freude und der Gnade.
    Hier, wo ich jetzt vorm Spiegel stehe, in unserem Palast gegenüber der Synagoge, sind alle Fensterläden vorgelegt undalle Türen

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