Valeron der Barbar
gehabt hatte. Er hatte Arbeit für seine lange Klinge, die unter Shanarus wallendem Umhang gut verborgen war.
»Und jetzt, Jheru, führst du mich ins Gemach der Pr …, der Kaiserin, wo ich auf sie warten soll. Ich werde mich so benehmen, als versuchte ich, dich zu einem Stelldichein zu überreden.«
Ihre Stimme klang kehlig, als sie antwortete: »Das wäre schön.«
Ihre Bemerkung brachte ihr einen Klaps des Mannes von der Barbarenwelt ein.
Verwirrt, aber stumm, begleitete sie ihn zur Tür. Er blieb dort kurz stehen und sah sich um, bis sie nach seinem Handgelenk griff und ihn hastig in Cannus Amtsgemach zurückzog.
»Euer Haar! Es ragt aus dem Helm, mein Lord. Ihr glaubt vielleicht, Ihr könntet einen Gardisten vortäuschen – aber nicht von hinten!«
Er machte eine klägliche Miene und nahm den drückenden Helm ab.
»Wir müssen Euer Haar schneiden«, sagte sie und schrie leise auf, als seine Hand sich um ihren Arm klammerte. Finger schlossen sich wie mächtige Schlangen über den Daumen.
»Mein Haar schneiden? O nein, kleine Sklavin. Wenn wir Zeit haben, werde ich dir von Branarius und unseren Kriegsknoten erzählen. Hilf mir, das Haar unter diesen verdammt engen Helm zu schieben.«
Sie lächelte über seine Aussprache dieses uralten Fluchworts, er sagte es auf so fremdländische Weise. Sie sah jetzt, dass sein fülliges dunkelrotes Haar an Stirn und Schläfen zurückgestrichen war und am Nacken von einem Stück Metall zusammengehalten wurde. Dieses Metall war im Tempel der Schutzgöttin von Branarius gesegnet, der großen Mutter Aria. Vom Nacken fiel das Haar lose den halben Rücken hinunter – einen sehr breiten Rücken, wie Jheru feststellte. Sie stellte sich auf Zehenspitzen hinter ihn und zwängte die Haarfülle unter den weiteren Halsschutz des Helmes.
»Es ist gar nicht so grob, wie ich gedacht hatte«, sagte sie und biss sich hastig auf die Lippe. Dann musterte sie ihn noch prüfend und rannte zur Tür. Sie sah sich im Korridor um und streckte rückwärts die Hand aus. »Kommt! Es ist niemand unterwegs.«
Sie kamen von Darcus Cannus Amtsgemach auf einen langen breiten Gang aus hellem schillerndem Stein mit geschnitzten Holztüren und wuchtigen Türklinken über Schlüssellöchern von der Größe eines Männerdaumens. Valeron spazierte neben der jungen Frau her und musste sich bemühen, seine lange Schritte gewöhnten Beine zurückzuhalten, um ihr nicht davonzueilen und so auszusehen, als fühle er sich hier zu Hause.
Mit ihrer Hand in der seinen erreichten sie am Ende des Korridors die Treppe zum oberen Stockwerk und stiegen sie hoch.
Eine Tür schwang auf. Eine Frau Mitte Zwanzig trat mit einem leeren Tablett heraus. Sie trug den gleichen kurzen grünen Rock und das Sklavenband wie Jheru. Mit flinken Schritten näherte sie sich den beiden. Ihre nackten Brüste wippten. Sie lächelte Jheru zu und schenkte Valeron einen aufreizenden Blick aus haselnußbraunen Augen, den er mit geschwellter Brust erwiderte. Jheru stieß einen Laut aus, der einem Zischen verdächtig nahe kam, und krallte die Nägel in seine Hand. Schweigend schritten sie den Gang entlang, der dem im Parterre glich. Auch an seinem anderen Ende befand sich eine Treppe, auf der gerade Kopf und Schultern eines Jungen auftauchten. Es war ein Page in der apfelgrünen Livree des Palastes. Er kam mit schnellen Schritten auf sie zu. Jheru, zu Valerons Linken, drückte warnend seine Hand, als die Finger seiner Rechten nach dem Knauf seines Schwertes tasteten. Er hielt sie ruhig.
»Ist die Krönung schon zu Ende?« fragte Jheru den Jungen. Der Page blieb stehen und lächelte.
»O nein, nein. Die Edlen leisten Ihrer Hoheit den Treueeid. Sie werden bestimmt noch eine gute Stunde lang ihren Ring vollsabbern. Also genügend Zeit für dich und deinen Freund, euch zu … nun, was immer ihr vorhabt.« Er grinste verschwörerisch und verabschiedete sich mit einem Winken.
Valeron musste sich zusammennehmen, um sich nicht umzudrehen. Er hatte keine Erfahrung als Spion, und es gefiel ihm auch nicht, etwas vorzutäuschen.
Es sind ja nicht alle Feinde, erinnerte er sich. Nur wie kann ich wissen, wer Aleysha und dem Reich treu ergeben ist, und wer sich von Darcus Cannu hat kaufen lassen?
Jheru blieb ganz plötzlich stehen, stellte sich vor ihn und griff auch nach seiner anderen Hand. Sie blickte ihn dabei auf die Weise einer Frau an, die sich der Gunst ihres Liebsten vergewissern will.
Als flüstere sie ihm süße Geheimnisse zu, wisperte
Weitere Kostenlose Bücher