VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition)
Käfig hinaus und hinüber zu dem Pfahl gezerrt wird, holen sich zwei andere Älteste die Kette, die Ned für sie bereitgelegt hat. Erst da krümmt und windet sich der Vampir unter dem Griff seiner Peiniger. Es scheint, als wäre durch die Bewegung seiner Füße wieder Blut ins Hirn gelangt und sein Lebenswille erwacht.
Zwei weitere Männer stürzen sich auf ihn, bändigen ihn mit Kreuzen, versengen ihm die nackte Brust. Jacob brüllt auf, als seine Haut unter der Berührung zischt. Gleich danach aber wird seine Stimme schwächer, bricht. Schlaff hängt sein bewusstloser Körper in den Armen der beiden Ältesten. Sie zerren ihn hinüber zu dem Pfahl. Jetzt, wo sie sein lebloses Gewicht bewegen müssen, dauert es länger.
Vier der Ältesten ketten den bewusstlosen Jacob an den Pfahl. Die anderen acht nehmen derweil ihre Positionen im Kreis ein, jeder stellt sich auf eine der roten Rauten. Sie beginnen in einer gutturalen Sprache zu singen, die mir völlig unbekannt ist. Es klingt wie Latein, gesprochen mit gespaltener Zunge.
»Was singen sie da?«, wispere ich meine Frage zu Ned hinüber, denn der laute Gesang überdeckt jetzt meine Stimme.
Ned schüttelt nur den Kopf. Seine Gesichtszüge sind vor Angst und Sorge ganz verkniffen.
»Ist der da Benjamin?«, frage ich.
Dieses Mal nickt Ned. Er sitzt auf dem Boden, die Knie an die Brust gezogen, die Arme um die Beine geschlungen. Ich frage mich, ob er je gesehen hat, wie ein Vampir gepfählt wird, und wie viele von seinen hundertsiebzehn Bissen auf das Konto von Wallace und Jacob gehen.
Endlich hängt Jacob fest am Pfahl. Die Arme hat man ihm hinter den Rücken gebunden; das Kinn liegt ihm auf der nackten Brust. Benjamin nähert sich ihm mit einem angespitzten Holzpflock. Ich nehme Neds Hand, um ihm Halt und Trost zu spenden. Ich weiß selbst nicht, wie ich mit der Situation zurechtkommen werde – obwohl: Jacob würde mich augenblicklich umbringen, hätte er Gelegenheit dazu.
Benjamin stößt den Pflock Jacob mitten ins Herz. Erschrocken fahre ich zusammen. Ich hatte mehr zeremonielles Brimborium erwartet oder zumindest noch einmal Gesang als Begleitung bei diesem zentralen Teil des Rituals.
Jacob kreischt und schreit, bäumt sich in den Ketten auf, die ihn halten. Aber der Stahl gibt ihn nicht frei, hält ihn erbarmungslos am Pfahl fest. Der Körper des Vampirs erbebt, krümmt und windet sich, seine bloßen Füße scharren über den Boden, als könnte er weglaufen.
Dann endet sein Kampf, und er bricht am Pfahl zusammen, allein die Ketten halten ihn noch aufrecht. Wahrscheinlich ist er vor Schmerz ohnmächtig geworden. Sterben jedenfalls wird er erst, wenn sie den Pflock aus seinem Herzen herausziehen.
Der Gesang endet, und zwei Älteste schreiten zu dem Pfahl hinüber. Sie lösen die Ketten um Jacobs Oberkörper, sorgen aber dafür, dass seine Beine umso fester an den Pfahl gekettet bleiben. Jacobs Oberkörper sackt daraufhin vornüber. Das Blut, das aus seiner Wunde tropft, sammelt sich in einer Pfütze gleich darunter.
Die zwei Männer kehren auf ihre Plätze im Kreis zurück. Aber Benjamin bleibt neben Jacob stehen. Er beobachtet, wie das Blut aus der Wunde tropft. Jeden Tropfen, der auf dem Steinboden aufschlägt, registriert er mit einem Lidschlag.
Der Mann mit dem Spitzbart betritt den Kreis. Er trägt zwei Tonschalen, eine große und eine kleinere. Ihn begleitet ein Mann, der einen ganzen Kopf kleiner ist als er. Der Kleine trägt ein Silbertablett vor sich her. Spitzbart stellt die kleinere Schale unter Jacobs tropfende Wunde und fängt damit den unaufhörlichen Blutfluss aus dem Herzen des Vampirs auf.
Von dem Silbertablett nimmt Benjamin einen langen Dolch mit gebogener Klinge. Das goldene Heft des Dolches zieren seltsame schwarze Zeichen, die, von meinem Beobachtungsposten aus betrachtet, gut Hieroglyphen sein könnten. Der Kleine mit dem Tablett verbeugt sich und tritt einen Schritt zurück.
Neuer Gesang setzt ein. Dieses Mal ist der Rhythmus schneller; der Gesang besitzt jetzt mehr Kraft und Intensität. Die tiefen Harmonien hallen in meinem Körper wider: Sie schlagen mir auf den Magen, und mein Herzschlag kommt ins Stolpern. Neben mir kann ich spüren, wie Ned von der Wand des Verschlags an die Kellerwand zurückweicht. Ich lasse seine Hand los und bestehe nur noch aus Augen.
Benjamin schneidet Jacob tief in den Hals. Blut quillt aus der frischen Wunde und wird in der großen Schale aufgefangen, die Spitzbart dem Vampir unter den Kopf
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