Vampire Academy 06 ● Schicksalsbande
sie kümmern! Ich werde tun, was ich kann, aber du weißt so gut wie ich, wie sehr Stress und Sorgen Geist aufwühlen können. Ich fürchte, er wird zurückkommen, wie üblich. Ich wünschte, ich könnte dort sein und auf sie aufpassen. Bitte – hilf ihr!“
Er schob mir eine lose Haarsträhne hinter das Ohr, dabei stand Sorge in seinen dunkelgrünen Augen. Zuerst glaubte ich, diese Sorge gelte lediglich Lissa. „Das mache ich“, versprach er. „Ich werde tun, was ich kann. Aber Rose .... wird es auch mit mir geschehen? Ist es das, wozu ich werde? So wie sie und die anderen?“
Adrian hatte niemals die extremen Nebenwirkungen gezeigt, unter denen Lissa litt, und zwar hauptsächlich deshalb, weil er nicht so viel Geist benutzte und weil er ihn mit so viel Alkohol unterdrückte. Ich wusste jedoch nicht, wie lange das gut gehen würde. Soweit ich gesehen hatte, gab es nur wenige Dinge, die den Wahnsinn aufhielten: Selbstdisziplin, Antidepressiva und die Verbindung zu einer schattengeküssten Person. An keiner dieser Optionen war Adrian augenscheinlich interessiert.
Es war unheimlich, aber in diesem Moment der Verletzbarkeit fühlte ich mich daran erinnert, was soeben mit Dimitri geschehen war. Beide Männer waren auf ihre Weise so stark und selbstbewusst und brauchten mich dennoch jeder zur Unterstützung. Du bist die Starke, Rose, flüsterte eine Stimme in meinem Kopf.
Adrian blickte ins Leere. „Manchmal .... manchmal kann ich glauben, der Wahnsinn sei lediglich eingebildet, weißt du? Ich habe ihn nie so empfunden wie die anderen .... wie Lissa oder der alte Vlad. Doch ab und zu .... “ Er hielt inne. „Ich weiß auch nicht. Ich fühle mich ihm so nah, Rose. Dem Abgrund so nah. Als würde ich, wenn ich mir nur einen einzigen kleinen Fehltritt erlaubte, hinunterstürzen und nie mehr zurückkommen. Es ist, als würde ich mich selbst verlieren.“
Ich hatte ihn schon früher dergleichen sagen hören, wenn er ganz plötzlich zu einem unheimlichen Thema abschweifte, das ziemlich sinnlos erschien. So nah war er aber noch nie daran gewesen zu zeigen, dass Geist auch seinen Verstand verwirren könnte. Ich hatte niemals geahnt, dass er sich dieser Augenblicke bewusst war – oder auch dessen, was sie bedeuten konnten.
Wieder sah er auf mich herab. „Wenn ich trinke .... mache ich mir darum keine Sorgen. Ich mache mir keine Sorgen, verrückt zu werden. Aber dann denke ich .... vielleicht bin ich es längst. Vielleicht bin ich es, aber niemand bemerkt den Unterschied, wenn ich betrunken bin.“
„Du bist nicht verrückt“, sagte ich grimmig und zog ihn an mich. Ich liebte seine Wärme und die Art, wie er sich auf meiner Haut anfühlte. „Du wirst es sicher schaffen. Du bist stark.“
Er drückte seine Wange an meine Stirn. „Ich weiß nicht“, sagte er. „Ich glaube, du bist meine Stärke.“
Es war zwar eine süße und romantische Bemerkung, aber irgendetwas daran störte mich doch. „Das ist nicht ganz richtig“, entgegnete ich und fragte mich, wie ich meine Gefühle in Worte kleiden könnte. Ich wusste, dass man in einer Beziehung einem anderen helfen konnte. Man konnte ihn stärken und unterstützen. Aber man konnte doch nicht tatsächlich alles für ihn tun. Man konnte nicht all seine Probleme lösen. „Du musst es in dir selbst finden .... “
Der Wecker im Hotelzimmer plärrte los und riss mich aus dem Traum; ich war frustriert, sowohl weil ich Adrian vermisste, als auch weil ich nicht alles hatte sagen können, was ich sagen wollte. Na ja, im Augenblick konnte ich jedenfalls nichts weiter für ihn tun: nur hoffen, dass er allein zurechtkäme.
Sydney und ich waren beide benommen und hatten ganz kleine Augen. Ihre Erschöpfung war zwar verständlich, da ihr ganzer Schlafrhythmus – wenn sie denn tatsächlich Schlaf bekam – aus dem Lot war. Meine hingegen? Meine Müdigkeit war eher mentaler Natur. So viele Leute, dachte ich. So viele Leute brauchten mich .... aber es war so schwer, ihnen allen zu helfen.
Natürlich war Dimitri schon auf und zur Abfahrt bereit. Er musste vor uns aufgewacht sein. Der Zusammenbruch von letzter Nacht war ihm so gut wie überhaupt nicht anzumerken. Wie sich herausstellte, hatte er nach Kaffee gelechzt, allerdings geduldig auf uns gewartet, weil er uns nicht schlafend und schutzlos hatte zurücklassen wollen. Ich scheuchte ihn davon, und zwanzig Minuten später kehrte er dann mit Kaffee und einer Schachtel Donuts zurück. Außerdem hatte er in einer
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