Vampirwelt
sicherheitshalber neben der Öffnung hocken, weil ich wissen wollte, ob sich der Schrei wiederholte.
Es blieb still.
Kein einziges Geräusch drang aus der tiefen Finsternis zu mir hoch. Eine beklemmende, schon tödliche Stille wehte mir entgegen, und auf meinem Rücken spürte ich den leichten Eisschauer. Meine Augen brannten, ich konnte nicht mehr normal und tief durchatmen, und auch mein Herz klopfte schneller.
Ich erhob mich wieder und sah mich auf dem alten Friedhof um. Nichts hatte sich verändert. Es war auch nicht zu erkennen oder zu ermessen, welche Größe diese Welt besaß, sie konnte klein oder riesig sein, sie konnte sich dehnen und zusammenziehen, sie war eben da, und man mußte sie als die neue Heimat des Dracula II akzeptieren.
Ihn wollte ich haben!
Natürlich wußte ich, daß es mit verdammten Schwierigkeiten verbunden war, daß es auch mein Tod werden konnte, da aber mußte ich hindurch.
Mallmann war ein verdammt gefährlicher Gegner, und auch deshalb beinahe unbesiegbar, weil er sich im Besitz des Blutsteins befand.
Normale Vampire, falls man überhaupt bei ihnen von normal sprechen konnte, waren mit geweihten Silberkugeln zu vernichten, die in meiner Beretta steckten, nicht so dieser Blutsauger.
Er war zu mächtig. Er war der Tod auf zwei Beinen, ein Tod, der sich auch verwandeln konnte und letztendlich als gewaltige Fledermaus davonschwebte.
Ich hatte schon oft gegen ihn gestanden. Ich war von ihm verhöhnt worden und mußte damit rechnen, daß es mir in seiner Welt um keinen Deut besser erging. Eher schlechter, denn hier hatte Mallmann das Sagen, hier herrschte Dracula II wie ein Kaiser.
Das alles wußte ich, und ich dachte nur noch darüber nach, als ich auf das Haus zuging.
Es hatte sich nichts verändert. Hinter den Fenstern war nach wie vor das Licht zu sehen, und es wurde auch von keiner Gestalt durchbrochen. Es stand einfach da.
Das Dach war weit nach unten gezogen, obwohl es am First eine spitze Form aufwies. Ich konnte mir gut vorstellen, welche Aufteilung die Zimmer und Korridore im Innern hatten. Sie waren sicherlich verwinkelt und sehr schmal, kleine, düstere Räume, kaum größer als Gräber, in denen möglicherweise Gestalten lauerten, um mich zu überfallen.
Wichtig war allein Dracula II!
Er wußte, daß ich da war, er würde mich erwarten. Er lauerte, er liebte es, mich zu verhöhnen, denn er wollte, daß auch ich in die Arme der Schattenwesen hineingeriet.
Den Gefallen aber wollte ich ihm nicht tun. Ich würde mich gegen ihn stellen. Ich hatte ihm schon mehrere Male Paroli geboten, und durch diese Gedanken stimmte ich mich innerlich auf ihn ein.
Vor der Tür stoppte ich.
Noch ein Blick zurück.
Der Friedhof verschwamm in einer kalten grauen Finsternis. Diese Dunkelheit sah aus, als wäre sie durch Eisschlieren aufgelockert worden, die dann eingefroren waren.
Erst jetzt, wo ich sehr nahe am Ziel stand und auch die Fenster besser sehen konnte, fiel mir auf, daß dieses kalte Licht nicht durch die Scheiben drang. Es blieb dahinter verschlossen wie in einer Welt für sich, die sich innerhalb dieses Vampirreichs aufgebaut hatte.
Der Magendruck hatte zugenommen. Jemand hatte mir eine Faust in den Körper gerammt, die nicht mehr hervorgezogen werden sollte. Es war einfach die Spannung kurz vor dem großen Grauen, es war die Peitsche, die mich umklammert hielt.
Niemand rief mir zu, doch einzutreten. Wer immer dort lauerte, er wußte genau, daß ich meine Neugierde nicht bezähmen konnte, und ich suchte nach der Klinke.
Sie war vorhanden, und sie glänzte wie schwarzes Fett. Das Kreuz hatte ich offen vor meiner Brust hängen. Ich drückte den Kopf tiefer und schielte nach unten.
Es war da, aber sein Glanz zeigte sich nicht so stark wie in der normalen Welt.
Diese Magie war irrsinnig stark. Es konnte gut sein, daß sich Dracula II darauf verließ. Sie mußte für ihn dermaßen mächtig sein, daß sie sogar gegen mein Kreuz ankam.
In mir rumorte es.
Ich war es nicht gewohnt, keinen Gegner zu sehen, obwohl ich wußte, daß zumindest zwei in meiner Nähe lauerten.
Als ich die Hand auf die Klinke legte, kam es mir vor, als würde sie aus zahlreichen Würmern bestehen, die sich dazu formiert hatten.
Sie war nicht fest, ein Zeichen, daß mit der Tür einiges nicht in Ordnung war. Ich trat dagegen und hörte die schabenden Geräusche. Vor mir lag ein sehr enger Flur, fast ein schmaler Tunnel. Dazu düster, beinahe schwarz, und ich entdeckte auch keinen Funken Licht,
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