Vampirjaegerin inkognito
Seltsamerweise hatte beinahe jeder davon mit einem gewissen Vampir zu tun.
Noch heute Nacht, hatte Chris gesagt. Wies spät war es? War Lucian schon überfällig?
„ Amelie ? “ , fragte Sassas Stimme plötzlich vorsichtig.
Erst jetzt registrierte ich, dass der kleine Dämon gar nicht mehr neben mir auf der Pritsche saß.
„ W as ist? “ Unwill ig richtete ich mich auf und suchte mit den Augen nach dem Fellknäuel . Ich entdeckte es mitten im Raum, eines der kleinen Ärmchen zur hinteren Wand hin ausgestreckt. Sein Finger zeigte stumm auf das Fenster. Ich musste zweimal hinsehen, um zu verstehen, was da passierte. Der graue Rollladen, der das Fens ter von außen verschloss , war dabei , sich zu heben. Stückchen für Stückchen gab er den Blick nach draußen frei.
Langsam erhob ich mich von der Pritsche und näherte mich dem Fenster. Wider Erwarten konnte ich nicht die Dunkelheit der Nacht sehen, nicht den Mond und die Sterne. Dies war kein Fenster nach drauß en.
Mein Körper wurde taub , als meine Augen die Situation auf der anderen Seite der Scheibe aufnahmen. Ganz von allein trugen mich meine Beine zum Fenster. Meine Hände pressten sich gegen das Glas .
Unter mir erstreckte sich ein großer, hoher Saal, in dem an die hundert uniformierte Bundmitglieder Stellung bezogen hatten. Sie standen in zwei Blö cke geteilt; die eine Hälfte links, die andere rechts . In der Mitte hatten sie einen Gang frei gelassen, der von der Eingangstür bis zur Wand am anderen Ende des Saales führte . Dort, gegenüber der Tür, standen etwa zehn Personen. Es musste sich um die noch lebenden Führungspersonen handeln, denn ich erkannte die Gesichter von Bettina und Philippe. Auch Chris stand bei ihnen, vielleicht eine Art Ehrenplatz. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie i hn allen Ernstes zu einer Führungspersönlichkeit ernannt hatten. Schon gar nicht innerhalb von zwei Jahre n .
Wie auf ein geheimes Zeichen hin, starrten plötzlich alle Anwesenden im Saal zur Tür hin. Ich wusste, was passieren würde, noch bevor es stattfand. Die riesige Tür schwang auf und eine einzelne Gestalt trat hindurch . Erhobenen Hauptes schritt sie den Gang entlang, mitten durch die hundert Bundmitglieder hindurch. Es war Lucian.
Kapitel 11
Er war gekommen.
Ich wusste nicht, wie lange ich dastand, hinunter starrte und zu keinem anderen Geda nken fähig war. Er war tatsächlich gekommen um mich zu retten.
Obwohl er allein inmitten der hundert uniformierten Bund mitglieder stand, war er eindeutig der Mittelpunkt des Raumes. Es war die Art, wie er dastand; die Art, wie seine Augen herausfordernd in die Runde blitzten.
Eine Person löste sich aus der Führungsgruppe. Es war Chris topher. Er ging auf Lucian zu. A us seinen Blicken sprühte der blanke Hass. F ür Lucian schien er unter seiner Würde zu sein. Er bedachte den anderen Mann nicht eines einzigen Blickes .
Meine Hände pressten sich noch fester gegen das Glas, als Chris topher Lucian immer näher kam.
Dann ging der Zauberer einfach an dem Vampir vorüber . Er schritt den Gang entlang und verließ den Saal.
Ich hatte keine Zeit, mir Gedanken darüber zu machen, was Chris vorhatte. Kaum hatte er den Saal verlassen, hob Bettina eine Hand. Sie schien etwas zu rufen, woraufhin die Bundmitglieder ihre Positionen verließen. Sie begannen, Lucian einzukreisen.
Meine Hände ballten sich , so dass meine Nägel über das Glas kratzten. Lucian hob den Kopf. Er drehte sich um und sah zu mir hoch. Unsere Blicke trafen sich . Ein leises Lächeln umspielte seine Lippen . Dann wandte er sich dem Kreis aus Bundmitgliedern zu , der sich enger und enger um ihn zog.
Das konnte er unmöglich schaffen. Ein einziger V ampir gegen fast hu n dert Menschen mit Schusswaffen.
Ich wandte mich um und stürzte zur Zimmertür . Ich musste hier raus! Mit aller Kraft rüttelte ich am Türgriff.
„ Ja, das wird helfen. Fabelhafte Idee, Amelie ! “ , kommentierte Sassa .
Ich trat mit Schwung gegen die Tür. Nichts. Ich nahm noch mehr Anlauf, als die Tür plötzlich von außen aufgerissen wurde .
Ich konnte gerade noch abbremsen, bevor ich über Christopher drüber fiel . Erschrocken sprang ich einige Schritte zurück.
Mit ernstem Gesicht trat Christopher ein und schloss die Tür hinter sich.
Ich spürte, wie er mich anstarrte. Doch mein Blick ruhte auf der Tür hinter ihm. Er hatte sie nicht von innen verschlossen. Wenn ich an ihm vorbeikäme , wäre ich so gut wie draußen.
„ Amelie.
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