Vampire mögen ́s heiss
wie ein pubertierender Teenager. Im Grunde wusste er nicht, ob er verärgert oder doch eher erleichtert sein sollte, schließlich war es schon eine ganze Weile her, seit er zum letzten Mal eine Erektion gehabt hatte. Angus war sich schon mehr tot als lebendig vorgekommen - was natürlich in gewisser Weise auch zutraf.
Seufzend machte er sich auf den Weg zu Romans Stadtdomizil auf der Upper East Side. Mit Teleportation käme er schneller ans Ziel als zu Fuß, aber er brauchte etwas Zeit zum Nachdenken. Und auch damit sich die Beule unter seinem Kilt zurückbildete.
Warum reagierte er bloß nie in dieser Weise auf eine Frau seiner Gattung? Es gab so viele verfügbare Vampirfrauen, inklusive derer in seinem Harem. Sie waren alle hübsch, aber auf eine erbärmliche, hilflose Art eben auch fordernd und eitel. Emma war ganz anders. Sie war clever, unabhängig und mutig. Sie besaß alle die Eigenschaften, die er an einem Mann schätzte. Sie war sogar eine Kriegerin.
Angus erkannte plötzlich ihre Ähnlichkeit zu ihm. Natürlich war sie viel jünger. Und lebendiger. Und sie besaß einen äußerst anziehenden weiblichen Körper.
Aber die Anziehungskraft ging nicht nur von ihrem Körper aus. Wie er selbst, wich sie keinem Kampf aus, nicht einmal mitten in der Nacht, und sie teilte auch seinen Wunsch, Unschuldige beschützen zu müssen. Im Grunde waren sie beide aus demselben Holz geschnitzt. Wenn er ihr das klarmachen könnte, würden sie vielleicht bald gemeinsam statt gegeneinander kämpfen.
Er bog auf die Straße ab, in der Roman wohnte und ging auf das Haus zu. Seit Romans Harem verschwunden war und er mit seiner sterblichen Frau in White Plains wohnte, war normalerweise alles dunkel. Hier in seinem Stadthaus waren nur noch Connor und zwei Vampirwachleute. lan war für die Sicherheit des Stadthauses zuständig, Dougal übernahm dieselbe Aufgabe bei Romatech Industries.
Angus wohnte immer, wenn er in New York war, in Romans Stadthaus. Die Schlafzimmer waren mit Aluminiumrollläden ausgestattet, um die Bewohner tagsüber vor den tödlichen Sonnenstrahlen zu schützen, und auch die Wachleute, die die Tagschicht übernahmen, waren absolut vertrauenswürdig. Sie arbeiteten schließlich für MacKay Security and Investigation.
Ohne Zweifel würde Emma Wallace sein Unternehmen genauer unter die Lupe nehmen, wenn sie seine Visitenkarte gelesen hatte. Wahrscheinlich würde sie zu dem Schluss kommen, dass er ein Untoter war, aber das war in Ordnung. Je weniger Geheimnisse es zwischen ihnen beiden gab, desto besser. Er wollte ihr Vertrauen gewinnen.
Natürlich würde auch er Nachforschungen über sie anstellen. Es würde sich schon ein Anhaltspunkt finden, durch den er sie für seine Sache gewinnen könnte. Das nannte man psychologische Kriegsführung. Normalerweise griff er auf simplere Methoden zurück, aber in diesem Fall handelte es sich schließlich um eine ganz besondere Zielperson. Er konnte ihr schlecht einfach eins mit seinem Claymore überziehen, er musste geschickter vorgehen. Verführerischer.
Angus lächelte. Die Schlacht konnte beginnen.
Als er die Treppe zum Eingang des Hauses betrat, sah er sich um. Die Straße war leer und alles ruhig. Die perfekte Gelegenheit, die von ihm selbst erst vor wenigen Monaten installierte Alarmanlage zu testen. Seit sich Roman direkt in den Schlupfwinkel des russischen Vampirzirkels teleportiert hatte, befürchtete Angus, die Russen könnten sich mit einer ähnlichen Aktion revanchieren.
Noch einmal vergewisserte er sich, dass die Straße menschenleer war, dann teleportierte er sich in das dunkle Foyer des Hauses. Sobald sein Körper sich zu materialisieren begann, ging der Alarm los - in einer nur für Hunde und Vampire hörbaren Tonfrequenz.
Sofort ging die Küchentür auf und eine Gestalt raste in Vampirgeschwindigkeit auf ihn zu. Es war Ian, der mit flatterndem Kilt Angus seinen Dolch an die Kehle hielt. „Ach, du bist es." Jan ließ den Dolch zurück in die Scheide in seinem Strumpf gleiten. „Ich hätte dich fast massakriert."
Angus klopfte dem jungenhaft aussehenden Vampir auf den Rücken. „Schnell wie immer. Schön, dich zu sehen." Dann ging er zu dem Kontrollkasten neben der Tür und stellte den Alarm ab. „Hättest du den Monitor im Auge gehabt, dann hättest du gesehen, wie ich die Treppe hochgegangen bin, und wärest nicht überrascht worden."
Jan ließ den Kopf hängen. Es war ihm ganz offensichtlich peinlich, dass er nicht auf seinem Posten gewesen war.
Weitere Kostenlose Bücher