VAMPIRE SOULS - Böses Blut: Roman (German Edition)

Spur auf Auslandskonten stoße.«
    »Das heißt: Wer auch immer der Kapitalgeber ist, möchte unbedingt anonym bleiben. Und zwar nicht nur, weil er dem Gebot ›Lass deine Linke nicht wissen, was deine Rechte tut‹ folgt.«
    »Gebot? Was meinst du damit?«
    »Das mit der Rechten und der Linken ist ein Zitat. Es stammt aus dem Evangelium nach Matthäus. Wenn wir wohltätiges Zeugs tun, sollen wir darüber den Mund halten und nicht an jeder Straßenecke damit herumprahlen.«
    »Oder übers Radio.«
    »He, da! Mal halblang!« Ich verpasse ihm einen kameradschaftlichen Stoß mit dem Ellbogen. »Wo bleibt denn deine professionelle Objektivität als Zeitungsmann! Das Family Action Network ist alles, was zwischen dieser unserer großen Nation und den gottlosen Heiden steht, die unsere Kinder in schwule Eisbären verwandeln wollen!« Ich werfe einen Blick über die Schulter, um sicherzugehen, dass Travis außer Hörweite ist. Dann beuge ich mich zu Jeremy hinüber. »Du solltest bei deinen Recherchen dem Namen Sara ein bisschen Aufmerksamkeit gönnen.«
    »Wer ist das?«
    »Ich habe keine Ahnung.« Wenn ich Jeremy mehr Details nennen würde, bräche ich mein Versprechen Regina gegenüber, ihr Geheimnis zu wahren. »Aber das sollte zwischen uns bleiben.«
    Jeremy nickt. »Sara. Okay.«
    Das Folk-Duo gibt ein lautes Trinklied zum Besten, und der Lärm um uns herum setzt jedem Versuch, ein vernünftiges Gespräch zu führen, ein Ende.
    Vielleicht ist es ja tatsächlich am besten, wenn Jeremy Glaser sich in unserem Netz verfängt. Dann nämlich dürfte es uns um einiges leichter fallen, ihn im Auge zu behalten.

10
Tempted
    11. NOVEMBER
    David und ich statten dem riesigen Monsterkreuz einen Besuch ab. Wir wollen die Seriennummern des Umsetzers mit denen auf Travis’ Liste vergleichen. Morgennebel liegt über der von Bäumen umstandenen Lichtung. Die pulsierende Energie, die von dem Kreuz ausgeht, wird in dem gleichmäßigen Dröhnen wahrnehmbar, das ich zwar nicht höre, aber bis tief in den Bauch hinein spüre. Ich widerstehe dem Drang, nach Davids Hand zu greifen.
    Die Nummern stimmen überein. Damit haben wir den Beweis, dass sich Family Action Network zu einem Kreuzzug aufgerufen fühlt. Das Ziel: die Welt von Möchtegern-Vampiren zu befreien.
    Oder schlimmer noch: von echten Vampiren.
    12. NOVEMBER
    Ich bekomme meine Wirtschaftsethik-Klausur zur Semesterhalbzeit zurück: ein F+, durchgefallen. Dass
    meine Kenntnisse moralischer Grundsätze lückenhaft sind, ist jetzt auch in meinen Studienunterlagen aktenkundig.
    David versucht, das F+ wieder in die rechte Perspektive zu rücken, und zeigt mir am Nachthimmel das Genialste, was ich je gesehen habe. Ein instabiler Komet, der auf die Sonne zurast, ist auseinandergebrochen. Daher ist er am Himmel als verschwommener Fleck sichtbar, der mit jeder Nacht größer wird.
    Ich ignoriere, dass mein Puls ansteigt. Es passiert, als David seine Hand über meine legt, um den Feldstecher genauer auf das Himmelsphänomen auszurichten, und mir dabei den anderen Arm um die Schultern legt. Sicher will er mir nur mehr Standfestigkeit für meine Beobachtung verschaffen. Und sicher bin ich nur aufgeregt wegen des Kometen.
    16. NOVEMBER
    Mein Traum hält sich nicht mit dem Vorspiel auf. Er springt sofort zu der Szene, wo David und ich in seinem Bett liegen. Nackte Körper schmiegen sich aneinander, nass von Schweiß. Wir küssen und streicheln uns, haben unsere Hände überall.
    David dringt in mich ein, und wir seufzen beide auf, als hätten wir endlich das Ende einer langen, anstrengenden Reise erreicht. Unsere Körper bewegen sich im Rhythmus der Liebe, bäumen sich einander entgegen, verschmelzen. David hält mich eng umfasst. Er scheint zu fürchten, ich könnte ihm entgleiten. Aber ich habe nicht die Absicht, ihn zu verlassen, obwohl ich spüre, dass ich eigentlich woanders sein sollte.
    Plötzlich erscheint Shanes Gesicht über Davids Schulter. Ich erstarre. Schlagartig wird mir klar, wer ich bin und wohin ich gehöre.
    Da lächelt Shane und entblößt Fangzähne, die doppelt so lang sind wie die, die ich von ihm kenne. Sie schimmern in purem Silber, das Silber, in das Mondlicht Schnee verwandelt. Shane zieht sein T-Shirt aus, verschwindet dann aber aus meinem Blickfeld.
    David hat die Störung gar nicht wahrgenommen, hat Shane nicht bemerkt. Davids Augen sind geschlossen, die Lider flattern und leise sagt er meinen Namen. Meinen Namen, nicht Elizabeths.
    Shane ist wieder da, ist jetzt