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Vampirzorn

Vampirzorn

Titel: Vampirzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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seinem Pferd, ohne seine Gefolgsleute, Seite an Seite mit dem Anführer der Nomaden und flankiert von dessen Männern, ritt Radu in die Nacht hinaus. Sie hielten sich westwärts, geradewegs auf den Berg Zaghounan zu. Als der Gipfel vor ihnen in den Himmel wuchs, wandten sie sich südwärts den Hang entlang bis zu einem gewundenen Pfad, der sich bergan schlängelte. Die ganze Zeit über sprach niemand ein Wort. Schließlich waren sie da. Vor dem Hintergrund des Mondes zeichneten sich vor ihnen dunkel die Ruinen ab.
    »Genauso, wie ich es gelesen habe«, sagte Radu. »Das ist der Ort. Es ist beinahe so, als wäre ich schon einmal hier gewesen.« (Was natürlich den Tatsachen entsprach.)
    »Ja, wir sind da!«, sagte der Anführer der Nomaden. »Und nun steig’ ab und sieh her!«
    Der Trupp stieg von den Pferden, und der Anführer zeigte Radu einen großen Stein, Teil der hoch aufragenden Bergspitze, der sich aus dem ausgedörrten Boden erhob. Er entzündete eine Fackel, rammte sie in lockere Erde, und in dem lodernden Schein blickten sie in ein aus dem Fels gemeißeltes Gesicht ...
    ... Es zeigte Radu, und zwar grinsend!
    Selbst der Hunde-Lord war überrascht, doch augenblicklich wurde ihm klar, was hier los war. »Lasst mich raten«, sagte er. »Ihr seid selbst anders als die Menschen in diesem Land. Ihr seid ein Nomadenstamm, aye, aber wahrscheinlich habt ihr ein Matriarchat. Ihr verehrt Königinnen und Prinzessinnen. Und vor siebenhundert Jahren wurden an diesem Ort drei Schwestern, Prinzessinnen, die Stammmütter eures Geschlechts, von dem Mann auf dem Stein aus der Gefangenschaft befreit.«
    »Ja, ja! «, flüsterte der Anführer der Nomaden. »Sein Name war Radu. Und anschließend ...«
    »... folterte und tötete er die Männer, die die Mädchen gefangen gehalten hatten. Dann gab er den drei Prinzessinnen Kamele, damit sie zu ihrem Volk zurückreiten konnten, und ließ sie ziehen.«
    »Doch erst ...?«, drängte der andere mit angehaltenem Atem.
    »Eh?« Radu legte den Kopf schief. »Erst ...?«
    »Erst machte er noch etwas anderes, dieser Radu.«
    »Ach so! Er gab allen dreien einen Kuss ... wie um sie zu segnen. Meinst du das?«
    »Ja«, sagte der Nomade, indem er Radus Hand ergriff und sie küsste. »Er segnete sie, so wie ich dich!« Er trat einen Schritt zurück. »Dieser Radu, der Ahn deiner Väter, errettete einst unser Geschlecht. Die drei Prinzessinnen waren unsere Urahnen, die Mütter unserer Mütter. In unserem Stamm gibt es eine Überlieferung – der zufolge kehrten sie mit einem Mann zurück, der es verstand, Stein zu bearbeiten. Sie beschrieben ihm ihren Erretter und ließen ihn sein Abbild in den Fels meißeln. Seither ist dies für uns eine heilige Stätte. Es ist beinahe so, als würde dieser Ort auf etwas warten.«
    »Er braucht nicht länger zu warten«, erklärte Radu. »Mit deiner Erlaubnis werde ich mich hier niederlassen.«
    »Meine Mutter wäre hoch erfreut!«, entgegnete sein Gegenüber.
    »Oh?«
    »Sie stammt in direkter Linie von einer der Schwestern ab, die dein Vorfahr rettete. Ohne ihn wäre sie nicht am Leben – und auch sonst keiner von uns!«
    »Dann ist ja alles in Ordnung«, meinte Radu.
    »Ich würde gerne meine Mutter herholen, um dich ihr vorzustellen!« Der Nomade war die Beflissenheit in Person.
    »Wenn wir diese Stätte so weit hergerichtet haben, dass sie vorzeigbar ist«, erklärte Radu. »Bis dahin, gib ihr dies! Sage ihr, ein ägyptischer Sultan ließ dies für mich anfertigen.« Was durchaus der Wahrheit entsprach. Damit zog er einen goldenen Ring von seinem kleinen Finger. Als der Nomade ihn in den Schein der Fackel hielt, sah man, dass das Wappen darauf den Kopf eines heulenden Wolfes zeigte ...
    Unter dem Volk des Felsens, das alles Land mitsamt allen Wasserstellen im Umkreis von dreißig Kilometern für sich beanspruchte, holte Radu sich niemals Beute. Stattdessen schloss er »Freundschaft« mit ihnen, und von Zeit zu Zeit half er ihnen, ganz gleich ob gegen die Tuaregs oder andere Nomadenstämme. Dafür zeigten sie ihm wiederum den Weg nach Süden, zum Niger und in den Tschad, und nach Südwesten in das »wohlhabende« Königreich Mali und in das Land der Haussa. Er fing Sklaven, um sie zu verkaufen, verdingte sich, um auf den Handelswegen Karawanen zu schützen, und war nur selten zu Hause auf dem Fels von Zaghounan. Natürlich machte dem Hunde-Lord stets die Sonne zu schaffen, doch er traf seine Vorkehrungen dagegen. Wann immer möglich, reiste er bei Nacht

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