Vampirzorn
Doch Radu und seine Handvoll Knechte lebten noch und strebten nach Norden, auf die sich über die gesamte Länge Italiens erstreckenden Anhöhen des Appenin zu. In einem Land, in dem es von Vandalen nur so wimmelte, stellte das zerklüftete Gebirge den sichersten Weg nach draußen dar.
Was den verräterischen Geiserich betraf, fügte der Hunde-Lord seiner Liste nun einen weiteren Blut-Eid hinzu. Und was das Volk der Vandalen anging ... von dieser Zeit an hielt Radu beständig Ausschau nach einer Möglichkeit, Rache zu üben ...
Radu ließ sich Zeit bei seiner Flucht aus Italien. Zunächst führte er seine ziemlich dezimierte Schar zurück an die Donau, dann ostwärts durch die Berge und Wälder und schließlich hinab in vertrautes dakisches Gebiet. Das Land stand nun unter der Herrschaft der Barbaren, doch südlich des Flusses bestand die Bevölkerung überwiegend aus Christen. Radu kannte nur eine einzige Religion: Blut! Der Glaube und Aberglaube, ob nun der hiesigen Bewohner oder der Eindringlinge, war ihm einerlei, allerdings war es sicherer, durch christliche Gebiete zu reisen.
Zuletzt wandte er sich wieder nach Norden, in die gebirgige Gegend, die später den Namen Walachei tragen sollte. Nicht anders als in Italien ging er davon aus, dass er in den Bergen vor den Kriegswirren ringsum geschützt sein würde. Er brauchte Zeit, um nachzudenken und Pläne zu schmieden.
Auf seinem Weg von Rom nach Dakien hatte er vor den Vandalen fliehende Römer um ihre Habe erleichtert und auch kleineren Vandalentrupps, die noch immer sengend und brennend durchs Land zogen, ihre Beute abgenommen. Und an der Donau war er noch einmal auf eine Handvoll römischer Händler und Kaufleute gestoßen. Nun beschloss er, da er vorerst genug vom Krieg hatte, sein Gold gewinnbringend einzusetzen.
So kam es, dass er im Jahr 467 n. Chr. mit seinem Rudel in einer großen Höhle in den im Westen Moldawiens gelegenen Bergen überwinterte, die für die folgenden sechzig Jahre sein Unterschlupf werden sollte. Er heuerte Flüchtlinge aus dem moldawischen Tiefland an, das immer noch den sporadischen Überfällen asiatischer Reiterhorden ausgesetzt war, um seine Felshöhle beziehungsweise Feste bewohnbar zu machen. Und die Stärksten dieser Arbeiter rekrutierte er (auf seine Art) als Leutnante.
Und weil Tag für Tag, Jahr für Jahr immer wieder neue Flüchtlinge, denen nichts anderes übrig blieb, als in den Bergen ihr Leben zu fristen, im Gebirge vor dem Krieg Zuflucht suchten, kamen ständig neue Arbeitskräfte nach, und es herrschte kein Mangel an ... Vorräten. Zudem wurde auch Radus Gold nicht weniger. Jedem, der dumm genug war, einen Fluchtversuch zu wagen, nahm er seinen Lohn wieder ab. Während die Arbeiten in Gang waren, um die Kaverne behaglich zu machen, vernachlässigte er auch die Verteidigungsanlagen nicht und tarnte alles von außen her, damit es aussah wie das umgebende Gestein.
Es dauerte lange, Jahre sogar, bis die Wolfskuppe zu Radus Zufriedenheit fertiggestellt war. Danach hatte er keine Verwendung mehr für seine Arbeitskräfte aus der moldawischen Steppe. Oder bestenfalls noch eine ...
Die ganze Zeit über mussten der Hunde-Lord und seine Männer auf ihre gewohnten Annehmlichkeiten verzichten – guten Wein und Weiber. Selbst als Söldner unter zur Gänze menschlichen Befehlshabern hatten sie ein Anrecht darauf gehabt. Es murrte jedoch keiner, denn jedem war bekannt, dass Radu kurzen Prozess machte, wenn jemand sich beklagte. Er wusste jedoch, wo der Schuh drückte, denn ihm erging es ja nicht anders als seinen Leutnanten und Knechten.
Mittlerweile trieben sich Fallensteller in den Bergen herum. Radu tötete oder rekrutierte sie und nahm sich ihre Frauen. Von diesem Zeitpunkt an widerfuhr jedem, der diese Region der moldawischen Berge aufsuchte, das gleiche Schicksal. Nun war die Wolfskuppe viel eher ein Heim beziehungsweise eine Stätte für ihn und die Seinen.
Radu wusste, dass die Hunnen schon seit Jahrzehnten die Steppe beherrschten, und da er nun wissen wollte, wie es um ihre Vorherrschaft stand, hatte er Kundschafter nach Osten geschickt, um die Lage zu erkunden. Andere hatte er nach Westen, entlang der beiden Berggrate der Karpaten, gesandt, außerdem noch Spione in eine Handvoll Weiler, die sich unweit der Wolfskuppe an die Berghänge schmiegten.
Als die Kundschafter schließlich zurückkehrten, erfuhr der Hunde-Lord, wie leicht die notdürftig errichteten Dörfer der moldawischen Flüchtlinge und die etwas
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