Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vampirgeflüster

Vampirgeflüster

Titel: Vampirgeflüster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlaine Harris
Vom Netzwerk:
des Fangtasia verband mich leider eine unselige Vergangenheit.
    An den Tischen um die Bar herum saßen einige Vampire, verstreut zwischen glotzenden Touristen, verkleideten Möchtegern-Vampiren und Menschen, die geschäftlich mit Vampiren zu tun hatten. Drüben in dem kleinen Souvenir-Shop verkaufte einer der Vampire, die wegen Hurrikan Katrina aus New Orleans geflohen waren, zwei kichernden Mädchen ein T-Shirt mit Fangtasia-Aufdruck.
    Thalia, bleicher als gebleichte Baumwolle und mit einem Profil wie von einer antiken Münze, saß allein an einem kleinen Tisch. Aber Thalia war natürlich wie immer umlagert von ihren Fans, die ihr sogar eine eigene Webseite gewidmet hatten, obwohl es Thalia nicht geschert hätte, wenn sie allesamt in Flammen aufgegangen wären. Als ich hinübersah, kniete eben ein betrunkener Soldat vom Luftwaffenstützpunkt in Barksdale vor ihr nieder, doch als Thalia ihren dunklen Blick auf ihn richtete, blieb ihm seine wohlvorbereitete Rede in der Kehle stecken. Der schneidige junge Mann wurde selbst leichenblass und wich zurück vor der Vampirin, die nur halb so groß war wie er. Und obwohl seine Freunde johlten, als er an seinen Tisch zurückkehrte, wusste ich, dass er sich ihr kein zweites Mal nähern würde.
    Nach diesem kleinen Einblick ins Barleben war ich froh, an Erics Bürotür klopfen zu können. Ich hörte von drinnen seine Stimme, die mich hereinrief. Also trat ich ein und schloss die Tür hinter mir. »Hi Eric«, brachte ich heraus, ehe ich beinahe verstummte von der Woge des Glücks, die mich bei seinem Anblick stets durchflutete. Sein langes, blondes Haar war heute Abend zu einem Zopf geflochten, und er trug seine Lieblingskombi, Jeans und T-Shirt. Er hatte sich diesmal für ein hellgrünes T-Shirt entschieden, was ihn bleicher denn je erscheinen ließ.
    Diese Woge des Glücks hatte übrigens nicht unbedingt mit Erics prachtvollem Äußeren zu tun oder damit, dass wir beide schon mal Körperflüssigkeiten ausgetauscht hatten. Dafür waren diese Blutsbande verantwortlich. Vermutlich. Ich musste jedenfalls bewusst gegen das Gefühl ankämpfen. So viel war sicher.
    Victor Madden, der Repräsentant des neuen Königs Felipe de Castro, erhob sich und neigte seinen schwarzgelockten Kopf. Victor war klein und kompakt, aber immer ausgesucht höflich und hervorragend gekleidet. Heute Abend wirkte er besonders prachtvoll in seinem olivfarbenen Anzug mit braun gestreifter Krawatte. Ich lächelte ihn an und wollte ihm gerade sagen, dass ich mich freute, ihn wiederzusehen, als ich Erics erwartungsvollen Blick auf mir ruhen spürte. Ach ja, richtig.
    Ich streifte meinen Mantel ab und zog das Samtbündel aus meiner Handtasche. Handtasche und Mantel ließ ich auf einen leeren Stuhl fallen, und darin schritt ich, das Bündel mit beiden Händen vor mir hertragend, auf Erics Schreibtisch zu. Mehr war aus diesem Augenblick nun wirklich nicht herauszuholen, fand ich. Okay, vielleicht noch auf die Knie fallen und vor ihm auf dem Boden rutschen - was ich tun würde, sobald die Hölle zufror.
    Ich legte das Bündel vor ihm ab, neigte den Kopf auf eine, wie ich hoffte, feierliche Art und setzte mich auf den anderen Besucherstuhl.
    »Was bringt unsere goldblonde Freundin Ihnen denn da, Eric?«, fragte Victor in dem gut gelaunten Tonfall, den er meistens anschlug. Vielleicht hatte er ja tatsächlich so ein sonniges Naturell, aber vielleicht hatte ihm auch nur seine Mutter beigebracht (vor ein paar Jahrhunderten), dass man mit Honig mehr Fliegen fängt als mit Essig.
    Mit einem gewissen Sinn fürs Theatralische löste Eric die Goldkordel und wickelte schweigend den Samt auf. Und da lag dann, auf dem dunklen Stoff wie ein Edelstein funkelnd, der Zeremoniendolch vor uns, den ich zuletzt in Rhodes gesehen hatte. Eric hatte ihn benutzt, um die Trauung der beiden Vampirkönige zu vollziehen, und später dann, um sich selbst die Haut aufzuritzen und mir Blut zu geben, nachdem ich ihm meines gegeben hatte: der letzte Austausch, mit dem (aus meiner Sicht) alle Schwierigkeiten begannen. Jetzt hob Eric den glänzenden Dolch an die Lippen und küsste ihn.
    Als Victor den Dolch erkannte, wich jedes Lächeln aus seinem Gesicht. Eric und er sahen einander unverwandt an.
    »Sehr interessant«, bemerkte Victor schließlich.
    Und mich überkam wieder einmal dieses Gefühl, als würde ich ertrinken, ohne zu wissen, was überhaupt in dem Pool war. Ich wollte etwas sagen, spürte jedoch, wie Erics Wille mich mit größtem

Weitere Kostenlose Bücher