VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition)
Glanzreflexe in seine schulterlangen braunen Locken. »Eh, Mann, ich werd wohl langsam alt«, meint er. »Viecher können mich einfach nicht mehr riechen.«
Wenn Vampire alt werden, werden sie immer weniger menschlich und verhalten sich irgendwie … nun, verkehrt, verdreht, und das in dem Maße zunehmend, in dem ihre Menschlichkeit schwindet. Tiere spüren das und reagieren entsprechend auf sie.
»Kommt sonst noch wer?«, fragt David drei der vier Neuankömmlinge.
»Spencer ist noch dabei, Travis einen schnellen Schluck für zwischendurch zu organisieren.« Feindselig starrt Regina David an, als er Anstalten macht, ihr ihre Zigarette abzunehmen, um diese auszudrücken. »Monroe hält im Studio die Stellung.«
Derweil mustere ich die Outfits der drei vor mir stehenden Vampire. »Ich dachte, ihr wolltet euch verkleiden.«
»Sind wir doch!« Regina schmeißt sich in Pose: schwarzes Lederkleid, ebenholzschwarze Igelfrisur und silberbeschlagene Springerstiefel. »Ich gehe als Siouxsie von Siouxsie and the Banshees, Mann!«
»Aber du bist genauso angezogen wie immer.« Ich mustere Jims Lederhosen, das schwarze Oberhemd und den Nietengürtel. »Jim Morrison?« Als er nickt, drehe ich mich zu Shane um. »Hier zu raten ist wohl nicht nötig.« Abgesehen davon, dass Shane größer ist und dunklere Haare hat, ist mein Freund der wiederauferstandene Kurt Cobain.
Als Letzter kommt Noah die Treppe herauf. Nur unzureichend verbirgt die Häkelmütze aus roten, goldgelben und grünen Blockstreifen das Meisterwerk an Dreadlocks, das seinen Kopf ziert. »Du sagst jetzt sicher Bob Marley, ja«, kommt er mir zuvor. »Aber nur, weil dein Verständnis von Reggae so oberflächlich is’, ich könnt glatt heulen!«
»Eigentlich dachte ich mehr an Peter Tosh.«
»Oh!« Noah klopft mir auf die Schulter und lächelt. »Sehr gut!«
Franklin nimmt sich meinen Wettzettel und blickt die vier Vampire fragend an. »Habt ihr auf dem Weg hierher das große weiße Kreuz gesehen?«
»Lässt sich ja nich’ übersehn.« Mit einer Flasche Apfelsaft macht sich Noah auf in die Küche … als Rastafari lebt er abstinent, was Alkohol angeht (und künstlich aufbereitetes Blut). »Wir nehm’n dann wohl den länger’n Weg nach Haus.«
»Wir werden uns das Kreuz mal näher anschauen«, verkünde ich. »Wir wüssten nämlich gern, ob sich da der Umsetzer von FAN befindet, ihr versteht?«
Es herrscht Schweigen im Haus; nur das Radio plärrt noch vor sich hin.
»Wen meinst du mit ›wir‹?«, fragt Regina mich.
»Na, jetzt hör aber auf! Eine Bande von Chauvinisten hat es auf unseren Sender abgesehen, und wir sind nicht einmal einen halben Kilometer von einem riesigen Hinweisschild entfernt!«
Nervös fingert Regina an ihrem Lederarmband herum. »Aha, und du möchtest jetzt, dass wir ein bisschen Cagney und Lacey spielen?«
»Wahrscheinlich eher ein bisschen Scully und Mulder.« Shane legt mir den Arm um die Schultern. »Ich bin dabei.« Er grinst breit – ein bisschen zu breit für meinen Geschmack. Sein Arm auf meiner Schulter verrät Anspannung.
Ganz wie Franklin es beim Einkaufen schon gesagt hat: Halloween ist der Tag im Jahr, an dem wir alle es mit der Angst zu tun bekommen sollen. Und zwar nicht nur wir Menschen.
Shane, David, Jim und ich machen uns auf den Weg die dunkle Schotterpiste entlang bis zu unserem Ziel, dem Kreuz. Der Rest der feigen Bande ist im Haus geblieben. Franklin hat angeboten, in der Nähe des Telefons zu bleiben. Es könne ja sein, dass wir anrufen und ihn bitten werden, für uns Kaution zu stellen, nachdem man uns wegen unbefugten Betretens und Hausfriedensbruchs verhaftet hat.
Dabei habe ich jede Menge Kohle bar in der Tasche. Schließlich habe ich unsere Wette gewonnen. Kein Risiko. Ich weiß ja schließlich, mit wem ich es zu tun habe: Shane macht bei allem mit, worum ich ihn bitte; Jim ist so verwegen wie rücksichtslos, Noah dagegen die personifizierte Vorsicht; Regina verbirgt nur sehr unvollkommen die vampirtypische pathologische Angst vor religiösen Symbolen. Die beiden hätten sich unserer kleinen Expedition niemals angeschlossen.
Es ist Neumond. Hell schimmert das Kreuz vor dem mit unzähligen Sternen übersäten, nachtschwarzen Himmel. Ein Scheinwerfer am Fuß des christlichen Symbols taucht es alle dreißig Sekunden in ein anderes Licht: von Rot zu Weiß und dann zu Blau. Wenn mir davon nicht so schlecht würde, könnte ich mich über diese seltsam unheilige Lichtshow ausschütten vor Lachen. Ich
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