Vampire Academy 02 ● Blaues Blut
Er war eher hoffnungsvoll als anmaßend.
Ich schluckte bei der Erinnerung an den Traum. „Nichts.” Ohne darüber nachzudenken, nahm ich einen Schluck Champagner. Von der anderen Seite des Raumes brannten sich Lissas Gefühle in mich. Sie war ruhig und zufrieden. Gut.
„Warum lächelst du?”, fragte Adrian.
„Weil Lissa noch immer dort drüben ist und gut zurechtkommt.”
„Das ist keine Überraschung. Sie kann jeden verzaubern, wenn sie sich ein bisschen Mühe gibt. Selbst Leute, die sie hassen.”
Ich bedachte ihn mit einem schiefen Blick. „So fühle ich mich, wenn ich mit dir rede.”
„Aber du hasst mich nicht”, sagte er und leerte sein Champagnerglas. „Nicht wirklich.”
„Aber ich mag dich auch nicht.”
„Das sagst du immer wieder.” Er trat einen Schritt auf mich zu, wobei diese Geste keineswegs bedrohlich wirkte, sondern nur dafür sorgte, dass eine gewisse Intimität zwischen uns entstand. „Aber damit kann ich leben.”
„Rose!” Die Schärfe in der Stimme meiner Mutter durchschnitt die Luft.
Einige Leute in Hörweite schauten zu uns herüber. Meine Mutter - ihre gesamten wütenden hundertfünfzig Zentimeter — stürmte auf uns zu. „Was, denkst du, machst du hier?”, fragte sie. Ihre Stimme war, was mich betraf, noch immer viel zu laut.
„Nichts, ich .... ”
„Entschuldigen Sie uns bitte, Lord Ivashkov”, knurrte sie. Dann packte sie mich am Arm wie eine Fünfjährige und zerrte mich aus dem Raum. Champagner schwappte auf mein Kleid.
„Was denkst du, was du hier machst?”, rief ich, sobald wir draußen im Flur waren. Bedauernd blickte ich auf mein Kleid hinab. „Das ist Seide. Du hast sie vielleicht ruiniert.”
Sie riss mir die Champagnerflöte aus der Hand und stellte sie auf einen Tisch in der Nähe. „Gut. Das wird dich vielleicht davon abhalten, dich wie eine billige Hure zurechtzumachen.”
„Moment mal”, sagte ich schockiert. „Das ist ja wohl die Härte. Und wieso wirst du plötzlich so mütterlich?” Ich deutete auf das Kleid. „Das hier ist nicht gerade billig. Und du fandest es nett, dass Tasha es mir geschenkt hat.”
„Aber ich habe nicht damit gerechnet, dass du es in Gesellschaft von Moroi tragen und dich darin zur Schau stellen würdest.”
„Ich stelle mich nicht zur Schau. Außerdem bedeckt das Kleid so ziemlich alles.”
„Dieses Kleid ist dermaßen eng, dass du auch gleich nackt herumlaufen könntest”, gab sie zurück. Sie war natürlich in Wächterschwarz gekleidet: eine maßgeschneiderte, schwarze Leinenhose und ein dazu passender Blazer. Sie hatte selbst einige Kurven, aber ihre Kleidung verbarg jede einzelne.
„Und für diese Gesellschaft eignet es sich schon gar nicht. Dein Körper ist .... ausgesprochen auffallend. Und dass du mit Moroi flirtest, macht es auch nicht besser.”
„Ich habe nicht mit ihm geflirtet.”
Die Anschuldigung machte mich wütend, weil ich das Gefühl hatte, dass ich mich in letzter Zeit wirklich gut benahm. Früher hatte ich ständig mit Moroi-Männern geflirtet - und andere Dinge getan -, aber seit ein paar Unterredungen und einem peinlichen Zwischenfall mit Dimitri war mir klar, wie töricht das war. Dhampir-Mädchen mussten mit Moroi-Männern vorsichtig sein, eine Tatsache, die mir neuerdings ständig bewusst war.
Mir kam ein reizender Gedanke. „Außerdem”, spottete ich, „ist das nicht genau das, was ich tun soll? Mich an einen Moroi hängen und den Fortbestand meiner Rasse sichern? Es ist das, was du getan hast.”
Sie funkelte mich an. „Nicht in deinem Alter.”
„Du warst nicht viel älter als ich.”
„Mach keine Dummheiten, Rose”, erwiderte sie. „Du bist zu jung für ein Baby. Du hast noch nicht die Lebenserfahrung dafür - du hast bisher ja noch nicht einmal dein eigenes Leben gelebt. Du wirst nicht in der Lage sein, die Art von Job zu machen, die du machen möchtest.”
Ich stöhnte gequält auf. „Diskutieren wir wirklich über dieses Thema? Wie sind wir von meinem angeblichen Flirt zu der Frage gekommen, ob ich plötzlich Junge werfe? Ich schlafe weder mit ihm noch mit irgendjemandem sonst, und selbst wenn ich es täte, weiß ich über Geburtenkontrolle Bescheid. Warum redest du mit mir wie mit einem Kind?”
„Weil du dich so benimmst.” Dieser Ausspruch hatte bemerkenswerte Ähnlichkeit mit dem, was Dimitri zu mir gesagt hatte.
Ich sah sie wütend an. „Also wirst du mich jetzt auf mein Zimmer schicken?”
„Nein, Rose.” Sie sah plötzlich müde aus.
Weitere Kostenlose Bücher