Vampir sein ist alles
vielleicht auf den Boden zu setzen, oder stieß er sie einfach gegen die Wand und biss zu?
„Dein Plan, Garnet!“, sagte Sebastian und setzte sich auf die Kante der Fensterbank, wie ich es mir gerade vorgestellt hatte. Er sah ein bisschen aus wie eine Spinne in ihrem Netz.
„Also, es ist weniger ein Plan als vielmehr eine Idee“, begann ich und bemühte mich um Konzentration. „Seit dem Angriff auf meine Wohnung habe ich darüber nachgedacht, woher jemand so viel magische Energie haben kann. Und dazu fällt mir nur eine Antwort ein: eine Göttin. Ich glaube, Alison hat eine Göttin, genau wie ich. Nur dass diese Göttin möglicherweise an sie gefesselt ist wie Micah an Kojote.“
„Und du willst versuchen, die Göttin zu befreien?“
Ich kauerte auf der Kante des ebenfalls mit Folie geschützten Schreibtischs und sah Sebastian nachdenklich an. „Das ist riskant. Wer weiß, wie Alison tatsächlich arbeitet! Vielleicht ist sie einfach nur eine sehr mächtige Hexe.“
„Also, das bezweifle ich“, entgegnete Sebastian. „Deine Theorie leuchtet mir ein. Aber wenn du die Ketten nicht zerschlagen kannst, könntest du dann welche schmieden?“
„Das weiß ich nicht. Ehrlich gesagt, habe ich weder das eine noch das andere jemals ausprobiert.“ Außerdem war da noch die Frage, ob Lilith mir helfen würde, eine andere Göttin in Ketten zu legen.
Sebastian nagte an seiner Unterlippe. Dann hob er unvermittelt den Kopf, als hätte er etwas gehört, das mir entgangen war. „Tja, das ist alles, was wir haben. Im schlimmsten Fall greifen wir auf meinen Plan zurück. Sie kommt gerade den Korridor herunter.“
Er bedeutete mir mit einem Blick, mich unter dem Schreibtisch zu verstecken. Ich ging augenblicklich in Deckung.
Als die Folie unter meinen Füßen knisterte, zuckte ich zusammen und hielt die Luft an. Ich hörte, wie die Tür aufging.
Um mitzubekommen, was vor sich ging, lauschte ich angestrengt. Ich vernahm raschelnde Schritte auf der Abdeckfolie, dann setzte sich jemand auf den Schreibtisch, unter dem ich kauerte. Niemand sagte etwas. Plötzlich sog jemand hörbar die Luft ein.
Sebastian hatte Alison gebissen. Direkt über meinem Kopf.
Ich hatte eine Auseinandersetzung erwartet, zornige Worte und Anschuldigungen und vor allem irgendein Zeichen, wann ich hervorkommen und „Das Spiel ist aus!“ oder so rufen sollte. Stattdessen tat Sebastian, was er immer tat. Aber vielleicht hatte er ja vor, Alison zu schwächen und dann in die Mangel zu nehmen. Oder sollte ich auf der Stelle aus meinem Versteck springen, solange sie abgelenkt war?
Wir hätten uns besser absprechen müssen.
Trotzdem beschloss ich, in den Magiemodus zu wechseln. Wenn Sebastian mich brauchte, wollte ich nicht noch unvorbereiteter sein, als ich es ohnehin schon war. Ich weckte Lilith also vorsichtig aus IHREM Schlummer, und SIE erhob sich augenblicklich. Glühende Wellen der Erregung schossen durch meine Adern, und meine Finger kribbelten, als wären meine Nerven aus einem langen Schlaf erwacht. Über mir begann Alison, immer lauter zu keuchen. Sie ächzte und stöhnte so übertrieben, dass jeder Pornostar neidisch geworden wäre. Meine Eifersucht machte sich bemerkbar, aber ich musste sie unbedingt unter Kontrolle halten, denn sonst gewann Lilith die Oberhand über mich und tötete aus Zorn alle beide.
Ich riskierte einen magischen Blick in den Raum und suchte nach einer Göttin oder einer anderen verborgenen Macht. Sebastian war als große Leere erkennbar; so tot und nicht da, dass er sich wie ein schwarzes Loch von der Umgebung abhob. Alison war leuchtend rot, wie Blut, erhitzt und erregt. Auf den ersten Blick wirkte sie wie ein ganz normaler Mensch; nicht der kleinste Funke magische Kraft war in ihrer Aura zu erkennen.
Doch dann sah ich etwas aufblitzen wie einen funkelnden Diamanten. Es war ganz tief in ihrem Herzchakra, und es sah unnatürlich aus: wie ein Granatsplitter, der in ihren Körper eingedrungen war. Mit magischen Fingern begann ich, es zu lösen, und holte es langsam an die Oberfläche ...
Plötzlich gab es eine ruckartige Bewegung über mir, und der Schreibtisch wackelte. „Du Mistkerl!“, hörte ich Alison rufen. „Wo ist sie?“
Das war der Moment, auf den ich gewartet hatte, um als rettende Kavallerie den Berg hinunterzustürmen - nur dass ich unter einem Schreibtisch kauerte. Ich hatte nicht die Möglichkeit, elegant und würdevoll in Erscheinung zu treten. Wäre ich Wonder Woman gewesen, hätte ich den
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