Vampirwelt
hackten die beiden nadelspitzen Zähne zu.
Mit einer spielerisch anmutenden Leichtigkeit drangen sie durch die Haut und erwischten genau ihr Ziel. Es war die Ader!
Den Schmerz spürte er nur für einen winzigen Augenblick, um so mehr den Ruck, mit dem ihn Assunga nach hinten warf und gegen den er sich auch nicht wehren konnte. So blieb er dann in ihrem Griff hängen, das umgekehrte Bild eines Films, denn dort holte sich normalerweise der Vampir sein weibliches Opfer.
Etwas glitt aus seinem Körper hervor. Er war noch voll bei Sinnen, Tommy bekam es auch mit, dieses Herausgleiten, doch er konnte nicht sagen, was es war. Möglicherweise sein Leben, seine Seele, dasjenige, das bisher sein Menschsein ausgemacht hatte.
Er bekam es nicht mehr zurück, es war weg, einfach weg.
Hinausgeglitten und hineingetrieben in eine Welt, aus der es kein Zurück mehr gab. Einfach nicht mehr…
Seine Gedanken brachen ab. Das Gehirn konnte sie nicht mehr klar formulieren. Aus irgendeiner Tiefe trieb der Schwamm herbei und überdeckte alles.
Er verlor den Boden unter den Füßen. Er sah plötzlich Farben und hörte die Geräusche nahe an seinem Ohr überdeutlich. Schmatzen und Schlürfen, begleitet von einem tiefen Knurren, das in der Kehle der Frau seinen Ursprung hatte und zusammen mit den anderen Geräuschen anzeigte, wie gut es ihr ging.
Sie brauchte Blut, sie hatte das Blut bekommen. Und sie würde sich daran sättigen.
Ihren Mund hatte sie dicht gegen die Haut gepreßt. Er war weit aufgerissen, da ihr kein Tropfen Blut verlorengehen sollte.
Tommy Hayer hatte mittlerweile die Finsternis erreicht. Er befand sich in einem Zustand, den man normalerweise seinem schlimmsten Feind nicht wünscht.
Er war nicht tot, er lebte auch nicht.
Er war zu einem Untoten geworden, zu einem Geschöpf der Nacht, für das es kein Licht mehr gab.
Assunga aber schloß den Mantel.
Sie floh mit ihm in ihr Zimmer…
***
Auf seiner Stirn glühte das große D wie mit Blut gezeichnet. Eigentlich hätte die Haut dafür aufgeritzt werden müssen, aber das war bei Mallmann nicht der Fall.
Ich wußte es genau, ich kannte ihn zu gut, dieser Buchstabe zeigte nur an, zu wem er sich hingezogen fühlte.
Ich stand in der Tür.
Er saß.
Und er lächelte kalt.
Seine beiden Vampirzähne waren nur andeutungsweise zu erkennen.
Dafür konnte ich sehen, woher das gelbe Licht kam. Es drang aus einem Kristall, einem kantigen Stein mit mehreren Ecken, und er stand auf der Mitte eines normalen Tisches.
Ich persönlich empfand es als verrückt und als völlig irrational, in dieser Welt einen Tisch zu sehen und auch einen dazugehörigen schlichten Stuhl, der Mallmann als Platz diente. Verändert hatte sich der Supervampir nicht.
Wie die Blutsauger im Kino trug auch er schwarze Kleidung. Sie wies dieselbe Farbe auf wie sein Haar, das nach hinten gekämmt war. An der Stirn fehlte es, deshalb wirkte sie möglicherweise auch so hoch. Die schwarzen, leicht gebogenen Brauen paßten ebenfalls zu ihm, hinzu kam das hagere Gesicht mit den etwas eingefallenen Wangen, und auch die Lippen zeichneten sich auf der blassen Haut ab.
Sie wirkten sehr dünn, obwohl sie einen gewissen Schwung zeigten, der eher für Frauenlippen normal war.
Die Arme hatte Mallmann ausgestreckt und seine Hände als Fäuste auf den Tisch gelegt. Ich bemerkte, daß die linke Faust härter geschlossen war als die rechte, wahrscheinlich versteckte er etwas darin, und an seinem Lächeln erkannte ich, wie großartig er sich in dieser, seiner neuen Welt fühlte.
»Freust du dich auf den Sieg, Sinclair?«
Verhöhnen lassen wollte ich mich nicht. »Was soll die Frage? Es wird einen Sieger geben, und ich weiß auch, daß ich es sein werde. Daran kannst du nichts ändern.«
»Tatsächlich nicht?« Er gab sich arrogant, und er bewegte seine linke Hand. Mit dem Rücken lag sie auf dem Tisch. Als er jetzt die Finger streckte, da sah ich, was er vorhin so hart umklammert gehalten hatte.
Es war der Blutstein gewesen!
Er leuchtete in seinem dunklen, gefährlichen Rot. Ich wußte, daß er aus Rumänien stammte und daß es Reste des verstorbenen Dracula waren.
Des echten Vlad Dracula. Sein altes Blut hatte für das Werden dieses Steins gesorgt.
Wir hatten Kämpfe um diesen Blutstein erlebt. Es war mir nicht gelungen, ihn in die Hände zu bekommen, Mallmann hatte sich im Endeffekt als stärker erwiesen und letztendlich durch ihn seine immense Machtfülle erlangt. Möglicherweise hatte er auch seinetwegen diese
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