Vampirwelt
richtig?«
»Weiß ich nicht. Ich habe dir nur einen Rat geben können, nicht mehr und nicht weniger.«
»Aber du wärst für Sinclair.«
»Auf jeden Fall.«
Tommy atmete stöhnend.
»Und du meinst nicht, daß ich mich vor diesem Typ lächerlich mache?«
»Überhaupt nicht. Ich werde ja zuvor mit ihm reden und ihm schon das Richtige sagen.«
Tommy war wieder unsicher geworden. Schließlich hob er die Schultern.
»Was heißt das?« fragte Pulger.
»Mach einfach das, was du für richtig hältst. Ich werde mich raushalten. Ist das okay?«
»Nein.«
»Sondern?«
Pulger stand auf. »Okay«, sagte er, »manche Menschen muß man eben zu ihrem Glück zwingen.«
»Und du meinst, daß ich zu dieser Gruppe gehöre?«
»Bestimmt.«
»Dann gibst du ihm Bescheid?«
»Ja.«
»Wann wird er hier sein?«
Der Regisseur hob die Schultern. »Das kann ich dir nicht sagen. Ich denke, daß er, falls er sich in London aufhält, wohl morgen mit dir sprechen wird.«
»Gut, tu, was du nicht lassen kannst.«
»Und laß es dir gutgehen«, sagte Pulger, bevor er sich zur Tür wandte und gehen wollte. Fast wäre ihm die Tür noch gegen den Kopf gestoßen, denn beide Männer hatten das Klopfen überhört.
Die Krankenschwester betrat das Zimmer. Es war eine zierliche Chinesin, aber ihre Stimme klang wie die einer strengen Internatsleiterin. Sie sprach auch ein akzentfreies Englisch. Sofort fuhr sie Pulger an, während sie zu ihm hochschaute wie zu einem Turm: »Was tun Sie denn hier, Mister?«
»Ich habe nur einen Krankenbesuch gemacht.«
Sie funkelte ihn an. »Das sehe ich. Zu unseren Patienten gehören Sie nicht. Beim nächstenmal melden Sie sich an.«
»Sehr wohl, Madam, immer zu Diensten. Tschau, Tommy, und laß dich nicht unterkriegen.«
»Keine Sorge, ich weiß mich zu wehren.«
»Aber nicht gegen mich«, erklärte die Krankenschwester, die auf das Bett zueilte und mit sicherem Griff die Flasche Whisky konfiszierte, ohne auf Tommys bedauernden Blick zu achten. »Die werden Sie geschlossen zurückbekommen, wenn Sie das Krankenhaus verlassen.«
»Hoffentlich.«
»Hier ist noch nichts weggekommen, Mister Hayer«, entgegnete die Schwester, bevor sie damit begann, die Apparate zu kontrollieren.
Tommy Hayer ergab sich in sein Schicksal. Was blieb ihm auch anderes übrig?
***
Dämmerung, der die Nacht folgte. Eine grauschwarze Finsternis legte sich wie ein gewaltiger Schattenkelch über die Stadt und trieb die Wärme des Tages in das Reich des Vergessens. Nicht alle Menschen fanden in dieser Nacht Schlaf, es gab viele, die sich ruhe- und rastlos in ihren Betten wälzten und einfach keinen Schlaf mehr finden konnten. Es mochte auch am Wetter liegen, denn die Hitze war von einer dumpfen Schwüle abgelöst worden. Ein Gewitter lag in der Luft. Noch aber zuckte kein Blitz über den Himmel, und auch in der Ferne war kein grollender Donner zu hören.
Das Leben pulsierte nur in bestimmten Stadtteilen, in den Kneipen, Bars und Shops.
Nicht im Krankenhaus, das ebenfalls unter einer bleiernen Stille lag. Sie drückte, sie war so, als würde die Nacht den Atem anhalten, um ihn später um so stärker wieder auszupusten.
Auch Tommy fand keinen Schlaf.
Zu viele Gedanken huschten durch seinen Kopf, und er dachte auch daran, daß er an diesem Abend noch Glück gehabt hatte.
Nachdem die Schwester alles kontrolliert hatte, war der Oberarzt erschienen. Auch er hatte nachgeschaut und sich zufrieden gezeigt, was gewisse Ergebnisse anging. Jedenfalls waren die Apparaturen ausgeschaltet worden, und selbst am Tropf hing er nicht mehr. Tommy hatte den Weißkittel nach dem Datum seiner Entlassung gefragt und nur ein Schulterheben geerntet. Dann hatte der Arzt etwas von einer Abschlußuntersuchung gemurmelt, die ein Spezialist durchführen sollte, der extra aus Glasgow anreisen würde.
»Aber ich muß wieder zum Sender.«
»Sie müssen gar nichts«, hatte der Arzt geantwortet und war gegangen.
»Doch, ich muß sterben. Irgendwann und hoffentlich nicht so schnell«, hatte Tommy noch gemurmelt, bevor man ihn allein ließ. Allein und schlaflos. Das wiederum ärgerte ihn, und es ärgerte ihn auch, im Bett zu bleiben. Er wollte nicht, er fühlte sich nicht nur gut, sondern gesund, und er würde die ersten Schritte wagen.
Einige Minuten wartete er noch ab, bis er sich hinsetzte. Langsam, vorsichtig, immer auf seinen Kopf achtend, ob dort irgendwelche Schmerzen zurückkehrten, doch er spürte nichts, abgesehen von einer leichten
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