Vampirdämmerung / Roman
groß wie ein Mann, und bedrohlich wie ein Lastwagen.
Der Speer flog ihm aus der Hand und mit beängstigender Geschwindigkeit auf Macs Brust zu.
Macs Training übernahm. Er duckte sich zur Seite, rollte sich herum und feuerte drei Schüsse in die Brust von dem Ding. Es wurde nach hinten geschleudert, der vordere Rumpf zu Matsch gesprengt. Was immer sich hinter diesem Brustkorb verborgen haben mochte, spritzte in einem rostigen Sprühregen in die Dunkelheit. Der Speer krachte in den Stein, wo eben noch Mac gestanden hatte, und entließ einen Funkenschwall in die Luft.
Constance schrie auf, wich stolpernd zurück und hielt ihr Messer stichbereit.
»Alles okay?«, rief Mac.
»Bei Bridgets verdammten Zehennägeln!«
Wenn sie fluchen konnte, musste es ihr gut gehen. Mac sprang auf und lief den Tunnel hinunter, die Waffe im Anschlag. Glühende Dämonenwut rang mit einer kühleren Ermahnung zur Vorsicht.
Ich will verdammt sein, wenn noch eins von den Dingern uns ins Visier nehmen kann!
Er stieg um die erschossene Kreatur herum und rutschte dabei mit seinen Schuhen in etwas, das er lieber nicht benennen wollte. Es stank jedenfalls noch viel übler als die Fäulnis, die von einem toten Werwolf aufstieg. Mac hielt den Atem so lange an, wie er konnte. Der Korridor flackerte vom Fackelschein, so dass die unebenen Steine knorrige Schatten warfen.
Ich habe den einen erschossen. Ich treffe auch noch einen. Es soll zumindest Blut fließen.
Mac wurde langsamer. Ein zweiter Leib lag auf dem Boden, die Gliedmaßen in merkwürdigen Winkeln. Er verfiel schon zu einer Schleimpfütze. Verwesung im Schnellvorlauf. Das hatte Mac schon gesehen.
Fehlwandler: die absonderlichen, missgestalteten Kinder der Vampirwelt. Die, die nicht richtig gewandelt worden waren. Neben ihnen nahm sich der gängige
Nosferatu
aus den Hollywood-Filmen geradezu knuddelig aus.
Einen Vampir zu töten war nicht so einfach, doch Mac hatte ihn in den Kopf getroffen.
Er blickte sich um. Von den anderen beiden war nichts zu sehen. Schließlich atmete er auf, was er besser gelassen hätte, denn von dem fauligen Blutgestank musste er sofort würgen. Verfluchte Möchtegern-
Herr-der-Ringe
-Darsteller!
Mac wischte sich den Schweiß von den Händen und vom Gesicht. Ein Zittern durchfuhr ihn, als sein Adrenalinpegel sank, und ihm war heiß und komisch. In der Burg boten sich entschieden zu viele Gelegenheiten, einen schnellen gewaltsamen Tod zu sterben.
Noch einmal drehte er sich um und betrachtete die erste Kreatur, die er erschossen hatte.
Was zur Hölle war das Ding?
Er versuchte, sich zu erinnern, ob er so etwas schon mal in der Burg gesehen hatte.
»Sie waren Gefolgsleute von Prinz Miru-kai. Da bin ich mir sicher.«
Mac sah auf. Constance stand ganz in der Nähe, ihr Messer nach wie vor in der Hand.
»Der war ein Kobold«, erklärte sie. »Sie sind bösartig, aber nicht sehr mutig, wenn man sie zum Kampf fordert.«
»Die anderen waren Fehlwandler.«
»Ich weiß – unvollständig gewandelt. Wie ich, nur dass ich mehr Glück hatte.« Sie streckte ihm die Hand hin. »Gehen wir. Heute kommen sie gewiss nicht wieder.«
Verblüfft starrte Mac sie an. Sie war ernst, aber kein bisschen verängstigt. »Meinst du wirklich, dass wir sicher sind?«
Sie nahm ihre Hand herunter. »Sie wollten Sylvius, und den haben wir nicht.«
»Stimmt.« Die Sig Sauer steckte er dennoch vorerst nicht weg. »Gibt es häufiger solche Angriffe in dieser Gegend?«
»Nicht hier, aber an den Höfen natürlich.«
»Sind denn viele Kobolde an den Höfen?« Eigentlich war es ihm nicht wichtig, doch er musste sie von dem ablenken, was eben passiert war.
Constance hob und senkte eine Schulter. »Einige. Ich musste mich oft hinter dem Thron verstecken. Er war aus guter, solider Eiche.«
Mac sah ihr in die Augen, und obschon sie keine Miene verzog, glaubte er zu bemerken, wie ihre Unterlippe sich ein wenig bog.
»Am schlimmsten waren die Werkatzen. Wenn sie in Rage waren, konnte man sich von den Polstern verabschieden.« Sie wandte sich ab und bedeutete ihm, ihr zu folgen.
Mac gehorchte. Inzwischen war sein Herzschlag fast wieder normal. Als sie den Korridor verlassen hatten, steckte Constance ihr Messer weg. Mac beobachtete sie. »Du bist eine Vampirin. Du müsstest stark genug sein, um ein Schwert zu benutzen.«
»Und was finge ich mit einer großen Klinge wie der eines Clan-Chefs aus den Highlands an? Ich bin zu klein. Außerdem ist es kaum damenhaft.«
»Selbst ein kleines
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