Vampire Earth 3 - Donnerschläge
du den Holzschaft? Der wird in der Wunde splittern. Die Bolzen sind lackiert, damit der Pflanzensaft im Inneren frisch bleibt.«
»Und das funktioniert?«
»Wir haben probeweise ein Wildschwein geschossen«, sagte Ahn-Kha. »Wir haben die Wunde aufgeschnitten und den halben Schaft gefunden. Der Rest ist völlig zersplittert.«
»Wie zielgenau sind die Dinger?«
»Probier es aus.«
Valentine hob mit einiger Mühe die Armbrust und versuchte, auf einen Baum zu zielen, aber das Gewicht war zu viel für ihn.
Ahn-Kha lachte schnaubend. »Versuch es so.« Der Grog ging in die Knie und stützte sich auf einen Arm. Valentine legte die Armbrust über den Rücken seines Freundes. Mit Hilfe der eine Viertel Tonne schweren Stütze fiel es ihm erheblich leichter, den Baum anzuvisieren. Er betätigte den Abzug.
Der Rückschlag war stärker, als er gedacht hatte, obwohl die Armbrust eigentlich eher nach vorn ruckte, nicht zurück zu seiner Schulter. Der Bolzen drehte sich im Flug; Valentine hatte lediglich als Jugendlicher dann und wann mit Pfeil und Bogen geschossen. Aber der Bolzen bohrte sich mit einem nachhallenden Zwack in den Baumstamm.
»Wir haben vier Armbrüste und noch etwas anderes, das dich interessieren dürfte.« Ahn-Kha zog ein Laken von einem Haufen am Boden, woraufhin etwas zum Vorschein kam, das aussah wie eine altmodische Kanone. Ahn-Kha klappte ein Zweibein nahe der Mündung herab, schüttete eine genau abgemessene Menge Pulver in den Lauf und stopfte es mit einem Metallstab tiefer hinein. Vier Holzfedern krönten die Spitze des Stabs.
»Das ist eine Harpunenkanone. Hat eine größere Reichweite als die Armbrust. Der Schaft geht vielleicht einfach nur sauber durch, aber die Federn werden abbrechen. Wir
benutzen Pulver mit gröberer Körnung. Das feine Zeug beschleunigt den Pfeil zu stark - er trifft nicht richtig.«
»Sieht nach einer üblen Schlepperei aus.«
»Das Ding verschießt nicht nur Harpunen. Wir können am Kopf auch Sprengsätze anbringen, dann wird es zum Granatwerfer. Ich habe ein und drei Pfund schwere Ladungen angefertigt. Für die werden wir vielleicht noch Verwendung haben.«
»Allerdings«, stimmte Valentine zu.
Nun suchte er Jacques Monte-Cristi auf. Der Guerillaführer hatte ein langes Gesicht mit tiefen Einbuchtungen an den Schläfen, als hätte in früher Kindheit ein Riese seinen Kopf gepackt und seine Physiognomie neu angeordnet. Grau tüpfelte sein geschorenes Haar, und seine Augen kamen nie zur Ruhe. Er war eine hagere, argwöhnische Erscheinung, wie Valentine sie aus seinen Jahren bei den Wölfen in Erinnerung hatte: So sah ein Mann aus, der sich einen großen Teil seiner Zeit in Gefahr befand.
»Haben Sie schon von den anderen gehört?«, fragte Valentine. Das Französisch floss ihm mit zunehmender Übung immer leichter von der Zunge.
»Meine Männer sagen, sie sind unterwegs. Sie werden heute Nacht die Garnisonen südlich und nördlich unserer Route angreifen und uns auf dem Weg ins Gebirge abschirmen.«
»Proviant?« Die gleichen Fragen hatte Valentine wochenlang gestellt, um dann solange Ratschläge zu erteilen, bis er die Antworten erhielt, die er hören wollte. Nun war das längst Routine.
»Jeder Mann hat genug für zwei Tage, und wir haben Rationen für weitere zwei Tage auf den Packpferden.«
»Gehen wir ein paar Schritte.«
Valentine machte eine Runde durch Monte-Cristis Lager. Zweihundert bewaffnete Männer, unterstützt von dreißig
»Pionieren«, die zusätzliche Gerätschaften mitschleppten und sich um die Packtiere kümmerten, hockten in kleinen Gruppen zusammen und schwatzten angeregt. Valentine hatte an diesem Morgen, an dem die Expedition aufbrechen sollte, mit mehr Anspannung gerechnet. Stattdessen hörte er die Männer scherzen, singen und lachen. In Monte-Cristis »Regiment« war von einer formellen Kommandostruktur wenig zu spüren; einige der Guerillaführer hatten achtzig Mann unter sich, andere vielleicht ein Dutzend. Valentine kannte lediglich die Namen der Anführer, die Männer, die ihnen unterstanden, waren für ihn eine namenlose Masse, auch wenn ihm inzwischen die meisten Gesichter vertraut waren.
Sie musterten Valentine, als er vorüberging, lächelten und nickten ihm zu. Er erhaschte ein Wort auf Haitianisch und musste lächeln, als er es im Stillen übersetzte. Einige der Männer hatten ihn »Narbe« genannt, und dieser Spitzname schien sich verbreitet zu haben.
»Wie sind Sie zum Verantwortlichen für all das geworden?«,
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