Vampirjagd: Roman (German Edition)
Bauchwunde ihrer Schwester gierig, beinahe sogar genussvoll schluckte und sich sogar noch die Lippen bis zu Kinn und Nase ableckte.
Im nächsten Moment durchfuhr es sie wie ein Schlag. Ihr war, als zerspringe in ihr eine Hülle und gäbe einen Teil von ihr frei, der bis jetzt geschlafen hatte. Sie stemmte sich hoch und starrte in die Flammen, die sie umzüngelten. Es roch nach versengtem Fleisch und geschmolzenen Haaren, und sie begriff, dass sie schnellstens das brennende Haus verlassen musste, wenn sie nicht darin umkommen wollte. Sie schob den Körper über ihr beiseite und sprang auf.
»Nicht ohne Stephanie!«, hörte sie sich selbst rufen.
Schnell bückte sie sich, packte ihre Schwester und schleifte sie in Richtung Tür. Diese war nur angelehnt und schwang auf, als sie dagegenstieß.
Vanessa taumelte aus der feurigen Hölle und zerrte ihre Schwester hinter sich her. Kaum aber war sie den Flammen und der sengenden Hitze entkommen, verließen sie die Kräfte, und sie brach in dem verschilften Auwald zusammen.
4
Als Vanessa erwachte, war es heller Tag. Sie hörte Vögel singen und vernahm das stampfende Geräusch eines Schubverbands, der die Donau aufwärtsfuhr. Verwundert stemmte sie sich auf die Ellbogen und starrte verblüfft auf ihren linken Arm. In der Nacht waren Unterarm und Hand teilweise so verbrannt gewesen, dass sie an einer Stelle sogar ihre Knochen hatte sehen können. Nun aber waren Haut und Muskeln scheinbar unversehrt, und nur noch eine leicht rötliche Färbung der Haut verriet, dass sie verletzt gewesen war.
Die großflächigen Brandwunden am rechten Unterarm waren ähnlich gut verheilt, das Gleiche galt auch für die Beine. Als sie ihr Gesicht abtastete, fühlte sie gesunde, allerdings noch sehr empfindliche Haut unter den Fingerspitzen. Das Eigenartigste war, dass ihr Haar noch dicht und schulterlang war, obwohl sie halb im Feuer gelegen hatte.
Verwirrt schüttelte sie den Kopf. Das konnte nicht sein! Nie und nimmer! Hatte sie die Schrecken der Nacht nur geträumt? Diese Hoffnung zerstob sofort, als sie das Schilf sah, das sie umgab.
»Stephanie!« Vanessa sprang auf und blickte sich um.
Ihre Schwester lag ein paar Meter von ihr entfernt in einem Gebüsch. Aber die Hoffnung, sie könnte noch am Leben sein, verflog angesichts der klaffenden Wunde in ihrem Bauch und des zum größten Teil verkohlten Körpers. Aus dem Gesicht grinsten sie die Schädelknochen an, und von einem Bein und einem Arm waren nur noch Stümpfe übrig.
Minutenlang stand Vanessa neben dem Leichnam der Schwester und weinte. Dann drang die Frage in ihre Trauer, weshalb sie selbst überlebt hatte. Auch sie musste schwer verletzt und verstümmelt gewesen sein. Dennoch war sie nicht nur aus der brennenden Hütte entkommen, sondern fand sich völlig wiederhergestellt – und das innerhalb weniger Stunden. Dabei brauchten Brandverletzungen lange Zeit, um zu heilen, und es blieben hässliche Narben zurück. Doch ihr Körper war, soweit sie es feststellen konnte, überall mit zumeist noch dünner, rosiger Haut bedeckt.
Vanessa rieb sich über die Stirn und versuchte, ihre wirbelnden Gedanken zu ordnen. Sie brauchte eine vernünftige Erklärung, wenn sie nicht wahnsinnig werden wollte. Wahrscheinlich hatte sie Fieber, lag zu Hause im Bett und durchlebte einen fürchterlichen Albtraum. Das war die einzig logische Erklärung.
»Wach auf, Vanessa!«, befahl sie sich.
Doch ihre Umgebung änderte sich nicht. Vor ihr lag noch immer der tote Körper ihrer Schwester, an dem all die Verletzungen zu sehen waren, die sie ebenfalls hätte aufweisen müssen, wenn die Geschehnisse in der Nacht tatsächlich wahr gewesen waren.
Plötzlich klangen in ihrer Nähe Stimmen auf, und sie ging ein paar Schritte darauf zu. Dabei fiel ihr ein, dass sie vollkommen nackt war, und sie wollte sich erneut einreden, dass es nur ein Traum sein konnte. Trotzdem verbarg sie sich hinter dichtem Gebüsch und starrte auf die Lichtung, auf der am Vortag noch die Hütte gestanden hatte, in die sie verschleppt worden war. Nun war da nicht mehr als ein schwarzer Fleck zu sehen und in der Mitte ein verkohlter Haufen, unter dem der Leichnam ihres Mannes liegen musste.
Zwei Männer in blauen Arbeitshosen und mit vom Schweiß verfärbten Strohhüten betrachteten gerade die Überreste des Hauses.
»Das waren wahrscheinlich die Burschen, die schon öfter da gefeiert haben. Wie es aussieht, haben sie im Suff die Hütte angezündet und sich dann verdrückt«, sagte
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