Vampirjagd: Roman (German Edition)
Urban seine Dienste anbot, erhielt er den Auftrag, sich um die geheimen Blutvorräte der beiden Modemacherinnen zu kümmern und diese in sein Haus zu schaffen.
»Warte aber, bis wir mitkommen können. Wir wollen doch nicht, dass unser Feind dir auflauert und dich als Nächsten foltert und umbringt«, sagte Daniela, die für Urbans Gefühl bereits wieder zu übermütig wurde.
6
An diesem Tag tat Stela sich schwer, auf dem Stephansplatz zu betteln. Dafür war das, was sie in der Nacht gefühlt hatte, zu schrecklich gewesen. Jemand war auf scheußliche Weise ums Leben gekommen, und das Schlimmste für sie war, dass jener Mensch zu der winzigen Schar derer gehört hatte, die über besondere Kräfte verfügten.
Stela hatte immer noch die Warnungen ihrer Mutter im Kopf, dass die normalen Menschen Jagd auf sie machen würden, sobald sie von ihrer Fähigkeit erfuhren. Nun spürte sie, wie die Angst nach ihrem Herzen griff, und das gleich doppelt, denn der Tod eines verwandten Wesens hatte ihre eigenen Instinkte angeregt. Spätestens dann, wenn der Mond wieder höher am Himmel stand, würde sie sich erneut in jenes Tierwesen verwandeln, obwohl die Vollmondnacht noch nicht lange zurücklag.
Ihre Mutter hatte diese Fähigkeit einen Fluch genannt und darüber geklagt, dass sie beide damit geschlagen waren. Wenn ich wenigstens zu Hause wäre, seufzte Stela. Dort kannte sie genug Verstecke, in denen niemand sie aufstöbern konnte. Doch diese Stadt war ihr noch allzu fremd.
Plötzlich wusste sie, wo sie die Nacht verbringen konnte. Sie würde, wenn sie sich verwandelt hatte, einfach zu Daniela laufen, als sei sie ein streunendes Hündchen. Bei ihr war sie sicher. Sie musste nur am nächsten Morgen rasch genug verschwinden, bevor ihre Freundin begriff, was sie wirklich war.
7
Vanessa kannte die Welt um sich herum und auch sich selbst nicht mehr. Es war schon unheimlich gewesen, wie sie Verletzungen hatte überstehen können, an denen jeder andere Mensch innerhalb weniger Minuten gestorben wäre. Ebenso wenig verstand sie, weshalb ihr Geruchssinn und ihr Hörvermögen weitaus besser waren als früher und sie selbst auf zehn Meter Entfernung noch die Beine einer Fliege zählen konnte.
Wie ihre Sinne hatte sich auch ihr gesamter Körper verändert. Sie war stärker und schneller als je zuvor. Das war ihr bewusst geworden, als sie einen alten Spaten in einem Schuppen in der Nähe einer Anlegestelle gefunden und Stephanies und ein Stück von ihr entfernt auch Bernis Überreste begraben hatte. Es tat ihr leid, dass die beiden ihre letzte Ruhe nicht auf einem Friedhof finden konnten, doch sie hoffte, dass sie hier in den Donau-Auen wenigstens ungestört blieben. Sie blickte auf die flachen Hügel, die sie mit den ausgestochenen Rasenstücken bedeckt hatte, und prägte sich die Stelle genau ein. Auch wenn die Erlen, die um die Gräber wuchsen, vom Sturm geknickt oder von Menschen gefällt wurden, würde sie diesen Ort jederzeit wiederfinden.
»Leb wohl, Stephanie, und verzeih mir! Ich wollte wirklich nur das Beste für dich.« Ich hätte Berni niemals heiraten dürfen, setzte sie still für sich hinzu. Es tat ihr weh, an die Schwester zu denken, und sie spürte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Gleichzeitig wuchs ihr Hass auf jene, die dieses sinnlose Verbrechen begangen hatten.
War es vielleicht ein Zeichen des Himmels, dass sie überlebt hatte? Immerhin war sie kein normaler Mensch mehr, sondern etwas, das es eigentlich gar nicht geben durfte.
Vanessa atmete tief durch und entblößte die Zähne. Von einem der Schurken kannte sie den gesamten Namen, nämlich Ferdinand Rubanter junior. Von den anderen hatte sie nur die Vornamen gehört. Die Kerle hießen Erwin, Jonny, Rainer, Toni und Florian. Bei den drei ersten hatte sie sogar einen weiteren Anhaltspunkt, denn die hatten in Sonnberg eingesessen. Wenn es ihr gelang, an die Daten der Justizanstalt zu gelangen …
Mit einem zischenden Laut brach sie den Gedankengang ab, denn derzeit hatte sie andere Sorgen. Immerhin lief sie hier wie eine hartnäckige FKK-Anhängerin herum, und ihr Wohnungsschlüssel, den sie in der Asche gefunden hatte, war durch das Feuer unbrauchbar geworden. Zwar hatte sie einen Zweitschlüssel bei einer Nachbarin deponiert, doch sie konnte nicht einfach zu dieser gehen und ihn holen. Wie sollte sie dieser Frau das Verschwinden ihres Mannes und ihrer Schwester erklären? Und was war, wenn die Behörden sie nach den beiden fragten?
Vanessa hatte
Weitere Kostenlose Bücher