VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition)
hält. Jacobs Lider flattern. Aber er bleibt bewusstlos – jedenfalls kann ich das um seinetwillen nur hoffen.
Es dauert keine zehn Sekunden, und die Wunde ist verheilt, der Blutfluss zum Stillstand gekommen. Benjamin setzt zu einem weiteren Schnitt an. Dieses Mal schneidet er eine halbmondförmige Wunde in Jacobs linke Seite. Als diese Wunde verheilt ist, wiederholt Benjamin die Prozedur an Jacobs rechter Seite.
Immer wieder und wieder, mit fließenden, präzisen Bewegungen und sehr methodisch schlitzt Benjamin Jacobs Haut auf, an den Oberarmen, der Brust, wieder am Hals und dann am Bauch.
Entsetzt verschließe ich vor diesem Bild die Augen und kneife sie fest zusammen. Was wollen sie denn nur mit all dem Vampirblut? Wollen sie es in einem krankhaften Akt der Rache vielleicht trinken? Bis jetzt dürften sie in den beiden Schalen sicher gut vier Liter aufgefangen haben. Viel Blut kann Jacob nicht mehr in seinem Körper haben. Vielleicht geht es ja nur darum, ihn ausbluten zu lassen.
Der aufdringliche, metallische Geruch von Blut sticht mir in die Nase. Rasch schlage ich die Hand vors Gesicht. Ich drehe mich zu Ned um. Er hat das Gesicht in den Armen verborgen und die Beine eng an die Brust gezogen.
Aus meiner Handtasche angele ich mir mein Handy. Ich klicke auf Videofunktion. Für den Fall, dass Ned sich doch wieder entschließen sollte, die Augen zu öffnen, beuge ich mich näher an die Wand heran und verdecke ihm so die Sicht auf das Handy. Dann drücke ich die Linse gegen ein Loch in Bodennähe, das aussieht, als stamme es von fleißigen Mausezähnchen.
Durch mein Guckloch beobachte ich, wie Benjamin das Messer auf das Silbertablett zurücklegt. Er kniet sich neben den Pfahl, nimmt die kleine Schale mit beiden Händen und hebt sie empor. Mit hoher, durchdringender Stimme fällt er in den Gesang ein. Mir jagt es den nächsten Schauer den Rücken hinunter. Von dieser Stimme bin ich so in den Bann geschlagen, wie es zuvor nur der Stimme eines einzigen Menschen gelungen ist: der meines Vaters, wenn er eine Predigt hielt. Damals war ich noch ein Kind. Schlagartig wird mir klar, dass dieser Mann in genau dem Alter ist, das mein Vater auf dem Höhepunkt seiner Karriere hatte, und ähnlich viel Charisma besitzt.
Die anderen Ältesten – die meisten von ihnen sehr viel älter als Benjamin – beobachten ihn mit einer Mischung aus Stolz und Furcht.
Der Spitzbart nimmt die größere Schale und wendet sich seinen Gefährten zu, die ihn im Kreis umstehen. Mit feierlichen, gemessenen Schritten geht er auf einen blonden Mann mittleren Alters zu. Sorgsam achtet er darauf, keinen Tropfen Blut aus der bis zum Rand gefüllten Schale zu verschütten. Die Schale ist sicher so groß wie eine Bowleschüssel.
Wie ein Mann öffnen die Ältesten, ohne die Schärpe in der Taille zu lösen, ihre Roben und ziehen die Arme aus den Ärmeln. Nackte Männeroberkörper aller Formen und Hautfarben enthüllen sich meinem Blick, als ihnen die Roben bis auf die Taillen hinunterfallen.
Der Blonde taucht die Hände in die Schale mit Vampirblut. Das Blut dampft in der kalten Kellerluft. Angeekelt verziehe ich das Gesicht, erwarte, dass er von dem Blut trinkt.
Stattdessen aber spritzt er sich das Blut mit den hohlen Händen ins Gesicht, badet es im Blut, als wäre es das frischeste, reinste Wasser. Blut klebt dem Blonden im Haar an den Schläfen. Blut tropft ihm vom Kinn. Er lächelt.
Der Blonde taucht die Hände noch einmal in die Schale. Dieses Mal reibt er sich mit dem roten Lebenssaft die Brust und die Schultern ein, badet im wortwörtlichen Sinne in Blut.
Oh Gott! Ich will mich abwenden, habe aber Angst, dass ich ohnmächtig werde oder mich übergeben muss in dem Moment, in dem ich den Kopf bewege. Meine Augenlider sind wie im offenen Zustand erstarrt, lassen sich nicht mehr schließen. Ich bin dazu verdammt, Zeuge dieses widerwärtigen Rituals zu werden.
Der Spitzbart mit der Schale schreitet den ganzen Kreis ab. Jeder der Ältesten wäscht sich mit Vampirblut. Ich überzeuge mich, dass Ned die Augen immer noch fest geschlossen hat. Mit zusammengebissenen Zähnen, so weh tut es, ziehe ich den verletzten Arm aus der Schlinge. So schnell und leise wie möglich hefte ich eine weitere Wanze in die Ecke des Verschlags. Die letzte Wanze verberge ich in der hohlen Hand, um sie bei Gelegenheit – noch heute Nacht, so hoffe ich – in Benjamins Arbeitszimmer anzubringen. Zum Schluss stecke ich den Arm zurück in die Schlinge und schaue
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