Valentina 3 - Geheimnisvolle Verführung: Roman (German Edition)
bedingungslos.
Der Moment der Wahrheit ist gekommen. Tina steht vor dem Palasthotel, hinter ihr rauscht die Spree. In ihrem Fürstenbergkleid ist sie sofort als Westlerin zu erkennen. Noch kann sie sich umdrehen und gehen, aber ihr Trieb obsiegt, und ohne noch einmal zu zögern, tritt sie durch die Tür in die Lobby.
Karel erwartet sie schon. Als er sie sieht, steht er auf, und Tina bemerkt, dass sich sein Gesichtszüge entspannen. Offenbar hat er ernsthaft befürchtet, dass sie nicht kommt. Er ist eleganter gekleidet als gestern. Er trägt schmale dunkle Hosen und ein strahlendweißes Hemd, aber seine Kleidung interessiert sie nicht, er sieht einfach unglaublich gut aus. Noch besser als Tina es in Erinnerung hatte. Sein Gesicht gleicht dem eines russischen Prinzen: hohe Wangenknochen und funkelnde Katzenaugen. Das fand sie bei Männern schon immer unglaublich sexy. Er wirkt exotisch und gefährlich.
»Du siehst wunderschön aus«, begrüßt er sie, fasst ihre Hände und gibt ihr einen unschuldigen Kuss auf die Wange. »Ich dachte, wir essen etwas in der Domklause. Das ist das beste Restaurant der DDR . Hast du Lust?«
Tina hat überhaupt keinen Hunger, aber sie könnte einen Drink vertragen.
»Ja, gerne.«
In dem holzvertäfelten Restaurant herrscht eine gedämpfte Atmosphäre. Man führt sie an einen Ecktisch. Tina ist froh, dass das Licht gedimmt ist. Sie fragt sich, ob sie heute älter auf Karel wirkt.
Tina liest die Karte und versteht kein Wort.
»Was willst du?«, fragt er.
»Ich weiß nicht. Was empfiehlst du?«
»Das Jägerschnitzel ist sehr gut«, rät er. »Das sind panierte Wurstscheiben mit Tomatensauce, oder du isst Broiler, das ist Hähnchen.«
»Ich nehme das Jägerschnitzel«, beschließt Tina.
»Und was hältst du von einem Bier? Berliner Bürgerfrau ist ziemlich gut.«
»Ich bin eigentlich keine Biertrinkerin, aber ich versuche es.«
»Heute machst du eine echte ostdeutsche Erfahrung«, bemerkt er, und die Zweideutigkeit seiner Worte lässt Tina erröten.
Nachdem der Kellner ihre Bestellungen aufgenommen hat, schweigen sie einen Moment. Tina fragt sich, ob es wirklich eine gute Idee war herzukommen, doch in dem Augenblick nimmt Karel ihre Hand und sieht ihr mit verträumtem Blick in die Augen.
»Du bist die schönste Frau, die ich je gesehen habe«, sagt er.
Sie spürt, wie sie erneut errötet.
»Das kann nicht sein«, widerspricht sie.
»Als du gestern Abend vor mir gestanden hast, wollte ich dich sofort in den Armen halten. Ich hätte die ganze Nacht mit dir tanzen können.«
»Ich habe seit Ewigkeiten nicht mehr getanzt.« Ihr Mund ist trocken, und sie nippt an ihrem Bier, das überraschend frisch schmeckt.
»Aber dann musstest du ja wie Aschenputtel in der Nacht verschwinden, ohne mir etwas zu hinterlassen, noch nicht einmal einen gläsernen Pantoffel …«
»Ich habe dir ein Versprechen hinterlassen.«
»Allerdings.« Er schenkt ihr ein atemberaubendes Lächeln, und sie spürt, wie in ihr die Lust erwacht.
Das Essen kommt. Geruch und Aussehen wirken nicht gerade verlockend auf Tina, aber sie pickt höflich darin herum und trinkt einen Schluck Bier.
»Das Bier schmeckt gut«, bemerkt sie.
»Habe ich doch gesagt.« Karel schneidet beherzt ein Stück von seinem Jägerschnitzel ab. Er isst wie ein Mann, der seit Wochen nichts Anständiges mehr gegessen hat.
»Bist du in Ostberlin aufgewachsen?«
Karel nickt. »Überwiegend. Mein Vater kommt aus Prag. Meine Mutter ist Ostdeutsche, ihre Familie hat in den Fünfzigerjahren eine Weile in Prag gelebt. Sie haben sich dort an der Universität kennengelernt und blieben in Prag wohnen, bis ich drei Jahre alt war, dann sind wir nach Ostberlin umgezogen.«
»Stand die Mauer damals schon?«
»Ja, als wir nach Ostberlin gezogen sind, gab es sie gerade ein Jahr.«
»Was haben deine Eltern davon gehalten?«
Er hört auf zu essen und sieht sie entgeistert an.
»Weißt du, wo wir hier sind?«, flüstert er und zieht die Augenbrauen hoch. »Meinst du, dass der durchschnittliche DDR -Bürger in diesem Laden isst?«
Sie errötet, ihr Gesicht ist heiß vor Scham.
»Tut mir leid, wie dumm von mir.«
»Ich glaube, wir sprechen ohnehin lieber von dir. Mein Leben ist langweilig. Es besteht nur aus mir, meinem Cello und der Musik. Ich glaube an die DDR . Das ist alles. Ganz einfach. Aber du … Ich nehme an, dass du ein äußerst komplexes und kompliziertes Wesen bist. Wie die meisten Westfrauen.«
»Kennst du andere Frauen aus dem
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