Vampire schlafen fest
mussten jedoch noch beantwortet werden. »Welche Strafe gelobe ich denn auf mich zu nehmen? Und was genau bedeutet › eine Verfehlung begehen ‹ ?«
Jason seufzte gereizt, weil ich mich erdreistete, mein Gelöbnis für ihn verstehen zu wollen. Calvin blickte mich mit seinen goldgrünen Augen verständnisvoll an.
»Sie werden Folgendes geloben«, begann Calvin in leisem, aber eindringlichem Ton. Wir steckten die Köpfe zusammen. »Jason, pass gut auf. Wir sind das schon mal durchgegangen, aber da hast du leider nicht allzu aufmerksam zugehört.« Jetzt hörte Jason zu, doch ich konnte seine Ungeduld spüren.
»Verheiratet zu sein bedeutet hier« - Calvin deutete mit einer Hand auf das Dorf Hotshot - »seinem Partner treu zu sein, es sei denn, die Fortpflanzung des Rudels ist gefährdet. Da Crystal damit wenig zu tun hat, Jason, bedeutet es, dass sie dir treu sein muss und du ihr. Denn du hast keine Paarungspflichten wie ein Vollblüter.« Jason errötete bei dieser Erinnerung an seinen niedrigeren Rang, nur weil er durch Biss ein Gestaltwandler war und nicht von Geburt. »Wenn Crystal dich betrügt und ein Mitglied unseres Rudels diesen Betrug bezeugen kann und wenn Crystal aus irgendeinem Grund die Strafe nicht auf sich nehmen kann - wegen Schwangerschaft, Krankheit oder weil sie ein Kind aufzieht -, dann muss ich es tun. Und wir reden hier nicht von Geldstrafen, verstehst du das, Jason?«
Jason nickte. »Du sprichst von körperlicher Strafe.«
»Ja«, bestätigte Calvin. »Und du gelobst nicht nur Treue, sondern auch, dass du unser Geheimnis wahrst.«
Wieder nickte Jason.
»Und dass du anderen Mitgliedern des Rudels in der Not hilfst.«
Jason warf ihm einen düsteren Blick zu.
»Zum Beispiel?«, fragte ich.
»Wenn zum Beispiel Maryelizabeths Dach neu gedeckt werden muss, geben wir alle unseren Anteil, um das Material kaufen zu können, und nehmen uns Zeit, um die Arbeiten auszuführen. Wenn ein Kind Unterkunft braucht, dann steht dein Haus, Jason, diesem Kind offen. Wir kümmern uns umeinander.«
Jason nickte. »Verstehe. Damit bin ich einverstanden.«
Mein Bruder würde einiges an Freizeit einbüßen. Hoyt tat mir jetzt schon leid, und ich selbst mir auch ein bisschen, um ehrlich zu sein. Ich bekam hier ja keine Schwester dazu, sondern verlor einen Bruder, zumindest in gewissem Maße.
»Entweder willst du das von ganzem Herzen, oder du lässt es bleiben«, flüsterte ich Jason sehr leise zu. »Du bindest auch mein Leben daran. Kannst du die Versprechen, die du dieser Frau und ihrem Rudel gibst, halten, oder nicht?«
Jason sah Crystal mehrere Sekunden lang an. Ich hatte kein Recht, mich in seine Gedanken zu mischen, also drehte ich mich nach den anderen Gästen und deren Gedanken um. Da ging es hauptsächlich um Dinge, die man zu diesem Anlass sowieso erwartet hätte: ein bisschen Aufregung, auf einer Hochzeit zu sein; ein bisschen Schadenfreude, den berüchtigtsten Junggesellen der Umgebung in eine wilde junge Frau verliebt zu sehen; ein bisschen Neugier auf das seltsame Hotshot-Ritual. Hotshot , das war geradezu gleichbedeutend mit seltsam in unserem Landkreis. »Seltsam wie die aus Hotshot«, die Redensart kannte jeder. Die Kinder aus Hotshot, die in Bon Temps zur Schule gingen, machten anfangs immer eine schwere Zeit durch. Was sich nach den ersten Raufereien auf dem Spielplatz allerdings schnell wieder gab.
»Ich halte meine Versprechen«, sagte Jason heiser.
»Und ich halte meine«, echote Crystal.
Da gab's nur einen winzigen Unterschied: Jason meinte es ernst, obwohl ich bezweifelte, dass er dazu fähig war. Crystal dagegen wäre wohl dazu fähig gewesen, meinte es aber nicht ernst.
»Du bist nicht aufrichtig«, sagte ich deshalb zu ihr.
»Was erzählst du da für einen Mist«, fuhr sie mich an.
»Ich erzähle weder Mist noch sonst irgendwas«, entgegnete ich, bemüht, besonders leise zu sprechen. »Das hier ist einfach zu ernst, um zu schweigen. Ich kann deine Gedanken lesen, Crystal, vergiss das nicht.«
»Ich vergesse gar nichts«, sagte Crystal, jedes Wort einzeln betonend. »Und ich werde heute Abend Jason heiraten.«
Ich sah Calvin an. Er war beunruhigt, doch schließlich zuckte er die Achseln. »Wir können es nicht verhindern«, sagte er. Eine Sekunde lang war ich versucht, mich gegen diese Behauptung aufzulehnen. Warum nicht? , dachte ich. Ich könnte ausholen und ihr eine herunterhauen. Vielleicht wäre das genau der Skandal, mit dem man das Ganze noch aufhalten konnte. Aber
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