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Valeron der Barbar

Valeron der Barbar

Titel: Valeron der Barbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew J. Offut
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sie: »Der Wächter wurde abgelöst. Ich hatte es fast befürchtet.«
    »Wächter? Befürchtet?«
    »Pssst! Vor der Tür zum Gemach der Pr …, Ihrer Hoheit, steht Tag und Nacht ein Posten Wache. Werft einen ganz schnellen Blick auf ihn, dann schaut wieder mich an. Ihrer Tür gegenüber ist eine Nische in der Wand.«
    Er schaute über ihren Kopf – was nicht schwierig war, er hätte sein Kinn auf ihn legen können – und bemerkte die Nische aus der auf dem Boden Füße herausragten. Neben ihr brannte eine neue Fackel – völlig unnötig, aber im Palast Tradition.
    »Seht Ihr?« murmelte sie. »Bei jeder Wachablösung wird eine neue Fackel in die Halterung gesteckt. Am vorherigen Posten wären wir vermutlich ohne größere Schwierigkeiten vorbeigekommen, denn er hat, nun, sagen wir, eine Schwäche für die Kammerzofe Ihrer Hoheit. Aber dieser Bursche interessiert sich nur dafür, sich Darcus Cannus Wohlwollen zu erhalten und befördert zu werden. Kein Mann darf die Gemächer der – Kaiserin betreten – und Ihr seid ein Mann.«
     
    »Wir könnten die Welt von einem weiteren von Cannus Henkersknechten erlösen.«
    »Mein Lord, wir müssen es anders anstellen, denn das geringste ungewohnte Geräusch würde sofort weitere Wächter herbeirufen. Nein, ich werde das Gemach allein betreten. Ihr wendet Euer Gesicht mir zu und von ihm ab, während wir ihm gegenüber sind, dann geht Ihr weiter, die Treppe hinunter und aus dem Palast.«
    »Und wie, in Kroys Namen, soll ich wieder hereingelangen, Mädchen?«
    Sie hob eine tief gebräunte Schulter. Trotz seiner unsicheren Lage genoss er die aufregende Bewegung ihres Busens. Nur mit Mühe riss er den Blick davon los.
    »Ich heiße Jheru«, sagte sie mit leichtem Tadel. »Durch den Garten, mein Lord – ein Fenster, vielleicht …«
    Dann drehte sie sich um und spazierte Hand in Hand mit ihm weiter. Als sie sich zwischen dem Posten und der Tür befanden, blieb sie stehen und machte einen Schritt zur Tür, dann streckte sie die Arme weit aus, ehe sie Valerons Finger losließ.
    »Bis später, Liebster«, sagte sie, und ihre Stimme klang wie das Zwitschern des weißen Ußvogels zur Balzzeit.
    Sie öffnete die Tür zu Aleyshas Gemächern. Mit dem Gesicht weiterhin ihr zugewandt, schritt Valeron mit dem vorgetäuschten Zögern des Abschieds zur Treppe. Sein Rücken kribbelte, als kröchen unsichtbare Schlangen darüber, während er die Stufen hinunterstieg.

 
9
Garten und Boudoir
     
    Das Erdgeschoß des Palasts war, genau wie der erste Stock, fast menschenleer. Selbst die üblichen Posten – die ohnedies unnötig waren – hatte man vom Wachdienst befreit, damit sie mit ihren  Prunkuniformen zum Pomp der Zeremonie im Tempel beitragen konnten. Valeron begegnete nur drei Leuten: einer Frau, keine Sklavin, wohl aber eine Dienerin, der er zublinzelte; einem eiligen Pagen, der sich nicht einmal die Zeit nahm, ihn auch nur anzublicken; und einem gelangweilten Soldaten.
    »Wie wär’s mit einem Schluck?« rief der Gardist ihm zu.
    Valeron schüttelte den Kopf und bedeutete mit einer großartigen Handbewegung, dass er einen eiligen Auftrag habe, und schritt weiter und durch einen Seitengang zum Garten. Als er zwischen den duftenden Blumen und dem vom Morgenregen feuchten frischen Grün stand, wurde ihm klar, dass seine Befürchtungen grundlos gewesen waren.
    Er fragte sich, ob einer der Knöpfe in dem riesigen summenden Raum unter dem Palast, auch Regen herbeiführte …
    Die Lustgärten des kaiserlichen Palasts waren im ganzen Reich berühmt. Blumen aller Arten konkurrierten in ihrer Pracht mit den herrlichen Blütenstauden und den plätschernden Springbrunnen mit den von Künstlerhand gehauenen Statuen. Üppige Hecken waren zu fantastischen Formen geschnitten und verliefen in pfeilgeraden Reihen. Schatten boten die gepflegten Aliabäume mit ihren köstlichen und reichlichen safrangelben Früchten und dem smaragdgrünen Laub. Der Duft dieser Vielzahl von Blumen und Blüten war betörend, genau wie der Anblick der letzten schillernden Regentropfen an all den Kelchen und Dolden und Rispen und Trauben.
    Aus dem üppigen Grün erhoben sich die mächtigen Mauern des Kaiserpalasts. Dieses Bauwerk aus einheimischem Stein und Marmor stand seit der Zeit der Alten und war irgendwie den schrecklichen Verheerungen der Kriege und des Kataklysmus entgangen, der die Maschinenzivilisation vernichtet hatte. Aus dem eisweißen Stein blickten hohe Bogenfenster gleichgültig hinab auf die Schönheit zu

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