Vampirdämmerung / Roman
pflegen. Ich hätte ihm das Genick brechen können, dass er mich nicht viel früher informierte, aber ich verstehe seine Gründe.«
Mac grinste. »Und du hast ihm ein zweites Loch in den Hintern gerissen?«
»Nur verbal. Kaum ging mir die Puste aus, bat er mich um Hilfe beim Rat, als hätte ich ihm vorher bloß den Wetterbericht vorgelesen. Wie er sagte, hat er dich auch gefragt.«
»Hat er. Ich glaube, wir … du musst eine Ratsversammlung einberufen. Ich würde dann für Lor sprechen.«
Caravelli lehnte sich zurück und streckte seine langen Beine aus. »Eigentlich rufe ich die Anführer nur in einem absoluten Notfall zusammen. Ich frage mich, ob man diese Sache nicht einfacher regeln kann.«
»Es sind nicht nur die Höllenhunde, deretwegen wir uns Sorgen machen müssen. Die Burg insgesamt zerfällt.« Mac erzählte ihm, was er über den Avatar und Sylvius herausgefunden hatte.
»Sylvius«, sagte Caravelli nachdenklich. »Dieser Name passt zu einer Kreatur, die aus der natürlichen Welt der Burg geboren wurde. Derselbe Wortstamm wie ›sylva‹, Wald, also heißt er ›der aus dem Wald‹.«
»Ein Inkubus, geboren von einer Liebessklavin. Klingt für mich nach einem Softporno.«
Caravelli schnaubte. »Es klingt pervers! Wir alle wünschen uns, unsere Liebe ganz für uns allein zu haben, aber es ist etwas vollkommen anderes, sie tatsächlich ins Sein zu zwingen und dann einzusperren.«
Mac beugte sich vor. »Das ist noch nicht alles. Ich habe letzte Nacht, nachdem wir uns trennten, mit Lor gesprochen. Er will mir seit Tagen etwas über diese Höllenhund-Prophezeiungen erzählen, und er hat mich zu einem ihrer Ältesten gebracht.«
»Ach ja? Die sprechen eigentlich nie mit Fremden.«
»Tja, es war auch mehr so, dass er mit Lor geredet hat und Lor mit mir.«
»Was hat er gesagt?«
»Sie glauben, dass ich irgendwas mit der Prophezeiung zu tun habe. Aber lassen wir den Hokuspokus beiseite und beschränken uns auf die Fakten: Es gibt ein Ritual, mit dem das Blut des Avatar in die Burg zurückgeschafft werden kann. Die Wächter haben irgendwie die Anleitung dafür in die Hände bekommen.«
»Was ist nötig, um das Blut wieder in die Burg zu bringen?«
»Ein Opfer.« Mac wurde eiskalt, als er es aussprach. »Der Sohn des Avatar.«
Caravelli sah schockiert aus. »
Wie bitte?
Ist das der wahre Grund, weshalb die Wächter Sylvius wollten?«
»Ich denke, es ist das, was Bran und dessen Anhänger wollen. Andere wollten bloß etwas von dem Inkubusblut. Sie sind schon so lange dort, dass ihnen egal ist, ob die Burg untergeht.«
»Und die Prophezeiung?«
»Die Burg machte mich zum Dämon, damit ich alles wieder in den Zustand zurückversetze, in dem es sich vor Atreus’ eigenmächtigem Zauber befand.«
Die Miene des Vampirs verfinsterte sich zusehends. »Glaubst du, dass das stimmt?«
»Was ich glaube, denke oder fühle, tut nichts zur Sache. Leute werden sterben, wenn der Kerker einstürzt.«
»Und was heißt das erst für den Jungen!«
»Ich weiß. Töte Sylvius, oder lass die Burg untergehen.«
Caravelli schwieg einen Moment.
»Merda!«
Mac verzog das Gesicht. »Ich bringe das Kind nicht um.«
»Selbstverständlich nicht.«
»Ich wollte ihn überreden wegzugehen. Ich meine, ich musste es ihm sagen. Er hatte ein Recht, es zu erfahren. Aber er rührt sich nicht vom Fleck. Er hat Angst, dass die Burg sich endgültig auflöst, wenn er geht.«
»Wäre das so schlimm? Wie viele Bewohner könnten wir retten?«
»Selbst wenn wir sämtliche Höllenhunde rausholen, bleiben immer noch Tausende, und die meisten von ihnen stellen draußen ein unkalkulierbares Sicherheitsrisiko dar.«
Caravelli seufzte. »Ja, es ist Zeit, dass wir den Rat zusammenrufen.«
Plötzlich regten sich Zweifel in Mac. »Die einigen sich doch nie auf irgendwas. Denkst du, die klassische Gruppenumarmung hilft?«
»Das werden wir herausfinden.« Caravelli stand auf. »Ich habe immer noch Königin Omaras Gehör, und die Tatsache, dass ich eine Junggewandelte habe – dass es nun einen Caravelli-Clan gibt –, stärkt meine Position unter den Untoten.«
Der Dämon in Mac merkte auf, und seine Haut brannte vor Hitze. »Was bedeutet es für Connie, zu deinem Clan zu gehören?«
Sie ist mein. Du kannst sie nicht haben!
Caravellis Lächeln ließ selbst einem Dämon das Blut in den Adern gefrieren. »Alles, aber ich beabsichtige nicht, ihre Liebhaber auszuwählen. Sie ist eine Frau, kein Kind mehr. Dennoch bin ich hier, um sie in jeder
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