Vampire City
einfach alles, was ich sah. Die Blumenwiese, so bunt und voller Farben vollgesogen, dass sie doch mein Kleid verfärben mussten, das ich trug. Ich saß in einem Tulpenmeer, dessen Duft mir die Sinne raubte. Der hellblaue Himmel mit den Schäfchenwolken, die Vögel, die zwitscherten…nein, das war kein Zwitschern…das war ein….Pfeifen…
Ich versuchte in Zeitlupe meine schweren Lider zu öffnen, um zu erfassen, dass ich aus meinem Idyll unsanft aus dem Schlaf gerissen worden war. Furcht durchflutete meine Venen, Hitze stieg in mir auf, während die Erinnerung über mir hereinbrach. Da war der Mann aus dem Club, der sich einfach in mein Wohnzimmer gebeamt hatte… Filmriss …ah ja, dann hatte er gemeint, ich war in Gefahr… weiter nachdenken, soweit es möglich war …er hatte mich gepackt, dann gänzliche Schwärze . Oh. Mein. Gott.
Ruckartig kam ich zur Besinnung, riss die Augen auf, brauchte einen Moment zur Orientierung, und fand mich auf dem Beifahrersitz eines Wagens wieder. Ich war angeschnallt, draußen war es dunkel und das leise Dröhnen verursachte der Motor. Von wem das Pfeifen kam, ahnte ich bereits. Zögernd schielte ich zur Seite, als das Geräusch verstummte und er mich ansah.
„Na, ausgeschlafen?“
Er klang fröhlich, was ich überhaupt nicht nachvollziehen konnte.
„Was soll das denn heißen?“, entfuhr es mir. „Ich bin in Ohnmacht gefallen!“
Ein Lächeln huschte über seine Lippen.
„Jedenfalls hätte ich nicht gedacht, dass es so einfach werden würde. Ich musste dich nur noch Huckepack nehmen, ein paar Sachen einpacken, und dann ging’s los.“
„Wissen Sie, wie man so etwas nennt? Entführung! Wenn ich aus diesem Auto rauskomme, rufe ich die Bullen an, soviel ist sicher.“
„ Wenn du rauskommst, exakt!“
Triumph blitzte in seinen Augen auf, was mich veranlasste, etwas ziemlich Dummes zu tun. Ich versuchte doch tatsächlich während der Fahrt meine Beifahrertür zu öffnen, die natürlich verriegelt war.
„Mädchen, Mädchen“, sagte er, und es klang sehr, sehr überheblich.
„Was wollen Sie von mir?“
Ich war müde von der Fragerei, wähnte mich in einem soliden Albtraum, den jeder mal hatte, doch meine Gehirnwindungen flüsterten mir leise zu, dass die Sachlage todernst war.
Er antwortete mir nicht einmal.
„Wollen Sie mich umbringen und irgendwo verscharren? Dann bringen Sie es schnell hinter sich, denn ich werde Ihnen vorher noch die Eier abreißen!“
Er lachte so laut und dunkel auf, dass ich zusammenzuckte. Ich konnte seine, zugegebenermaßen schönen Zähne sehen, die perfekt für eine Zahncremewerbung gewesen wären. Was war denn so witzig daran? Ich hatte schon mal einen Mann klarmachen müssen, dass ich einen festen Griff hatte.
Er schüttelte immer noch feixend den Kopf und warf mir einen Blick zu.
„Du bist ja drauf!“
Ihm schien zu gefallen, wie ich mit ihm redete. Also eine andere Taktik!
„Wenn Sie mir nichts tun und mich freilassen, werden Sie mein ganzes Geld bekommen. Ich gehe zur Bank und werde um einen Kredit bitten, egal, was ich tun muss, bitte lassen Sie mich gehen.“
Meine Stimme war weinerlich geworden und das war nicht einmal gespielt. Auch wenn ich mit großer Klappe redete, hielt mich die Furcht vor dem, was er mit mir vorhatte, umklammert.
Das Schmunzeln verschwand, sein Blick wurde ernst.
„Noch einmal: Ich tue dir nichts. Und um die ganze Sache zu entschärfen, mache ich jetzt etwas, was ich eigentlich nicht dürfte.“
Er fasste in seine Lederjacke – ich vermutete, dass er eine Waffe herausholte – doch es war glücklicherweise ein Handy, und wählte eine Nummer.
„Ich bin’s. Ich habe sie…Nein, ihr geht’s gut. Was? Das weiß ich, aber ich musste anrufen. Die kleine Kratzbürste macht nur Ärger, sonst hätte ich es nicht getan.“
Er lauschte in den Hörer.
„Und wenn schon! Dann sollen sie mir eben die Leviten lesen! Ich hab’ keinen Bock, dass sie mir aus dem Wagen hüpft…Ich gebe sie dir.“
Er hielt mir das Mobiltelefon vor die Nase.
„Für dich“, knurrte er und fuchtelte damit vor mir herum.
Ich hob es zögernd an mein Ohr.
„Hallo?“
Mein Herz tanzte wie wild, meine Kehle war trocken. Wer war an der anderen Leitung?
„Schatz, ich bin es“, hörte ich eine vertraute Stimme.
Innerhalb einer Millisekunde erkannte ich, wer es war.
„Dad?“, wisperte ich fassungslos.
„Bitte hab’ keine Angst, es ist alles gut. Ich weiß, dass das alles im Augenblick sehr viel für dich ist,
Weitere Kostenlose Bücher