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Vampirzorn

Vampirzorn

Titel: Vampirzorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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gewesen sein mochte – B. J.’s Falle, ihr Hinterhalt – war vorüber, und B. J. hatte gesiegt. Diese Runde zumindest ging an sie, doch wie sollte es weitergehen?
    Harry hatte keinerlei Anweisungen von ihr. Er war so durcheinander und verwirrt gewesen, dass B. J. dies nicht für nötig gehalten hatte. Wie ein Kind (nein, dachte er, nicht wie ein Kind; eher wie ein Hündchen, ein Schoßhund) war er ihr nachgelaufen. Das ging nun schon so lange, dass sie beinahe vergessen hatte, dass er je etwas anderes gewesen war. Und Harry hatte begonnen, es ebenfalls zu vergessen, hatte es vergessen wollen. Aber er war kein Schoßhund! Er war etwas anderes.
    Wenn ... wenn die Welt doch nur eine verdammte Minute lang stillstehen würde, damit er sich orientieren könnte. Er musste aufhören ... wegzulaufen vor ... wovor auch immer.
    Drakuls in einem Kombi, der, den Kühler voran, einen Abhang hinunterstürzte, nachdem Harry eine Handgranate hineingeworfen hatte ... Das in Flammen stehende Autowrack und ein von der Lenksäule aufgespießter Leutnant, der langsam vor sich hinschmolz ... Seine Körperfette tropften unter der aufgesprungenen Tür hervor und umflossen wie Kerzenwachs die Schultern eines toten Vampirknechts ... aus dessen Brust einer von B. J.’s silberüberzogenen Armbrustbolzen ragte!
    Immer schneller stürzten die Bilder auf ihn ein – es war ein wahres Kaleidoskop, das sich vor seinem geistigen Auge abspielte –, aber es konnte sich doch nur um Träume und Trugbilder handeln, oder? Der Necroscope hatte keinerlei Kontrolle mehr über sie. Verglich man seinen Geist mit einem Computer, dann spielten nun die gelöschten Dateien verrückt und flossen über in die Realität. Dies hatten seine Mutter und seine toten Freunde so sehr befürchtet, und ebendies hatte B. J. aus seinem Leben zu löschen versucht. An dieser Schnittstelle kollidierten Harrys unterschiedliche Bewusstseinsebenen, verschmolzen miteinander und bildeten ein einziges Chaos; doch diesmal war B. J. nicht da, um ihn ihren »Geliebten« zu nennen und alles wieder in Ordnung zu bringen. Und zum ersten Mal seit Langem wollte er auch nicht, dass es in Ordnung gebracht wurde. Jetzt wollte er die Wahrheit erfahren, die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit, so wahr ihm ...
    »G-Gott!« Er vergrub den Kopf in den Händen und sank im Schneematsch am Straßenrand auf die Knie.
    Er hatte B. J. gesehen – so, wie sie in Wirklichkeit war! Nicht ihre Maske, sondern ihr wahres Gesicht. (Aber B. J. war unschuldig.) Ach, tatsächlich? Nein, das war sie verdammt noch mal nicht!
    Die Wahrheit und nichts als die Wahrheit. »Schuldig, Herr Richter!«
    »Nein, sie ist unschuldig!« (Harry schüttelte den Kopf und begann, mit sich selber zu streiten.) »Alles andere ist Einbildung, bloß ein Traum, ein Albtraum – und ich kann es beweisen!«
    Ein Wagen fuhr vorüber. Einen Augenblick lang war Harry geblendet, dann traf den im Schnee am dunklen Straßenrand, am Rande des Wahnsinns knienden Necroscopen der hochgeschleuderte Matsch. Er schreckte hoch. Die plötzliche Kälte ließ ihn aufspringen, und er stolperte los ...
    ... durch ein hastig heraufbeschworenes Möbiustor an den einzigen Ort der Welt, an dem er B. J.’s Unschuld ein für alle Mal nachweisen konnte. Oder auch ihre Schuld. Nämlich in seinem Haus in Bonnyrigg ...
    Harry schlief, und zwar wie ein Toter.
    Nachdem er gesehen hatte, dass seine Terrassentür repariert worden war – dunkel erinnerte er sich daran, dass er den Handwerker bestellt hatte –, und er den Teppich im Arbeitszimmer zurückgeschlagen hatte, sodass die Reste dunkler Blutflecken sichtbar wurden, war er so verwirrt gewesen, dass Panik ihn übermannte.
    Seine seelische Erschöpfung hatte ihn gerettet, fürs Erste zumindest. Seine Müdigkeit war keineswegs körperlicher Natur, denn körperlich war der Necroscope in erstaunlich guter Verfassung. Psychisch hingegen ...
    Bei ihrer Kollision hoben Harrys Bewusstseinsebenen einander gegenseitig auf. Ihm schwindelte. Doch anstatt über die Schwelle des Wahnsinns zu gleiten, war er so ausgelaugt, dass er einfach in seinem Sessel einschlief (oder vielmehr das Bewusstsein verlor); und ganz allmählich beruhigte sich sein gequälter Geist wieder. Die Welt hörte auf, sich wie wild um ihn zu drehen, und alles verlief wieder in geordneten Bahnen. Als sein Unterbewusstsein sich im Schlaf vom Bewusstsein löste, trennten sich auch die durch Hypnose geschaffenen Ebenen wieder voneinander. Doch die

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