VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition)
Ned ab und packt mich am operierten Arm. Ich kann einen Schmerzenslaut gerade noch unterdrücken.
Schritte genau über unseren Köpfen. Schritte von vielen Menschen.
»Oh-oh!« Ned nimmt mir die Taschenlampe ab. »Lass uns den Hinterausgang nehmen!«
In einer dunklen Ecke führt eine Treppe mit nur wenigen Stufen zu einer für Keller typischen Stahltür. Ned wirft sich gegen das Türblatt, rüttelt an der Türklinke. Nichts passiert.
Ich zeige auf den Türrahmen. »Schau«, sage ich, »die Tür ist zugeschweißt. Können wir uns hier irgendwo verstecken?« Möglichst irgendwo, wo es dunkel ist, und ich gut eine der Wanzen platzieren kann.
»Hier lang!« Ned rennt zu einer Tür, genau gegenüber den Käfigen, die Zugang zu dem Verschlag unter der Treppe nach oben gewährt. Mit zitternden Fingern öffnet er die Tür.
In dem Verschlag befinden sich Ketten, Pflöcke, Kreuze, Messer und Eimer mit Weihwasser. Ich bin mittendrin im Herz der Vampir-Inquisition!
»Da ist nicht genug Platz! Da können wir uns nicht verstecken!« Ned steht kurz vor einer ausgewachsenen Panik.
»Ist das hier das Zeug, das die Ältesten für die Durchführung des Rituals brauchen?«
»Ich glaube ja.«
»Dann hol es aus dem Verschlag und breite es für sie auf dem Boden aus! Sie werden denken, du hättest Initiative gezeigt und ihnen die Vorbereitungen abgenommen.« Als Ned zögert, setze ich eins oben drauf: »Haben wir denn eine Wahl?«
»Nein, haben wir nicht.« Er händigt mir die Taschenlampe aus und macht sich ans Werk. Während ich ihm dabei zuschaue, wie er das Waffenarsenal gegen Vampire an der Wand entlang aufreiht, bemerke ich den großen weißen Kreis, der auf dem Boden aufgemalt ist. Zwölf rote Markierungen in Rautenform sind auf den Kreis gezeichnet wie Stundensymbole auf einer Uhr.
Ganz zum Schluss zieht Ned eine drei Meter lange Holzstange, doppelt so dick wie ein Fahnenmast, aus dem Verschlag. »Ich frage mich, wozu das Ding hier gut sein soll.«
Mit der Taschenlampe leuchte ich in die Mitte des weißen Kreises. »Um in das Loch da zu passen?«
Als Ned den Pfahl in dem Loch versenkt, passt dieser tatsächlich perfekt hinein. Genau in diesem Moment hören wir über uns, wie sich die Schritte in Richtung Kellertreppe bewegen.
Ned und ich machen, dass wir in den Verschlag kommen, hocken uns auf den Boden. Ned zieht die Tür hinter uns zu, und ich mache die Taschenlampe aus. Vollkommene Dunkelheit umfängt uns.
Aber nicht sehr lange. Winzige Lichtpunkte erscheinen, und ich kapiere, dass die Gipskartonwand des Verschlags entweder durch Alter und Feuchtigkeit löchrig geworden ist oder an verschiedenen Stellen in Augapfelgröße durchlöchert wurde. Mit einigem Abstand zu den Gucklöchern, damit ich nicht entdeckt werden kann, spähe ich durch sie hindurch auf das tanzende Licht zweier Fackeln. Die Fackeln werden von dem Ersten und dem Letzten in einer Prozession von dreizehn Männern getragen. Alle dreizehn sind barfuß und tragen knielange weiße Leinenroben, die um die Taille von einer Schärpe aus reinweißer Seide gehalten werden.
Alle bis auf einen. Ein hochgewachsener, muskulöser Mann mit hellem, kurz geschnittenem Haar bildet die Nachhut. Er trägt ebenso wie die anderen eine Leinenrobe, aber seine Seidenschärpe ist blutrot. Er wirkt, als sei er um die Dreißig, und verströmt eine düstere Aura, ganz wie ein sehr alter Vampir.
Benjamin, wie ich vermute. Er ist definitiv der Typ, den wir letzte Woche am Kreuz beobachtet und fotografiert haben. Benjamin nähert sich dem Pfahl in der Mitte des weißen Kreises. Selbst barfuß hat er einen Gang, als trüge er schwere Armeestiefel.
In ihrem Käfig starren Wallace und Jacob vor sich hin, völlig apathisch, die Augen ausdruckslos und tief in den Höhlen. Ich werfe einen Blick auf Ned, der die Szenerie durch sein eigenes Guckloch beobachtet. Er ringt die Hände derart heftig, dass ich fürchte, seine Knöchel könnten knacken und uns verraten.
Ein Mann mit dunklem Spitzbart öffnet den Käfig der Vampire. Zwei andere folgen ihm hinein. Sie ziehen Jacob das Hemd aus und reißen ihn hoch auf die Füße. Während der ganzen Prozedur streckt Spitzbart mit der einen Hand Jacob ein Kreuz entgegen. Mit der Fackel in der anderen fuchtelt er wild vor Wallace herum, der in seiner Ecke sitzt, um ihn dort zu stellen wie ein Stück Wild. Keine der Vorsichtsmaßnahmen scheint nötig. Die beiden Vampire sehen in etwa so gefährlich aus wie zwei Säcke Mehl.
Als Jacob aus dem
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