Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Valentina 3 - Geheimnisvolle Verführung: Roman (German Edition)

Valentina 3 - Geheimnisvolle Verführung: Roman (German Edition)

Titel: Valentina 3 - Geheimnisvolle Verführung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evie Blake
Vom Netzwerk:
leben.
    »Okay«, sagt sie. »Ich komme.«

Tina
1984
    Das Model sieht ein bisschen aus wie eine jüngere Ausgabe ihrer selbst. Sie ist ein exaktes Abbild des Stummfilmstars Louise Brooks. Anders als die Schauspielerin ist das Mädchen allerdings nicht Amerikanerin, sondern Deutsche. Sie heißt Lottie und ist einer der Stars bei Tinas Berliner Modeshooting, das von der sorglosen Atmosphäre der Weimarer Republik im Deutschland der Zwanzigerjahre inspiriert ist. Vor Hitler und den Nazis hatte Deutschland durchaus lockere Zeiten erlebt, sie waren von Promiskuität, Kreativität und Liberalität bestimmt. Das scheint Tina die perfekte Kulisse für die neuen Kleider von Zandra Rhodes zu sein, die ebenfalls von dieser Ära beeinflusst sind.
    Es war schwierig gewesen, die richtige Location zu finden. Die Bomben der Alliierten haben einen Großteil der Gebäude aus der Vorkriegszeit zerstört. Tina hätte in einem Mailänder Studio die Einrichtung eines Berliner Kabaretts nachbauen lassen und ihre Fotos dort machen können, aber sie bemüht sich um Authentizität. Sie hat gern die Kontrolle über ihre Aufnahmen. Deshalb wählt sie, wenn möglich, selbst das Setting aus und arbeitet mit ihrer persönlichen Stylistin Octavia. Tina entscheidet, welche Models teilnehmen und was sie tragen. Lottie hat ihr sofort gefallen, ihre Gesichtszüge scheinen einer anderen Zeit zu entstammen.
    Für die Aufnahmen in Berlin hat Tina zwei Hauptorte ausgewählt, einen innen und einen außen. Bei dem ersten handelt es sich um ein großes Kaffeehaus im Wiener Stil. Hier trägt die dunkelhaarige Lottie einen langen Mantel im Militärstil und dazu eine Schirmmütze. Frieda, eine blonde Marlene-Dietrich-Kopie, ist in einen schwarzweißgestreiften Anzug gekleidet. Als zweite Kulisse hat Tina sich für die Fassade des Reichstags entschieden, eines der letzten Symbole des prächtigen alten Berlins, das jedoch von der Mauer gebrochen wird. Die Mädchen wirken in ihren leichten Paillettenkleidern von Zandra Rhodes wie Geister der Goldenen Zwanziger. Sie zeigen die damals neue Freizügigkeit in der Damenmode und verkörpern die ganze Dekadenz des Westens, die im Gegensatz zu der Unmenschlichkeit der Mauer und dem Sowjetregime steht.
    Immer mehr beschäftigt Tina die Teilung der Stadt. Die wenigen Westdeutschen, mit denen sie über die Berliner Mauer gesprochen hat, scheinen allerdings nur ungern darüber zu reden. Anscheinend haben sie sich irgendwie damit abgefunden. Oder vielleicht wollen sie auch nur nicht ihre wahren Gefühle zeigen.
    »Bist du schon einmal in Ostberlin gewesen?«, fragt sie Frieda.
    Das Model schüttelt den Kopf und sieht sie aus ihren kühlen grünen Augen an.
    »Was soll ich da?«, fragt sie zitternd. »Diese Grenzposten sind mir nicht geheuer. Die glotzen immer so.«
    Tina kann jetzt zwei von ihnen sehen. Sie blicken von einem Wachturm zu ihnen hinunter. Und sie glotzen. Weil sie sich nach all den schönen Dingen im Westen sehnen oder weil sie sie verachten? Ihr Vater hatte Tina erklärt, dass sie jeden erschießen, der versucht, über die Mauer zu entkommen. Die Geschichte von seinem Freund Alfredo bestätigte das. Es ist schwer zu glauben, dass so etwas direkt in der Nachbarschaft, in einer scheinbar zivilisierten modernen Stadt, möglich ist.
    Tina wünschte, sie hätte Mattia mitgenommen. Ihr Sohn wäre fasziniert von Berlin. Er würde die Grenzposten beobachten und am Checkpoint Charlie die amerikanischen Soldaten ansehen wollen. Als Mattia noch sehr klein war, hatte Tina ihn zu etlichen Modeshootings mitgenommen, aber seit ein paar Jahren blieb er zu Hause bei Phil, wenn Tina wegmusste. Er wird jetzt so schnell erwachsen.
    Wenn Tina ehrlich ist, bereut sie es, dass sie Mattia auf ein Internat geschickt hat. Sie vermisst ihn. Es war, als wäre ihr Sohn, kaum dass er den zu groß wirkenden Schulblazer übergezogen hat, nicht mehr ihr kleiner Junge. Sie spürt bereits die Ablösung. Sie wollte ihn umarmen und ihm sagen, wie schick er aussah, doch er hatte sich von ihr losgemacht. Das tat weh, und sie fragt sich nicht zum ersten Mal, warum Phil und sie nicht mehr Kinder bekommen hatten. Es ist Tinas Entscheidung gewesen, und doch vermisst sie es, ein Kind zu haben, für das sie der Mittelpunkt des Lebens ist.
    Sie erinnert sich an die gemeinsamen Sommer auf Sardinien. Hand in Hand hatten Mattia und Tina nach Muscheln gesucht, er mit seinem kleinen Kescher in der Hand und sie mit einem Eimer. Sie hatten Stunden am Strand

Weitere Kostenlose Bücher