Vampirblut (German Edition)
besiegt ist.“
Jetzt hatte ich nicht mehr die Kraft meine Traurigkeit zu verbergen. Ich schob ihn beiseite, bevor er sehen konnte, wie Tränen der Verzweiflung über mein Gesicht rollten. Langsam wurde mir bewusst, ich werde ihn nie überzeugen können. Wahrscheinlich hatte er sogar recht. Wahrscheinlich sollten wir uns nicht mehr sehen. Ihn in meiner Nähe zu wissen, und ihn nicht berühren zu dürfen, das war die schlimmste Folter, die ich kannte.
Bevor ich also noch völlig den Verstand verlor, ging ich ins Bad, drehte die Dusche auf und ließ das warme Wasser über meinen verschwitzten Körper laufen. Erst jetzt spürte ich, wie sehr meine Muskeln vom Training schmerzten. Mir war klar, morgen früh würden die Schmerzen noch viel schlimmer sein, aber das war nichts im Vergleich zu dem, was mein Herz gerade durchmachte.
Unaufhörlich klangen Williams letzte Worte in meinem Kopf nach; vielleicht sollten wir uns wirklich eine Zeit nicht mehr sehen. Mit jedem Wort drang der Dolch, der mein Herz durchbohrte tiefer in mich ein. Ich stand vor dem Spiegel, betrachtete gedankenverloren mein Gesicht darin und sah doch nur William vor mir. So sehr ich auch versuchte die schlechten Gedanken zu verdrängen und nicht traurig zu sein, so sehr ich versuchte den Schmerz zu vertreiben, damit William nicht spüren konnte, was in mir vorging, ich konnte es nicht.
Langsam ging ich auf die Badezimmertür zu, verzweifelt suchend nach einer Antwort auf die Frage, was ich machen sollte, wenn ich ihn sehen würde. Es fiel mir nichts ein. Ich wusste nicht ob ich die Kraft aufbringen würde ihm gegenüberzutreten, ohne in Tränen auszubrechen. Doch ich wusste, es wäre unumgänglich. Selbst wenn ich mich dazu entschloss, noch heute Nacht nach Hause zu gehen, um nicht länger seiner schmerzlichen Nähe ausgeliefert zu sein, selbst dann musste ich mich wenigstens von ihm verabschieden.
Abschied, was für ein grauenvolles Wort. Erst vor wenigen Tagen musste ich mich von meinen Freunden und L.A. verabschieden. Schon dieser Abschied tat weh. Der, der mir jetzt bevorstand, würde die Hölle für mich werden, aber ich wusste, irgendwo hatte er recht. Wenn ich länger in seiner Nähe blieb, war er nicht nur eine Gefahr für mich – damit hätte ich leben können –, viel schlimmer; ich war eine Gefahr für ihn. Ich würde ihn ablenken, ihm im Weg stehen, das würde ihn angreifbar machen für Echnaton. Er hatte recht, wir sollten uns nicht mehr sehen. Wenigstens solange bis die Gefahr für uns vorbei war. Nur wie lange würde das sein?
Ich wischte die Gedanken weg, und hielt daran fest, dass es kein Abschied für immer war. Nur bis er Echnaton besiegt hatte. Wenn er Echnaton besiegen konnte. Konnte er das? Ich war mir nicht sicher, ich wusste nur, Echnaton war nicht alleine – William schon. Er würde sich dem Kampf alleine stellen müssen. Das konnte er nicht schaffen. Nicht er alleine. Er würde Hilfe brauchen.
Fest entschlossen William zu sagen, dass ich es nicht zulassen würde, dass er alleine in den Kampf zieht, öffnete ich die Tür. Die Angst ihn für immer zu verlieren, war größer als die, bei dem Versuch Echnaton zu besiegen, zu sterben. Außerdem, wenn Echnaton siegen würde, und dessen war ich mir sicher, würde wohl kein Mensch überleben. Das hieße, dass ich sowieso sterben würde. Ich, genau wie Dakota, meine Mutter oder meine Großeltern.
William saß in der Bibliothek und starrte in die Flammen des Feuers, das noch immer im Kamin loderte. Sein Gesicht war regungslos. Nur das Licht des Feuers bewegte sich darauf.
Ich blieb in der Tür stehen, nahm all meinen Mut zusammen und sagte mit fester Stimme: „Wenn du willst, dass wir uns nicht mehr sehen, dann werde ich dir fern bleiben, aber erst wenn Echnaton besiegt und das Tor in Sicherheit ist.“ Ich holte tief Luft, bevor ich weiter sprach. „Ich bin nicht bereit dich alleine gegen ihn antreten zu lassen, und bevor du etwas sagst, meine Entscheidung steht fest.“ Dann stieß ich die Luft mit einem Mal wieder aus, und wartete auf seine Reaktion.
Ich wartete.
Minuten vergingen, ohne dass er antwortete.
Dann regte sich etwas in seinem Gesicht. Ich hoffte, er würde endlich etwas sagen – aber Nichts.
Nach einem nicht enden wollenden Schweigen stand er auf, ging auf den Kamin zu und blieb davor stehen. „Okay.“
Okay? Hatte er wirklich okay gesagt? Einfach so? Ich war auf eine Diskussion vorbereitet, aber, dass er einfach so nachgab, das verwirrte mich. So
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