Vampire Earth 3 - Donnerschläge
vielleicht die Verbindung zwischen euch und euren Schlächtern? Das wäre praktisch.«
»Alles zu seiner Zeit. Ihr seid eine ungeduldige Spezies. Entschuldigt, ich muss mich setzen. Ich werde schnell müde«, sagte der Kur. »Valentine, du weißt sicher, dass die erste Pforte, die in der westlichen Hemisphäre geöffnet wurde, genau hier auf Haiti war. Während der Aufstände gegen die Kolonialherren hat es eine reiche, eine sehr reiche Ernte an Auren gegeben. Ich und ein oder zwei andere haben die Exzesse angeheizt. Den hiesigen Legenden zufolge ist Papa Legba der Hüter von Tür und Tor. In diesem Fall treffen sie zu. Das Tor zu der ›anderen Welt‹ oblag meiner Obhut. Und das tut es noch heute. Diese ›andere Welt‹ war nun zufällig Kur.«
Valentine biss sich auf die Zunge. Er konnte sich vorstellen, was sich hinter der Maske verbarg, in der der Kur sich ihm zeigte; ein verschrumpelter, blauhäutiger Oktopus mit Fledermausflügeln lauerte hinter der großväterlichen Tarnung. Aber eine der legendären Pforten zu Gesicht zu bekommen …
»Du würdest die Pforte gern sehen, nicht wahr? Ich werde sie dir zeigen. Das ist ungefährlich. Diese Insel ist nicht länger wichtig - meine Vettern nutzen sie nicht. Sie haben andere, größere Tore in besserer Lage. Jene, die es nach einem eigenen Fürstentum gelüstet, gehen durch die neueren Pforten auf den großen Kontinenten. Asien ist im Moment recht beliebt: Die Menschen dort machen viel weniger Ärger als ihr Nordamerikaner.«
Valentine scharrte mit der Stiefelspitze in der kalten Asche. »Du willst uns gegen deine ›Vettern‹ beistehen?«
Abgelenkt durch seine Überlegungen oder seine Gefühle flimmerte der Kur für einen Moment. »Dies ist eine wunderbare Welt mit begabten, wenn auch primitiven Bewohnern. Mir ist nicht daran gelegen, dass sie stirbt wie Kur. Es ist so traurig. Kur ist nur noch eine leere Hülle. Bis auf Flechten gibt es nichts Lebendiges mehr auf der Oberfläche. Das Gleiche könnte auch hier geschehen. Darum habe ich aufgehört, mich von eurer Spezies zu nähren.«
»Hast du keine Angst, dass das rauskommt?«
»Ich halte den Anschein mit der Hilfe meiner Halunkenfreunde vom Kap und einiger weniger anderer aufrecht. Allerdings lässt sich nicht so einfach erkennen, auf welcher Seite der gute Boul wirklich steht, andererseits weiß er über meine Mittel auch nicht alles.«
»Ich glaube dir nicht«, sagte Valentine auf Englisch, um einem weiteren, ärgerlichen Erguss von Victo zuvorzukommen. »Wovon lebst du? Ich dachte, ihr müsst euch nähren, um am Leben zu bleiben.«
»Ich nähre mich von Lebensaura, wie ihr das nennt. Aber man könnte sagen, ich benetze mir nur die Lippen, statt gleich einen tiefen Zug zu nehmen, wie es meine Vettern tun.«
»Dann nehme ich an, du tötest nur einmal im Monat. Ich werde den Vatikan anschreiben und dich zur Heiligsprechung vorschlagen.«
»Man würde über deinen Brief lachen. Gewiss, im Petersdom gibt es immer noch eine machtvolle Person, aber sie stammt von Kur, und ihre Kardinäle solltet ihr fürchten. Ich werde dir zeigen, wie ich mich nähre. Niemand stirbt. Niemand wird verletzt. Ich beabsichtige, dir einiges zu zeigen, angefangen mit der Pforte nach Kur. Anschließend wirst du sehen, wie ich mich nähre.«
Valentine löste die Hände von seinen Waffen. »Du hast meine Neugier geweckt. ›Neugier ist der Katze Tod‹, lautet ein Sprichwort bei uns im Norden. Ich hoffe, es wird sich heute nicht bewahrheiten.«
Auf einen Wink von Papa Legba hin tauchten zwei haitianische Diener auf - »Voodoo-Priester«, wie Victo in sein Ohr flüsterte. Einer hatte eine Art Stuhl auf dem Rücken, etwas, worin man vielleicht ein Kind tragen konnte. Der Kur glitt hinein und zog sich einen Sicherheitsgurt über den Brustkorb.
»Wenn ich ausgehe, benutze ich eine Sänfte, aber das hier eignet sich besser für die Stufen, wie du sehen wirst.«
Die Priester gingen voran, führten ihn durch schmale Gänge und über gerade schulterbreite Treppen. Valentines empfindliche Nase registrierte eine Veränderung der Luftqualität, und er wusste, dass er sich unter der Erde befand. Die Priester entzündeten Öllampen und nahmen sie mit. Bald erreichten sie einen breiteren Korridor. Am Ende befand sich eine schwere Tür, und Valentine erschrak, als er zwei verhärmt aussehende Schlächter in Nischen zu beiden Seiten schlummern sah. Ihre Haut spannte sich stramm über die knochigen Gesichter, die Lippen entblößten die
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