Vampirblut (German Edition)
Geschichte“, begann er. „Sie war mal meine Freundin. Das stimmt, aber das ist schon viele Jahrzehnte her.“
„Jahrzehnte? Das heißt, sie ist auch ein Vampir?“ Wie sollte ich da mithalten? Sicher war sie genauso unfassbar schön, wie alle Vampire denen ich bisher begegnet war.
„So ein Vampirleben kann manchmal ganz schön einsam sein. Besonders wenn man so wie ich, sich nicht von Menschen ernährt. Sie hatte damals auch versucht dem Menschenblut zu entsagen, und wandte sich an mich, damit ich ihr helfe. Irgendwann kam dann Eins zum Anderen und wir verliebten uns. Ich half ihr durch den Entzug, und sie schaffte es auch, lange Jahre keine Menschen mehr zu beißen.“ Ein bezauberndes Grinsen huschte über Williams Gesicht und wich gleich darauf einem besorgten Gesichtsausdruck. „Leider wurde sie rückfällig, nachdem sie einige Zeit eingesperrt war. Eine Gruppe Menschen – Vampirjäger – hatte sie entführt und sie als Versuchsobjekt missbraucht. Ich konnte sie damals retten, aber der Hass, den sie danach auf Menschen entwickelte, machte eine Beziehung zwischen uns unmöglich. Sie trank wieder Menschenblut, und meine Aufgabe war es, Vampire wie sie zu vernichten. Es funktionierte nicht mehr. Hin und wieder kreuzen sich unsere Wege noch mal. Das ist alles“, beendete William seine Erzählung.
„Eine Beziehung zwischen Vampiren, ist das so wie bei Menschen? Also empfindet ihr auch Liebe?“, fragte ich.
„Ja, wir empfinden auch Liebe. Ich denke, das ist jedem Lebewesen von der Natur mit auf den Weg gegeben.“
„Also hast du sie geliebt?“
„Sie war mir wichtig.“
„Du hast sie nicht geliebt“, sagte ich.
„Nicht auf diese Art. Nicht so, wie ich für dich empfinde. Das Gefühl von Liebe hast erst du in mir geweckt.“
Was er dann sagte, ließ mein Herz fast aus der Brust springen. „Das einzige Mädchen für mich bist du. Da könnte niemals eine Andere sein.“ Ein Lächeln huschte über sein Gesicht und seine Augen wurden schwarz.
Ich schluckte, lief rot an und brauchte ein paar Sekunden, bis ich wieder sprechen konnte. „Deine Augen, hin und wieder wechseln sie die Farbe, warum?“, fragte ich. Es war besser vom Thema abzulenken, denn ich wusste nicht, wie ich darauf reagieren sollte.
„Das kommt ganz darauf an, was ich gerade empfinde. Wut, Hunger, aber auch deine Nähe und die Gefühle, die ich für dich habe, rufen das in mir hervor.“
Eine Weile saßen wir schweigend nebeneinander. Keiner wagte, etwas zu sagen oder zu tun. William saß da, völlig regungslos, den Blick starr auf das flackernde Feuer im Kamin gerichtet. Kein Muskel in seinem Körper zuckte. Er wirkte wie eine der Wachsfiguren im Kabinett von Madame Tausauds , das ich einmal mit meiner Mutter in Las Vegas besucht hatte.
Nach einem endlosen Schweigen, in dem ich kaum wagte, zu atmen, brachte ich den Mut zusammen eine weitere Frage zu stellen, nur um die Stille zu durchbrechen, die unangenehm zwischen uns knisterte, wie das brennende Holz im Kaminfeuer. „Gibt es noch andere wie dich? Ich meine, die kein Menschenblut trinken?“ Meine Stimme war nur ein leises Flüstern, weil mein Hals vor Nervosität völlig trocken war.
„Ja, die gibt es. Nur Wenige, aber hin und wieder treffe ich ein paar von ihnen. Das sind Vampire mit einem eisernen Willen, denen die Jagd auf Menschen unangenehm ist. Sie haben die Kraft, sich dem drängenden Durst zu widersetzen. Den meisten von ihnen fällt der Umgang mit Menschen aber sehr schwer. Deswegen bevorzugen sie die Einsamkeit der Wildnis.“ Immer noch bewegte sich William keinen Millimeter. Nur seine Lippen formten die Worte, sein Körper war still, wie aus Stein gemeißelt.
„Ist es für dich auch schwer?“
„Manchmal, wenn ich schon einige Tage nicht mehr auf der Jagd war, ja.“
„Ist es jetzt gerade schwer?“
„Ja.“
Ich zuckte merklich zusammen. Saß er deswegen so regungslos neben mir, weil er seinen Hunger zu kontrollieren versuchte?
„Keine Angst. Es fällt mir nicht mehr so schwer in deiner Nähe zu sein wie am Anfang. Bisher war ich nur wenig mit Menschen zusammen. Nur wenige kamen mir so nah wie du. Nein, nicht so nah. Ich habe mich an deine Nähe gewöhnt. Und du riechst auch nicht mehr wie ein Mensch, eher wie eine Mischung aus Mensch und Vampir.“ William hatte sein Gesicht in meine Richtung gedreht und blickte mich liebevoll an. Nervös senkte ich den Blick auf eines der Bücher, die noch immer auf dem Boden um uns herum verteilt
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