Vampirjaegerin inkognito
“
Widerwillig riss ich meinen Blick von der Tür los und richtete ihn auf Christopher. Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich ihn am liebsten nie wieder angesehen. Aber wenn ich ihn überwältigen wollte, um an ihm vorbeizukommen, hatte ich keine andere Wahl.
„ Du denkst nicht gerade wirklich darüber nach, mich anzugreifen, oder? “
Ich verzog keine Miene. Damals hatte er mit seinen Fähigkeiten besser umgehen können als ich. Doch das bedeutete nicht, dass es heute noch immer so war.
„ Das solltest du wirklich noch mal überdenken. “
Ich konzentrierte meine Macht und schleuderte sie gegen Christopher. S ie traf ihn nicht. Er hatte mit seiner eigenen Macht eine Barriere geschaffen, an der mein Angriff abprallte. Die Energiewelle wurde aus ihrer Bahn gelenkt und traf die graue Wand. Ein paar B röckel rieselten zu Boden.
„ Verdammt noch mal, Amelie! “ , rief Christopher.
Ich konzentrierte mich bereits für den nächsten Angriff.
Da packte mich Christopher plötzlich bei den Schultern .
Meine Aufmerksamkeit richtete sich automatisch auf ihn. Meine Konzentration war gebrochen .
„ Ich will dir helfen! “ Er ließ mich so abrupt los, dass ich rückwärts taumelte.
„ Wie bitte? “
„ Bist du nun auch noch schwerhörig? Ich will dir helfen. Dich hier rausholen. Ich bin auf deiner Seite! “
Mein Mund klappte auf.
„Glaub mir!“
Ich brachte ein zittriges Lachen zustande. „Aber sicher.“
„Bitte.“ Er sah mir fest in die Augen.
Ich wandte den Blick ab. Dann sah ich Christopher wieder in die Augen . Sagte er die Wahrheit? Oder log er? Spielte er mit mir? Ich hatte keine Ahnung.
„ Aber ich! “ , mischte sich Sassa ein. „ Der Kerl lügt doch wie gedruckt! “
Tat er das? Wahrscheinlich. Aber warum sollte er? Ich konnte nicht s dagegen tun: Christophers Worte weckten etwas in mir . Eine Hoffnung, von der ich selbst nicht mehr geglaubt hatte, dass sie noch existierte. Die Hoffnung, dass er für alles eine akzeptable Er klärung hatte. Die Hoffnung, dass ich ihm verzeihen k ö nnte und alles wieder gut werden würde.
„ Bitte “ , wiederholte er . „ Ich sage die Wahrheit. “
„ Und vorhin hast du gelogen? “
„ Natürlich habe ich vorhin gelogen! Und ich habe es nicht gern getan, wirklich. Aber sie beobachten mich. Sie trauen mir nicht, obwohl ich ihnen seit zwei Jahren den treuen Handlanger vorspiele. Dieses Zimmer ist verwanzt, vielleicht gibt es sogar Kameras. Deshalb müssen wir uns beeilen: Momentan sind sie so beschäftigt mit Lucian, dass ich ihnen völlig egal bin. “ Er packte mich am Arm.
Ich schüttelte ihn ab. „ Was soll das werden? “
„ Wir müssen hier raus! Hast du eine Ahnung, was hier bald los sein wird? Wir müssen uns in Sicherheit bringen! “
„ Ich gehe mit dir nirgendwohin! “ , spie ich ihm entgegen. „ Hältst du mich für so naiv? Wer weiß, was du im Schilde führst! “
Christopher seufzte verzweifelt. Er warf einen Blick auf sein Handgelenk, wo eine orangefarbene Armbanduhr prangte. „ In Ordnung. Zehn Minuten dürften wir haben. “
„Wofür?“
„Für eine Erklärung, was denn sonst! Um dir all deine Fragen zu beantworten! “ Aus Christophers Gesicht sprach die pure Verzweiflung. Aber ich traute ihm zu, dass auch das gespielt war.
„Ich will deine Erklärung nicht. Ich will hier raus.“ Abermals sammelte ich meine Energie.
D a spürte ich plötzlich, wie Christopher nach meiner Hand griff. Er umfing sie mit seiner und drückte sie sanft. „Amelie“, flüsterte er. „Du hast jeden Grund der Welt, mir zu misstrauen. Aber alles, was ich will, sind zehn Minuten, um es dir zu erklären. Das bin ich dir schuldig, meinst du nicht?“
„Du bist mir eine ganze Menge schuldig!“, schrie ich ihn an und entriss ihm meine Hand. Unschlüssig starrte ich ihn an.
„Zehn Minuten“, flehte er.
Ich schluckte. Und egal, wie sehr ich mir einredete, dass Christopher gerade schon wieder schauspielerte: Diese dämliche Hoffnung ließ sich nicht auslöschen. „Zehn Minuten.“ Ich verschränkte die Arme vor der Brust und wich mehrere Schritte zurück. Ich wollte nicht das Risiko eingehen, von ihm angegriffen zu werden, wenn ich am wenigsten damit rechnete. „ Was ist mit unseren Eltern? “ , stellte ich die erste Frage.
„ Gelogen. Es waren keine Vampire, sondern tatsächlich ein Autounfall. “
„ Warum bist du dann hier, beim Bund? “
„ Rache. “
„ Rache an wem? “
„ Am Bund, was sonst? “ Christopher
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