Valentina 3 - Geheimnisvolle Verführung: Roman (German Edition)
wie geht’s dir?«, fragt Marco mit angenehm warmer Stimme.
»Ganz gut.«
»Das klingt nicht sehr überzeugend«, stellt Marco fest. »Wie war dein Trip nach Capri?«
»Anstrengend.« Sie schluckt. Soll sie ihm gestehen, wie kurz sie davor gewesen war, von der Klippe zu springen?
»Ich habe dir ja gesagt, dass du nicht fahren sollst«, antwortet Marco sanft.
»Wie ist es in New York?«, fragt Valentina und wechselt schnell das Thema.
Immer wieder versuchen ihre Freunde, mit Valentina über Thomas zu sprechen, aber sie weigert sich hartnäckig. Nur Leonardo hat sie vollkommen aufgelöst erlebt. Valentina möchte kein Sorgenfall werden, keine Belastung, der Menschen aus dem Weg gehen.
»Nun, deshalb rufe ich an«, sagt Marco aufgeregt. »Was hälst du von einem Auftrag hier in New York?«
New York. Thomas’ Heimatstadt. Bei der Vorstellung schnürt sich Valentinas Brust zusammen.
»Bist du noch dran, Valentina?«
»Ja«, krächzt sie. »Was für ein Auftrag?«
»Ich mache eine fabelhafte Story für Harper’s Bazaar , und ich habe sie gefragt, ob ich meine eigene Fotografin mitbringen darf – die einzigartige Valentina Rosselli. Die Art-Direktorin war von der Idee begeistert. Sie hat gemeint, dass sie die Flugkosten übernehmen und dir ein hübsches Honorar zahlen. Was sagst du nun, Schätzchen? Du kannst für das Shooting rüberkommen, und wenn es dir gefällt, kannst du womöglich weitere Aufträge an Land ziehen und eine Weile bleiben.«
»Bist du sicher, dass die mich und nicht meine Mutter meinen?«
»Natürlich. Die wollen dich , Valentina! Deine Mutter arbeitet doch gar nicht mehr als Fotografin. Ich habe denen ein paar von deinen letzten Arbeiten gezeigt. Die Art-Direktorin Taylor meinte wortwörtlich: Sie gehört zu den Besten!«
Valentina empfindet unwillkürlich einen Anflug von Freude über das Kompliment.
»Und?«, fragt Marco. »Kommst du? Du kannst bei Jake und mir wohnen. Wir haben genug Platz.«
Valentina schaut sich in ihrer Wohnung um, ihr Blick bleibt auf den verstreuten Fotografien auf dem Boden hängen. Sie hat sich hier immer wohlgefühlt, doch seit Thomas tot ist, kommt ihr die Wohnung wie eine Leichenhalle und sie selbst sich wie ein Gespenst vor. Sie hat ihr Bestes getan, um ihr Leben weiterzuleben. Ein paar Mal hat sie sogar in betrunkenem Zustand nachts jemand kennengelernt und versucht, ihrem Kummer im Bett eines Fremden zu entfliehen. Sie nimmt nie jemand mit zu sich, aber sie ist mit drei oder vier Männern, denen sie auf Partys oder in Clubs begegnet ist, zu ihnen nach Hause gegangen. Sie hat versucht, die alte Valentina und ihren Freigeist wieder zum Leben zu erwecken, aber jedes Mal hat sie im entscheidenden Augenblick einen Rückzieher gemacht. Jedes Mal war sie erschrocken, wie falsch sich alles anfühlte. Die Männer schmeckten falsch, rochen falsch und fühlten sich falsch an. Sie waren nicht Thomas. Dann sprang Valentina aus dem Bett, ignorierte die fassungslose Miene des Mannes, für den sie sich kurz zuvor noch entkleidet hatte, und stürzte aus der Wohnung. Atemlos fand sie sich im Morgengrauen in den leeren Mailänder Straßen wieder. Langsam ging die Sonne auf. Doch je heller es wurde, je mehr Leben um sie herum erwachte – die Vögel sangen, Autos wurden gestartet, Menschen traten auf die Straße –, desto stärker drückten Trauer und Einsamkeit auf ihr Herz. Valentina war davon überzeugt, dass niemand Thomas je ersetzen konnte. Alles in Mailand erinnerte sie an ihn. Vielleicht, nur vielleicht hatte sie eine Chance auf ein neues Leben, wenn sie ihre Heimatstadt verließ?
»Ich weiß nicht genau, wann ist das Shooting?«, fragt sie.
»Nächsten Dienstag. Du hast vier Tage Zeit herzukommen.« Marco zögert und fügt dann etwas leiser hinzu: »Schätzchen, vielleicht hilft es dir.« Mehr sagt er nicht, und Valentina weiß genau, was er meint. Wenn sie jetzt in Mailand bleibt, gibt sie sich womöglich auf. Dennoch, New York wird sie noch stärker an Thomas erinnern, schließlich ist er in Brooklyn geboren und aufgewachsen. Und was ist mit seinen Eltern? Wird sie sich verpflichtet fühlen, sie zu besuchen?
»Ich weiß nicht«, sagt sie noch einmal zögernd.
»Komm schon«, ermuntert Marco sie, »wo ist meine unerschrockene Valentina?«
Es sind Marcos Worte, aber es ist auch genau das, was Thomas gesagt hätte. Valentina verspürt einen plötzlichen Energieschub. Sie hat Thomas versprochen, dass sie weiter fotografieren wird. Sie hat ihm versprochen zu
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